Die Trends von der Eurobike: Zentralmacht Bosch.

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E-Bikes sind ein Massenmarkt – 1,3 Millionen sollen in diesem Jahr bereits auf deutschen Straßen fahren. Kein Wunder, dass die Automobil- neidisch auf die Zweiradbranche schaut. Denn letztere hat es in kürzester Zeit geschafft, elektrische Antriebe salonfähig zu machen. Davon sind die Autobauer noch meilenweit entfernt. Der E-Bike-Boom in Deutschland und Europa ist auch für den Branchendienst electrive.net stets ein Thema. Deshalb hat Nora Manthey für uns auf der Eurobike die neuen Trends aufgespürt. Heute startet ihre kleine Serie. Das Thema: die vollumfängliche „Boschifizierung“.

„Deutschland ist nicht nur eine Auto-Nation, sondern auch eine Fahrradnation“, konstatierte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Eröffnung der internationalen Fahrradmesse Eurobike in Friedrichshafen. Nach Angaben des Zweirad Industrie Verbandes (ZIV) setzte die Fahrradindustrie 2012 rund zwei Milliarden Euro um, davon immerhin 18 Prozent mit E-Bikes. In diesem Jahr fahren bereits 1,3 Millionen E-Bikes auf deutschen Straßen, Tendenz weiter steigend.

Das lässt nicht nur Politiker aufhorchen, sondern auch Unternehmen aus anderen Branchen wie Automotive oder Elektronik. Das deutlichste Beispiel liefert Bosch: Ein Besuch auf der diesjährigen Eurobike lässt den Verdacht aufkommen, das „Bosch-Rad“ sei zum Synonym für „E-Bike“ geworden.

Erst 2010 hat die Reutlinger Firma ihren Tretlagermotor samt Batterie, Display und Steuerung vorgestellt. Bis heute hat Bosch nach eigenen Angaben über 50 Fahrradmarken für seine Lösung gewonnen. Das Angebot eines Systems aus einer Hand (noch dazu aus einer europäischen) samt dichtem Service-Netz mit großem Namen, das war für viele Fahrrad-Hersteller zu verlockend – und scheint seinen Reiz nicht verloren zu haben.

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Biketec hat bisher konsequent auf Panasonic gesetzt, doch integriert in der eigens geschaffenen B-Serie nun ebenfalls Bosch – vor allem, um auf deutsche Kunden einzugehen. Foto: Flyer B Serie (Hersteller)

Fast jeder Hersteller hat Boschmotoren im E-Radprogramm, manche bauen ganze Serien drumherum, wie etwa Haibike mit der elektrischen X-Duro oder die Schweizer Firma Biketec mit der Flyer B-Serie.

Dreiergespann: Performance, Active, Classic +

Ein bisschen Vielfalt gibt es dennoch: Bosch E-Bike Systems hat in Friedrichshafen zwei neue Motoren vorgestellt, die Active Line und Performance Line. Das Vorgängermodell wurde unter dem Namen Classic + in die Serie eingegliedert. Neu ist vor allem das Gehäuse in matt-schwarz (Bosch nennt es anthrazit) für Perfomance und beige-silber (Platin bei Bosch) für Active. Die neue Verschalung ist runder und wirkt dadurch etwas edler. Zudem sind die neuen Motoren etwas kleiner und können besser integriert werden, ohne beispielsweise über das Kettenblatt hinauszuragen. Um den Bosch-Antrieb aufzunehmen, müssen die Rahmen neu angepasst werden. Und die Fahrradindustrie wartet mit entsprechenden Formen auf.

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Steppenwolf hat sein Galvin E-Bike in Farbe und Form auf die Bosch Performance Line abgestimmt. Foto: Steppenwolf Galvin (Christian Schindler, ebike-news.de)

Den Akku gibt es für das Unterrohr oder den Gepäckträger mit 300 oder 400 Wh. Die abgeflachte und gerundete neue Form schmiegt sich besser an den Rahmen an und wirkt dadurch dynamischer. Nach wie vor erlaubt Bosch es jedoch nicht, die Batterien nach Wünschen der Hersteller zu gestalten. Es gilt das Motto: Eine Form für alle! Und die wird eben in diesem Jahr so gut es eben geht in das Design des Rades eingepasst. Manchmal müssen Aufkleber das Rahmenmuster übertragen.

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Conway verschalt den üblichen Bosch-Akku, um ihn so ganz im Rahmen „verschwinden“ zu lassen. Foto: Bosch-Akku von Conway

Im Innenleben des Antriebs, der im Prinzip auf einem Motor für die Servolenkung aufbaut, hat sich vor allem die Ansteuerung verändert. Leistung ist das Stichwort des Performance Antriebs, den es in der Speed-Variante mit einer Unterstützung bis zu 45 km/h gibt. Gekonnt hat dies auch der Classic +, doch wirkt die Performance Line insgesamt geschmeidiger. Die Unterstützung setzt sanfter ein, denn Bosch liest nun 1.000 statt 300 Daten pro Sekunde aus und passt sich dadurch genauer an Tritt, Geschwindigkeit und Beschleunigung des Fahrers an. Zwischen den Modi Eco, Tour und Sport sind deutliche Unterschiede zu spüren.

Weniger überzeugend ist die Active Line. Bosch will damit vor allem Freizeitfahrer ansprechen, die nicht zu schnell, plötzlich oder kraftvoll unterstützt werden wollen. Allerdings wirkt das System etwas träge, zumindest im direkten Vergleich zu Performance Line oder Classic +.

Die Folgen der „Boschifizierung“

Mit der Erweiterung auf drei Modelle hat Bosch vor allem eine noch stärkere Marktdurchdringung im Sinn. Zudem geht der Zulieferer damit auf die Bedürfnisse der Fahrradindustrie ein, auch E-Bikes weiter zu segmentieren. Was nach der Eurobike bleibt, ist ein gefühlter Mangel an Individualisierung und die Frage, ob die „Boschifizierung“ nicht überhand nimmt, weil die Marken und Modelle zunehmend weniger unterscheidbar sind.

von Nora Manthey

Die Trends von der Eurobike – das komplette Dossier:

Teil 1: Zentralmacht Bosch >>
Teil 2: Integrationsprojekt Brose >>
Teil 3: Die S-Pedelecs sind los >>
Teil 4: Vernetzt in die Zukunft >>

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