Infradianba: Chinesisch-deutsches Batteriewechsel-Projekt in Berlin

Einen neuen Anlauf in Sachen Batteriewechselstationen für Elektroautos nimmt das im Februar 2019 gegründete Joint Venture Infradianba der Firmen Aulton Dianba aus China und InfraMobility aus Deutschland. Eine erste Anlage im Berliner Westhafen steht bereits.

Das deutsch-chinesische Unternehmen, mit einem Kapital von einer Million Euro in Berlin gegründet, hat im Herbst 2019 die erste europäische Batteriewechsel-Pilotanlage für Taxis im Berliner Westhafen installiert, die aktuell vom TÜV Rheinland überprüft wird. Ziel ist es laut einer Mitteilung des Unternehmens, dass bis Mitte 2020 alle Genehmigungen und Zulassungen für den Einsatz in Deutschland vorliegen.

Auf dieser Grundlage soll dann zusammen mit dem Berliner Taxigewerbe ab Herbst 2020 ein Pilotprojekt mit zunächst fünf und später 50 Elektro-Taxis eingerichtet werden, um die „Taxifreundlichkeit des Systems unter Berliner Bedingungen“ zu erproben. Ziel der Initiatoren ist es, bis 2027 oder 2028 mit ca. 70 Stationen stadtweit die Elektrifizierung des gesamten Berliner Taxiverkehrs sicherstellen zu können.

Die Idee von Batteriewechselstationen für E-Autos ist nicht neu, hat sich aber im großen Maßstab bisher nur in einigen chinesischen Städten durchgesetzt. Der Vorteil der Technologie ist, dass der Wechsel auf einen vollständig geladenen Akku nur wenige Minuten dauert – Infradianba verspricht bei seinem System beispielsweise drei Minuten. Zudem können das Fahren und Laden voneinander entkoppelt werden, womit Schnelllade-Vorgänge entfallen. Die entnommenen leeren Akkus können auf diese Weise in der Station langsam und schonend geladen werden und dabei auch netzdienliche Aufgaben in einem Smart Grid übernehmen. Infradianba spricht bei seinen Akkus von einer Verdreifachung der Lebensdauer gegenüber Batterien, die „permanent“ schnell geladen werden.

Der Nachteil: Kaum ein Autobauer unterstützt solche Wechselsysteme bei seinen E-Autos. Der Akku ist mit den Batteriezellen und seinem Aufbau eine wettbewerbsdefinierende Komponente – somit hat sich bislang kein offener Standard mit festgelegten Montagepunkten für Akkupacks etabliert, zudem werden die Batterien (auch wegen der Crash-Sicherheit) in die jeweiligen Karosserien integriert.

Das amerikanisch-israelische Unternehmen Better Place, einst Vorreiter bei Batteriewechselstationen, musste bereits 2013 nach nur sechs Jahren Insolvenz anmelden. Als Gründe für das Aus galten bereits damals die Festlegung auf wenige Akku-Typen für viele Autos sowie der einheitliche Tausch-Mechanismus. Aktuell bietet der chinesische Autobauer Nio einen Korridor von Akkuwechselstationen entlang der Autobahn zwischen Peking und Shanghai. Dort können aber nur Nio-Fahrzeuge einen neuen Akku erhalten.

Umweltsenatorin Günther: „Interessante Option“

Zurück zu dem Projekt in Berlin: Da die Technik laut der Mitteilung bereits am Produktionsstandort in Shanghai von deutschen Experten überprüft wurde (mit positivem Ausgang), rechnet Infradianba nach eigenen Angaben mit einer zügigen Freigabe. Die Stationen selbst seien bereits erprobt, da alleine in Peking bereits 120 Anlagen für 10.000 Taxis errichtet wurden. Dort werden laut der Mitteilung auch Busse, Lkw und andere Nutzfahrzeuge mit frischen Akkus versorgt.

Diese Wechselstationen wurden von BJEV, der Elektroauto-Tochter des chinesischen Herstellers BAIC, errichtet. BJEV gab im September 2019 an, zehn Milliarden Yuan (1,28 Milliarden Euro) in die Errichtung von 3.000 Batteriewechselstationen zu investieren. Damals hieß es, dass drei Modelle des Herstellers mit dem Wechselsystem kompatibel sind, darunter die Limousinen EU260 und EU300. Die Idee von BJEV ist es, in Zeiten sinkender NEV-Subventionen in China die Preise von E-Fahrzeug und Batterie zu entkoppeln, indem die Wechsel-Batterie nur verleast wird und das Auto entsprechend günstiger angeboten werden kann.

Laut Infradianba könnten Wechselstationen an „klassischen Tankstellenstandorten, auf Großparkplätzen von Handelsketten und in Betriebshöfen“ aufgestellt werden. Zudem könnten sie mit Tankstellen für Wasserstoff und/oder synthetisches Benzin oder mit „Plug-in-Hubs“ kombiniert werden. Unter den Hubs versteht das Unternehmen stationäre Batteriespeicher mit bis zu 30 Lade-Anschlüssen für Elektroautos. Diese sollen mit ihrem stationären Pufferspeicher die Auswirkungen zahlreicher paralleler Ladevorgänge auf das Netz abfedern.

Berlins Umweltsenatorin Regine Günther bezeichnete die reine Batteriewechsel-Anlage im Westhafen bei einem Besuch als „interessante Option“ für E-Taxis und Carsharing. Es ist derzeit aber nicht bekannt, welche Fahrzeuge in Berlin für den Test eingesetzt werden sollen. Auf der Website des Unternehmens und in einem auf Twitter veröffentlichten Video sind ausschließlich chinesische Fabrikate von BJEV zu sehen.
pressebox.de, infradianba.eu, twitter.com

2 Kommentare

zu „Infradianba: Chinesisch-deutsches Batteriewechsel-Projekt in Berlin“
exi
10.01.2020 um 16:13
2012 war das Laden mit 3,7 kWh Standart. Da habe ich das letzte Mal etwas über Batteriewechsel-Stationen gelesen. Heute verfügt jeder neue Stromer über einen Schnellladen.Macht der Aufwand für den Zeitgewinn von 10 Minuten Sinn? Und tauscht man einen Batterie mit 76% max. Kapazität schlicht um schlicht gegen eine mit 98% Kapazität? Ich bin da (seit acht Jahren) skeptisch.
Klaus Dehn
12.01.2020 um 13:43
Das mit dem Batteriewechseln ist eine feine Sache, allerdings sollte das Konzept noch erweitert werden. Ich habe das Folgende vor Jahren schon zum Thema "Wieviel Akku braucht das Auto" im Forum von GoingElectric.de geschrieben. Da es hier auch zum Thema passt habe ich den Text hier jetzt auch eingestellt.In meiner perfekten E-Autowelt würden ca. 40kWh reichen. Da kann ich dann im Winter 200km schaffen ohne zu frieren, im Sommer habe ich dann 300km. Und auf der Autobahn kann ich auch mal Strom geben wenn ich es eilig habe und muss nicht hinter LKW herschleichen. Damit kann ich 95% aller Fahrten abdecken. Wie man jetzt bei der neuen Zoe sieht, hat sich die Batteriekapazität fast verdoppelt bei gleicher Baugröße und Gewicht. Wenn die Entwicklung so weiter geht, könnte in naher Zukunft die Batterie bei gleicher Kapazität(40kWh)nochmals schrumpfen bei weniger Gewicht.Damit hätte man dann Platz geschaffen im Unterboden für einen Wechselakku. Dieser Wechselakku würde auch ca. 40kWh haben. Diesen Wechselakku brauche ich aber nur für die restlichen 5% meiner Fahrten, also für Langstreckenfahrten. Da ich keine Lust habe an den sog. Schnellladesäulen zu stehen bzw. darauf zu warten bis eine frei wird, fahre ich einfach durch die nächste Wechselstation und lasse mir einen vollen Akku unter den Wagen kleben. Der reine Wechselvorgang dauert bekanntlich ca. eine Minute. Man rollt quasi im Schleichgang durch die Anlage und der Akku wird dabei getauscht. Kein Aussteigen, kein Kabelgewirr, kein im Regen stehen.Es gibt nur eine Standardgröße für den Akku, weil dieser ja ausreichend ist für ca. 250 bis 300km Autobahn. Damit kann ich dann bei 3 oder 4 mal Wechseln von Nord nach Süd durch Deutschland düsen und kann auf die Wartesäulen sprich Schnellladesäulen, die auch nur bis zur 80%-Marke schnell laden, verzichten.Diese Wechselakku sind nur in der Wechselstation aufladbar und im Auto wird nur daraus Energie abgeben. Bremsenergie wird nur in den internen Akku gespeichert. Das bedeutet während der Fahrt mit einem Wechselakku wird mein interner Akku aufgeladen. Kurz vorm Reiseziel gebe ich den Akku wieder ab und düse mit dem Strom aus dem internen Akku weiter.Die Wechselstationen werden von den großen Energieunternehmen betrieben. Die Wechselstation ist auch gleichzeitig für die von allen geforderte Regelleistung geeignet um das Stromnetz stabil zu halten. Die Wechselstationen können entlang der Autobahnen, an den Raststätten oder auch auf den Autohöfen stehen, die dann auch von den Bundesstraßen aus erreichbar wären, falls man den Akku für größere Überlandtouren braucht.Wie oben erwähnt, fährt man durch die Wechselstation ohne zu halten. Das langsame Durchfahren übernimmt das autonome Auto um die Geschwindigkeit für den Wechselvorgang konstant zu halten. Die Wechselstationen sind so gebaut, dass es zwei Einfahrten für Pkw, einen für Transporter, einen für Gespanne sprich Auto mit Wohnwagen oder Anhänger und Campingfahrzeuge gibt. Durch die Länge der Halle sind gleichzeitig mehrere Fahrzeuge pro Spur in der Lage den Akku zu tauschen.Mit den Jahren wird sich bei gleicher Baugröße der Wechselakkus die Speicherkapazität vergrößern, was den Kunden freuen dürfte. Die Autobauer haben nicht mehr den Druck sich gegenseitig bei der Speichergröße des internen Akkus zu übertrumpfen. Was nützt einem denn der größte Akku, der 1000km Reichweite schafft, wenn ich diesen nicht schnell voll kriege, weil ich an der Ladesäule evtl. warten muss bis ein anderer seinen Wagen vollgeladen hat oder der erst nach seiner einstündigen Mittagspause nach seinem Wagen schaut. Da ist der Streit doch vorprogrammiert.Der Wechselakku braucht nur eine Bauhöhe von ca. 10 cm. Da die Autos ja immer größer werden, wäre es sogar möglich bei einem SUV oder Transporter gleich zwei Akkus übereinander von unten einzusetzen.Und da bekanntlich für jeden der beruflich mit dem Auto unterwegs ist und Zeit gleich Geld bedeutet, können wir uns die Warteladerei ja für die Freizeit aufsparen. Sicherlich wird es auch noch Autos mit größeren Akkus geben die dann den Wechselakku nicht brauchen. Der "Normale Fahrer" wird aber mit der günstigen internen Akkuvariante mit AC-Ladetechnik und dem Wechselakku für alle Situationen bestens gerüstet sein.

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