Kia Niro EV: Zweite Generation mit Verbesserungen im Detail

Kia hatte bereits im vergangenen November die zweite Generation des Crossovers Niro auf einer Automesse in Südkorea vorgestellt. Zur Europa-Premiere nennt Kia nun einige interessante Details – und auch den Preis für den deutschen Markt.

Bei der Premiere auf der Seoul Mobility Show stand noch das Design des neuen Niro im Vordergrund, Angaben zu den Antrieben machte Kia damals nicht. Daher nur in Kürze: Die zweite Generation hat den etwas konservativen Look abgelegt und folgt der aktuellen und expressiveren Kia-Design-Philosophie „Opposites United“. Die Scheinwerfer mit LED-Tagfahrlichtern sind komplett neu und auffällig gestaltet, auch das Heck mit den nun aufrecht stehenden Rückleuchten erinnert nicht mehr an den Vorgänger. Seitlich an der Karosserie gibt es auf Wunsch in Kontrastfarbe lackierte Elemente.

Zur Europa-Premiere des Kompakt-Crossovers hatte Kia in seine Frankfurter Europa- und Deutschland-Zentrale geladen. Dort gab es nicht nur ein Vorserienmodell zu betrachten, sondern auch konkrete Daten zu den Antrieben. Dabei ändert sich auf den ersten Blick nicht viel: Es gibt weiterhin einen Hybrid, Plug-in-Hybrid und die rein elektrische Variante. Letztere heißt künftig Niro EV statt e-Niro. Und die Version mit der kleinen 39-kWh-Batterie ist aus dem Programm gestrichen, der Niro EV ist nur noch mit der großen Batterie zu haben.

Interessant – und teilweise mit großen Auswirkungen in der Praxis– sind die Details der Antriebe, auch wenn diese auf den ersten Blick nur geringfügig geändert wurden. Bleiben wir zunächst beim Niro EV: Der E-Motor an der Vorderachse leistet weiterhin 150 kW, das maximale Drehmoment bei 255 Nm. Wenig überraschend bleiben auch die angegebenen Fahrleistungen (7,8 Sekunden auf 100 km/h, 167 km/h Höchstgeschwindigkeit) genau gleich. Die WLTP-Reichweite wird vorläufig mit bis zu 463 Kilometern angegeben, das ist aber noch kein homologierter Wert.

Die Neuerungen liegen im Detail: Kia wechselt den Zellhersteller, daher ist der Energiegehalt nun mit 64,8 kWh angegeben. Die maximal mögliche Ladeleistung soll zwar auf dem bisherigen Niveau von 75 kW in der Spitze bleiben, wie der 2023er Modelljahrgang des Kia EV6 erhält der Niro EV aber eine Batterie-Vorkonditionierung. Damit soll es möglich sein, die ideale Ladekurve auch bei schlechten äußeren Bedingungen zuverlässiger zu erreichen. Die Ladedauer von zehn auf 80 Prozent bleibt aber bei 45 Minuten – für Langstreckenfahrer inzwischen vermutlich zu viel, als Familien- und Pendlerauto mit eigener Wallbox (11 kW AC-Ladeleistung) aber kein Problem.

Wie im EV6 wird die Vorkonditionierung an die Routenführung im Kia-Navi gekoppelt sein, ein manuelles Starten der Vorkonditionierung (etwa für Nutzer von Apple CarPlay oder Android Auto) ist nicht vorgesehen.

Auf den Wunsch einiger Nutzer angesprochen, welche die Vorkonditionierung am liebsten manuell aktivieren wollen (da sie selbst am besten wissen, wann und wo sie laden wollen), sagte am Rande der Europa-Premiere der frühere Entwicklungsvorstand von Hyundai-Kia, Albert Biermann, dass es eine Frage der Zielgruppe sei. „Early Adopter und Technik-Affine wollen natürlich möglichst viele Daten haben und alles selbst einstellen können“, sagt der Manager, der inzwischen als Technischer Berater für das europäische Entwicklungszentrum in Rüsselsheim tätig ist. „Wenn wir aber im Massenmarkt die viel größere Zielgruppe erreichen wollen, muss das alles automatisch gehen.“

Niro EV erhält V2L und 750 Kilogramm Anhängelast

Nicht nur die Batterie-Konditionierung übernimmt der Elektro-Niro vom EV6, sondern auch die Vehicle-to-Load-Funktion (V2L). Der Adapter zur Stromentnahme aus dem Ladeport ist gleich, beim Niro EV liegt die maximale Leistung bei 3.000 Watt statt der 3,6 kW bei den E-GMP-Modellen. Der Adapter und die Ladekabel können in einem kleinen Frunk verstaut werden, der bei der Generation 2 nun ab Werk unter der Fronthaube verbaut ist. Der Ladeport selbst ist nach wie vor an der Front, aber von der Fahrerseite nun in die Mitte gewandert. Eine wichtige Änderung gibt es auch am Heck: Der Niro EV darf nun Anhänger bis 750 Kilogramm ziehen.

Auch im Innenraum wird die Verwandtschaft im Geiste zum EV6 deutlich, auch wenn der Niro auf einer Weiterentwicklung der sogenannten K3-Plattform basiert. Die beiden 10,25 Zoll großen Displays und die Touch-Leiste unter dem Infotainment-Display sind aus dem großen Bruder bekannt. Die Mittelkonsole ähnelt auch dem Design des EV6 mit schwarzem Glanzlack und dem Drehregler zur Wahl der Fahrstufe. Ein kleiner Unterschied: Funktionen wie die Sitz- und Lenkradheizung werden im Niro EV über konventionelle Tasten anstatt flächenbündiger Touchfelder gesteuert – das ist günstiger, in der Funktionalität aber nicht schlechter.

Relax-Sitze wie im EV6 gibt es im Niro allerdings nur auf der Beifahrerseite – auf der Fahrerseite hat es laut Kia um wenige Zentimeter nicht gepasst. Vom Aufbau her ähneln die Vordersitze jenem aus dem EV6, die auffällige Halterung der Kopfstütze dient zugleich als Kleiderbügel und es ist jeweils eine USB-C-Buchse in die Lehne integriert, an denen die Passagiere auf der Rückbank ihre Devices laden können. Nur die Materialen sind etwas günstiger und robuster, wobei laut Aussage von Kia der an dieser Stelle verbaute Kunststoff des ausgestellten Vorserienmodells noch nicht final ist. Bei den Materialen steigen durch die Bank die Anteile recycelter Rohstoffe.

Kommen wir noch zum Plug-in-Hybrid: Am Verbrenner-Teil des Antriebsstrangs gibt es keine Änderungen, der 1,6 Liter große Benziner mit 77 kW bleibt quasi unangetastet. Die Neuerungen betreffen den elektrischen Teil: Der E-Motor erstarkt auf 62 kW (statt 45 kW), womit auch die Systemleistung auf 135 kW (statt 104 kW) steigt. Zudem kommt die Batterie nun auf einen Energiegehalt von 11,1 kWh statt 8,9 kWh. Die rein elektrische Reichweite gibt Kia nach WLTP mit 65 Kilometern an, im WLTP-City-Zyklus sind es 84 Kilometer.

Niro PHEV erhält PTC-Heizer

Wie beim Niro EV sind aber auch hier die offensichtlichen Änderungen am Antriebsstrang in der Praxis wohl nicht die wichtigste Änderung. Bisher war es vor allem bei niedrigeren Außentemperaturen so, dass selbst im E-Modus der Verbrennungsmotor angesprungen ist – das Heizsystem war von der Abwärme und Energie des Verbrenners abhängig. In der zweiten Generation verbaut Kia in 5,5 kW starkes PTC-Heizelement, damit die Kabine elektrisch ohne Zutun des Benziners geheizt werden kann. Netter Nebeneffekt: Damit kann auch der PHEV künftig per App vorgeheizt werden.

Eine Änderung betrifft sowohl den PHEV als auch den HEV: Das Sechs-Gang-Doppelkupplungsgetriebe ist genau nur noch das: Ein Sechs-Gang-Getriebe. Der mechanische Rückwärtsgang wurde entfernt. Die beiden Hybrid-Varianten rangieren künftig nur noch rein elektrisch rückwärts. Einen mechanischen Gangwesen gibt es nicht mehr. Beide Hybrid-Versionen dürfen gebremst übrigens 1.300 Kilogramm ziehen.

Beim HEV war es das schon mit den Änderungen an der Hardware. Der Benziner leistet hier 77 kW, der E-Motor steuert maximal 32 kW bei. Das aber nur für eine recht kurze Strecke, denn die Batterie fasst weiterhin weniger als zwei kWh. Beide Hybride verfügen zudem über sogenannte „GreenDrive Zones“ in denen automatisch in den Elektromodus geschaltet wird. Neben vorgegebenen Zonen wie Umweltzonen können die Nutzer auch eigene Zonen einrichten, etwa im eigenen Wohngebiet oder rund um die Schule der Kinder.

Nach Förderung sind PHEV und EV günstiger als der HEV

Bei den Abmessungen legen die Hybride in der Länge um 6,5 Zentimeter zu, der Niro Ev wird nur um 4,5 Zentimeter länger – aufgrund anderer Stoßstangen war der e-Niro zwei Zentimeter länger als die Hybride. künftig sind alle Niro-Varianten gleich lang. Der Radstand legt um zwei Zentimeter auf 2,72 Meter zu, zudem ist ist die zweite Generation etwas breiter. Damit legen die Platzverhältnisse im Innenraum leicht, aber spürbar zu – ohne dass der Niro zu groß und unpraktisch werden würde. A propos Praktikabilität: Den größte Kofferraum mit bis zu 475 Litern hat die Elektro-Version. Rechnet man noch die 20 Liter des Frunks dazu, ergeben sich 495 Liter Stauraum. Beim Hybrid sind es 451 Liter, beim Plug-in Hybrid 348 Liter.

Wenig überraschend ist der HEV die günstigste Variante, in Deutschland startet das Modell zu Preisen ab 30.690 Euro. Ob der HEV auch vor Kunde die günstigste Variante bleibt, dürfte wohl die Höhe des Umweltbonus ab 2023 entscheiden, denn zum Marktstart sind die anderen beiden Varianten günstiger: Der PHEV ist mit 36.990 Euro eingepreist, womit sich bis Ende des Jahres nach Abzug des Umweltbonus 29.512,50 Euro ergeben. Der Niro EV kostet 39.990 Euro vor und 30.420 Euro nach Förderung.

Bestellt werden können die Niro-Modelle ab sofort. Die Hybride werden laut Kia ab Juni ausgeliefert, der Niro EV ab Juli.

8 Kommentare

zu „Kia Niro EV: Zweite Generation mit Verbesserungen im Detail“
Florian
04.04.2022 um 08:30
Albert Biermann hat einfach keine Ahnung. Bei dem e-Niro (Niro EV), kann man soviel einstellen, wie es einem zusagt. Meine Frau fährt den wie einen Verbrenner, ich wie ein e-Auto und das ist alles sehr gut möglich, dank, dass man man sehr viel einstellen kann und auch Dinge manuell beeinflussen kann. Mit der Batterieheizung begehen sie nun einen Bruch mit dem Konzept. Wo ist das Problem, einen Button zu integrieren und manuell und Automatik auswählbar zu machen. Des weiteren sind in dem Navi so viele HPC-Ladestationen nicht vorhanden (trotz Update vom Februar), da fährt man dann den HPC-Lader an, das Navi kennt den nicht und schon wartet man wieder Ewigkeiten bis das Auto geladen ist. Erst letzten Freitag wieder mit 40kW ab HPC genuckelt.Software bei Kia bzgl. EV ist eine einzige Katastrophe. Und wenn sie schon keine Ahnung haben in dem was sie tun, einfach mal agile Methoden z.B. Scrum anwenden. Ist nix neues, gibt es auch schon über 30 Jahre. Eines der wichtigsten Dinge ist dort, das Feedback vom (End)kunden einzuholen. Mit (End)kunden meine ich nicht die Ü60, ich will kein Rentnerauto fahren!Zum Glück gibt es immer mehr Auswahl an EVs, war mit dem Niro EV meiner Stammmarke untreu geworden. Mit dem wie sich KIA und auch seine Vertraghändler gibt, wird das nächste Auto kein KIA mehr. Sind einige in meinem Umfeld, die den Schritt schon gegangen sind.
R.B.
18.06.2022 um 20:31
Bezüglich: Florian 04.04.2022"keine Ahnung", "40 KW genuckelt", "einzige Katastrophe", "Ü 60 diskriminiert", ect.Wenn ich solche Kommentare lese, bin ich erstaunt, dass solche kreativen Kräfte nicht "ganz oben" in der Fahrzeugentwicklung tätig sind, denn sie haben ja offenbar die "Weisheit mit Löffeln gegessen"...?!Nur gut für uns als Kia Vertragshändler, dass solche Zeitgenossen lieber andere Automarken beglücken.
notting
04.04.2022 um 16:37
Schau dir auf Youtube die Videos zu diesem Fahrzeug von Car Maniac und Nextmove an. Dort wird die Stelle im Menü gezeigt, wo man die Batterie-Vorkonditionierung irgendwo in den Einstellungen aktivieren kann. So wie ich die verstanden habe, ist das völlig manuell möglich. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass _auch_ das Navi diese Funktion aktivieren kann.notting
Sebastian Schaal
04.04.2022 um 18:45
Hallo notting,soweit wir wissen, dient dieser Menüpunkt nur dazu, die Einstellung zu aktivieren – also ob das Auto die Batterie bei der Routenführung vorkonditioniert oder nicht. Das Vorkonditionieren selbst kann dort nicht aktiviert werden, das passiert nur per Navigation zum Ladepunkt.Viele Grüße Sebastian Schaal
notting
04.04.2022 um 20:13
Danke für die Info. Schade. Weil das Argument mit den HPC die nicht im Navi sind, ist absolut nachvollziehbar.notting
Florian
04.04.2022 um 19:09
Ja, Sebastian, so habe ich es auch verstanden. Zumindest kann es damit abschalten wenn man es nicht braucht.Aktuell kann man ja auch keine Ziel SOC unter 50% einstellen. Bei AC behelfe ich mir mit der Ladeplanung um bei SOC unter 50% eine Abschaltung zu erreichen. Sehr intuitiv!!, statt SOC auch 30% und 40% anzubieten (bei den ersten Hyundai Konas ging dies).
C. Brinker
04.04.2022 um 09:43
Schade, dass die Ladeleistung so niedrig ist, für mich auch nicht im Ansatz konkurrenzfähig, obwohl die anderen Daten vielversprechend sind und es sich nicht um ein Fahrzeug handelt, dass nur in der obersten Preiskategorie rangiert. Ich kann nicht verstehen, wie man aktuell bei 75 kWh limitieren kann. Wenigstens 100 – 120 wären wünschenswert gewesen.
notting
04.04.2022 um 16:39
Psst: kWh = Energie wie z. B. Akkukapazität (hier begrenzt auf 64,8kWh) kW = Leistung, z. B. beim Ent-/Ladennotting

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