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Wie Multilevel-Inverter die Traktionsbatterie verändern – Niclas Lehnert, Pulsetrain

Multilevel-Inverter könnten zu einer Schlüsseltechnologie für die nächste Stufe der Elektromobilität werden. Auf unserer Online-Konferenz electrive LIVE "Future Battery" erläuterte Niclas Lehnert, Co-Gründer des Startups Pulsetrain, wie die neue Systemarchitektur Ladezeiten verkürzt, Reichweiten erhöht und die Batterielebensdauer verlängert – durch intelligente Software und direkte Zellsteuerung. Ein radikaler Bruch mit dem bisherigen Aufbau des Antriebsstrangs kündigt eine neue Ära an.

Zu Beginn seines Vortrags hob Niclas Lehnert, CCO von Plusetrain, einen entscheidenden Wandel im Denken rund um Elektromobilität hervor. Während in der letzten Dekade vor allem der Markthochlauf elektrischer Fahrzeuge im Fokus stand, befinde man sich nun in einer „technologisch fokussierten Phase“, so Lehnert. Ziel sei es, Reichweite, Kosten, Lebensdauer und Ladezeiten signifikant zu verbessern – und dabei könne ein innovativen Systemansatz seines Unternehmens Pulsetrain helfen, nämlich der sogenannte Multilevel-Inverter.

„Die Herausforderungen der Elektromobilität sind bekannt: hohe Kosten, begrenzte Reichweiten, kurze Lebensdauern der Batterien“, erklärt Lehnert. Der herkömmliche Aufbau im Elektrofahrzeug aus Ladegerät, Batterie-Management-System und Inverter sei ineffizient und fehleranfällig. Pulsetrain verfolgt daher einen disruptiven Ansatz: Die Verschmelzung dieser Komponenten zu einer integrierten, softwaregesteuerten Einheit direkt im Batteriemodul.

Das Herzstück neu gedacht: Der Multilevel-Inverter

Im Zentrum der Technologie des Münchner Startups, das im März in einer Seed-Finanzierungsrunde 6,1 Millionen Euro von Investoren einsammelte, steht ein neuartiger Multilevel-Inverter. Dieser gestaltet nicht nur die Umwandlung von Gleich- in Wechselstrom effizienter, sondern erlaubt erstmals auch direkten Zugriff auf jede einzelne Batteriezelle. „Wir schaffen eine Art Batterie-Matrix, bei der sich die Zellen dynamisch in Serie, parallel oder im Bypass verschalten lassen“, so Lehnert. Dadurch könne das System präzise auf Lade- und Entladeanforderungen reagieren.

Ein zentraler Vorteil: das gepulste Laden. Es ermögliche eine gleichmäßigere Anlagerung der Lithium-Ionen, wodurch Alterungsprozesse verlangsamt und die Lebensdauer der Zellen verlängert würden. Erste Forschungsergebnisse zeigten sogar die Möglichkeit, bereits gebildete Dendriten – also mikroskopisch kleine Strukturen, die Kurzschlüsse auslösen können – zurückzubilden. Das wäre ein Gamechanger für die Batterietechnologie.

Softwaredefinierte Batterie

Lehnert beschreibt Pulsetrains Ansatz als eine „softwaredefinierte Batterie“ – ein intelligentes System, das den optimalen Betriebszustand jeder Zelle in Echtzeit ermittelt und steuert. „Wir sprechen eigentlich über eine datendefinierte Batterie“, erläutert er, „die ihre Funktion kontinuierlich anpassen kann.“ Diese Fähigkeit sei nicht nur für Performance und Lebensdauer entscheidend, sondern auch für regulatorische Anforderungen wie den Battery Passport.

Die Vorteile liegen auf der Hand: schnellere Ladezeiten, niedrigere Produktionskosten, höhere Zuverlässigkeit – und nicht zuletzt eine bessere CO₂-Bilanz. Da die Elektronik auf Software basiert, könne die Funktionalität des Batteriepacks per Update verändert oder erweitert werden. „Es geht nicht mehr nur darum, die Batterie zu betreiben – sondern sie zu verstehen und dynamisch zu nutzen“, sagt Lehnert.

Vom Prototyp zur Serienproduktion

Derzeit befindet sich Pulsetrain in der Prototypenphase in Zusammenarbeit mit einem OEM im Baumaschinenbereich. „Wir streben einen Serienstart 2028 an – erst Non-Automotive, dann Automotive“, erklärt Niclas Lehnert. Er sieht sein Startup dabei nicht nur als Technologieanbieter, sondern als Impulsgeber für die europäische Innovationslandschaft: „Innovation muss wieder aus Europa kommen. Wir haben die Expertise, wir müssen sie nur mutig einsetzen.“

Besonders vielversprechend sei auch die Perspektive auf Vehicle-to-Grid-Anwendungen: „Unsere Architektur ist in der Lage, die volle Motorleistung rückzuspeisen – also beispielsweise 150 kW bidirektional.“ Damit könnten Elektrofahrzeuge künftig als netzstabilisierende Speicher dienen – ein Aspekt, der mit zunehmender Energiewende an Relevanz gewinnen wird.

Pulsetrains Vision reicht über den aktuellen Horizont hinaus. Der Multilevel-Inverter ist mehr als eine technische Verbesserung – er ist ein Systemwechsel. „Wir wollen das volle Potenzial heben“, so Lehnert. Die Voraussetzungen: Software, Daten, Mut zur Transformation.

Sie möchten sich den Vortrag „Wie Multilevel-Inverter die Traktionsbatterie verändern“ von Niclas Lehnert in voller Länge anschauen? Dann nutzen Sie bitte oben unseren Videoplayer.

2 Kommentare

zu „Wie Multilevel-Inverter die Traktionsbatterie verändern – Niclas Lehnert, Pulsetrain“
Bernd Glaue
22.06.2025 um 13:20
Warum wird nicht im Energiespeicher Markt mit einer zügigen Einführung begonnen? Hier ist die Anzahl der Zellen pro Modul deutlich geringen (z.B. 16 Zellen) und damit kann man hier erste Standards setzen und Protokolle zur Modulkommunikation entwickeln. Ein weiterer Punkt ist die Abgrenzung durch Patente - ist hier nicht auch ein Open Source Ansatz für die schnelle Einführung angeraten?
Klaus
23.06.2025 um 12:03
Weil im Energiespeichermarkt die potentiellen Vorteile nicht zum Tragen kommen. Zum Einspeisen aus einer Solaranlage müsste die Stringspannung von mehreren hundert Volt auf die "SELV" Batteriespannung von ca. 48V umgesetzt werden. Dafür will ich immer alle Zellen in Serie haben. Wenn ich einphasig einspeise, könnte ich theoretisch einige Zellen aus dem String herausschalten, und je nach aktueller Spannung am Ausgang ein festes Spannungsverhältnis zwischen der DC-Eingangsspannung und der aktuellen Spannung des Sinus am Ausgang einstellen, was theoretisch die Menge der in Induktivitäten zwischenzuspeichernden Energie reduziert. Dafür handle ich mir aber DC-Abfälle an 16 Serienschaltern in der Batterie und höhere Ströme in der Brücke ein.Solange die Batterien einigermassen gleiche Kapazität haben, habe ich wesentlich höher Kosten _und_ größere Verluste.Der Aufwand ist hier viel besser in ein sorgfältiges Matching der Batteriezellen investiert.Bei PKW wird man auch allenfalls gegen Ende der wirtschaftlichen Nutzungsdauer von >10 Jahren nennenswerte Vorteile sehen. Das interessiert aber weder die Hersteller (für die zählen Herstellkosten und Prospektangaben für Leistung und WLTP-Reichweite eines neuen Fahrzeuges) noch die Erstkunden (Leasinggesellschaften/-nehmer oder Neuwagenkäufer).Es ist vielleicht kein Zufall, daß die erste Kooperation mit einem Gabelstaplerhersteller erfolgen soll, wo die Kosten über eine längere Lebensdauer eher im Fokus stehen.Das Problem, was ich sehe, ist, daß dieser Ansatz allenfalls dann wirtschaftlich wird, wenn die pro Batteriezelle benötigte Mosfet-Halbbrücken, die jede einzelne Batterie entweder in den Strang einschalten oder überbrücken, in ein dafür optimiertes Halbleitergehäuse eingebaut wird, bei dem die Chips zur optimierten Wärmeabfuhr auf einem Träger sitzen, der die Verlustleistung (Größenordnung >10W/Zelle?) direkt über die Terminals in thermische Masse der Batteriezellen ableiten kann. Auch die Ansteuerung und die Temperaturüberwachung der Zelle muss auf diesem Modul sitzen. Das sind anfänglich hohe Investitionskosten, für die eine Aussicht auf echte Stückzahlen bestehen muss.Ein ganz profanes Problem besteht meiner Vermutung nach darin, daß bei modernsten Zellenformaten wie "Blade" die Anschlussterminals auf gegenüberliegenden Seiten der länglichen Zellen liegen, und man einen zusätzlichen Leiter großen Querschnitts parallel zur Zelle benötigen würde, um diese vom Schaltermodul überbrücken zu können.Einen Teil der Vorteile für den Betreiber eine älteren Fahrzeugs mit wenigen schwächelnden Zellen in der Serienschaltung könnte man ohne Verluste bei neuen Fahzeugen auch ernten, indem man pro Zelle einen einzigen Mosfet zur permanenten überbrückung dieser Zelle vorsähe. Diese könnte dann einmalig auf 0V Tiefentladen und ab dann permanent überbrückt werden, und das Fahrzeug kann dann mit pro überbrückter Zelle um 1% reduzierter Spannung und somit Höchstgeschwindigkeit weiterbetrieben werden.Aber aus den oben beschriebenen Gründen wird weder der Hersteller noch der Erstkäufer dafür zusätzlich Geld ausgeben wollen.

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