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KGM Torres EVX im Test: Exot mit Licht und Schatten

Elektro-SUV in der Mittelklasse gibt es viele, doch der KGM Torres EVX sticht in so einigen Punkten aus der Masse heraus – alleine schon, weil er in Deutschland sehr selten ist. Ob das Modell aus Südkorea mehr Aufmerksamkeit verdient hat, zeigt unser Fahrbericht!

Ein kantiges Geländewagen-Design und sechs LED-Leuchtelemente anstelle des Kühlergrills an der Front: Beinahe könnte dieses Auto als Jeep durchgehen, doch bei dem US-Hersteller wären es traditionell sieben Elemente – so viele Öffnungen hat der Jeep-typische Kühlergrill. So hat sich der Torres EVX verraten, dass er eben doch ein KGM ist. Falls Ihnen das Kürzel nichts sagt: Bei KG Mobility handelt es sich quasi um den Nachfolger von Ssangyong – der koreanische Autobauer wurde 2023 von dem Bushersteller KG Mobility übernommen. Der nun unter der eigenen Marke auch Autos verkauft. Darunter auch elektrische.

Den Torres bietet KGM auch als Verbrenner an, zwar unter gleichem Namen, aber mit einem anderen, klassischeren Front-Design. Der Torres EVX soll sich abheben. Und dennoch das Geländewagen-Erbe der Marke Ssangyong weitertragen. Dazu wurden von den Designern zum Beispiel Griffe oben auf der Fronthaube angebracht, die aber reine Design-Elemente sind – als Griff nutzen kann man die Teile nicht. Und der Kofferraumdeckel weist gleich zwei Besonderheiten auf: Zum einen verfügt er über eine optisch angedeutete Reserverad-Halterung, wie sie bei waschechten Geländewagen nicht unüblich ist – allerdings bleibt es bei einer großen Wulst, ein Reserverad gibt es nicht. Und der Griff zum Öffnen ist nicht mittig, sondern weiter rechts platziert, da die Hecktüren früher seitlich geöffnet wurden. Beim Torres EVX schwingt die Heckklappe aber ganz normal nach oben auf.

Halten wir uns nicht an solchen Design-Eigenheiten auf, sondern blicken wir auf den Antrieb. Hier verlässt sich KGM nicht auf eine Eigenentwicklung, sondern hat sich Unterstützung bei BYD geholt, die Chinesen liefern etwa ihre Blade-Batterie mit LFP-Zellen und Cell-to-Pack-Technologie zu. Im Torres EVX kommt der Speicher auf einen Energiegehalt von 73,4 kWh, was eine Reichweite von 462 Kilometer nach WLTP ermöglichen soll. Für den Vortrieb sorgt eine 152 kW starke Permanentmagnet-Synchronmaschine an der Vorderachse, die 339 Nm Drehmoment bietet und das Auto in 8,1 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigen soll – bei maximal 175km/h ist Schluss. Werte, die in der umkämpften E-SUV-Mittelklasse nicht herausstechen, was aber nicht schlecht sein muss – solange das Auto solide gemacht ist.

Einsteigen, losfahren. Schon auf den ersten Metern setzt sich der erste Eindruck von außen auch im Innenraum fort. Der Torres EVX wirkt an sich grundsolide und praktisch, es gibt viel Platz vorne wie hinten und einen sehr ordentlichen Kofferraum für ein rund 4,70 Meter langes Auto. 839 Liter in der normalen Fünfsitzer-Bestuhlung können sich sehen lassen, mit umgeklappten Rücksitzlehnen sind bis zu 1.662 Liter drin. Die Sitze wirken einfach, aber zunächst ausreichend bequem, die Cockpit-Landschaft mit zwei großen Displays ist in aktuellen Autos keine Ausnahme, eher die Regel. Dass in den Anzeigen bei einem eher kleinen Hersteller nicht jede Übersetzung auf Deutsch passt und mitunter lustige Bezeichnungen vergeben sind, ist keine Neuheit der Elektromobilität – das gab es früher auch schon.

Auffällig ist die Farbe Kupfer, die sich als Designelement durch den Innenraum zieht – etwa in den Ziernähten an Sitzen, Lenkrad und den Türverkleidungen, aber auch in Form großer Kunststoffteile im Armaturenbrett und der Mittelkonsole. In meinen Augen wirkt das etwas gewollt und aufgesetzt, nicht ganz stimmig – teilweise gibt es auf den Kunststoffteilen noch auffällige Linien-Muster, teilweise nicht. Was aber sehr angenehm ist: Auf das lange Zeit sehr verbreitete schwarze Hochglanz-Plastik hat KGM fast komplett verzichtet! Der Haken: Ausgerechnet die Bedienfelder am Lenkrad (später dazu mehr), die man ständig anfasst, sind noch in dem Fingerabdrücke geradezu anziehenden Material gehalten.

Fahrwerk hinterlässt gemischten Eindruck

Licht und Schatten ziehen sich wie ein roter Faden durch den Test: Immer wieder macht der Torres EVX Sachen gut oder zumindest auf einem voll annehmbaren Niveau, dann gibt es aber wieder einen Punkt, der das Erlebnis im KGM trübt. Der Torres EVX fährt sich Elektroauto-typisch angenehm leise (sofern man die beiden virtuellen Motorensounds im Menü deaktiviert), was zusammen mit dem eher weichen Fahrwerk zuerst einen komfortablen Eindruck hinterlässt. Zwar neigt sich der Torres EVX in Kurven und nickt auch beim Bremsen stark nach vorne. Doch durch und durch komfortabel ist das Auto nicht: Kleine Unebenheiten und Buckel werden dennoch recht direkt an den Innenraum weitergegeben. Und nach mehreren Hundert Kilometern erweisen sich auch die Sitze als nicht so bequem wie gedacht – es fehlt an Polsterung und Seitenhalt, mit zunehmender Reisedauer rutscht man doch aktiv etwas hin und her auf der Suche nach einer bequemeren Position.

Der Antrieb macht seine Sache gut, ohne Maßstäbe zu setzen. Ein VW ID.4 mit der 210 kW starken APP550 an der Hinterachse oder ein Model Y mit Heckantrieb gehen natürlich zügiger voran, untermotorisiert hat sich der KGM aber nicht angefühlt – andere E-SUV setzen auch auf einen Frontantrieb. Der Verbrauch ist – bei der kantigen Karosserie mit steiler Front wenig überraschend – stark vom Fahrprofil abhängig. Auf Kurzstrecken durch die Stadt oder über Landstraßen hat der Bordcomputer regelmäßig weniger als 15 kWh/100km angezeigt. Auf der Autobahn mit Reisetempo 100 waren es rund 20 kWh/100km, mit 120 um die 22 kWh/100km. Damit ergeben sich im Worst Case rund 330 Kilometer Autobahn-Reichweite, in der Stadt ist sogar die WLTP-Reichweite von 462 Kilometer möglich. Diese Aussage gilt wohlgemerkt für den Sommer, wir sind das Auto bei Temperaturen von um die 20 bis 25 Grad gefahren. Im Winter kann es – gerade bei LFP-Batterien – ganz anders aussehen, was wir aber nicht testen konnten.

Positiv beim Laden ist, dass der Torres EVX die Werksangabe unterboten hat – und zwar deutlich. Die maximale DC-Ladeleistung liegt bei 120 kW. Wie lange der Ladevorgang dauert, da ist man sich wohl selbst bei KGM nicht ganz einig: Angegeben werden zwar 42 Minuten, mal aber von zehn, mal von 20 auf 80 Prozent. Das wäre eigentlich alles andere als positiv, Ladezeiten von über 35-40 Minuten sind 2025 in diesem Konkurrenz-Umfeld einfach nicht mehr wettbewerbsfähig. Umso überraschender war, dass bei unserem Test-Ladevorgang beginnend mit 12 Prozent Ladestand die 80 Prozent schon nach 32 Minuten erreicht waren! Und da der Ladevorgang direkt mit 85 kW gestartet ist, ist es wohl sehr unwahrscheinlich, dass die zusätzlichen zwei Prozent Ladestand zehn Minuten gedauert hätten.

Direkt die Kehrseite: Im Winter könnten die 42 Minuten deutlich realistischer sein, falls sie überhaupt zu erreichen sind. Denn eine Batterie-Vorkonditionierung, die die Zellen in den für LFP-Akkus optimalen Temperaturbereich bringt, hat der Torres EVX nicht. In keinem der verschachtelten Menüs gibt es eine solche Option. Und auch über das Navi ist keine automatische Vorkonditionierung bei eingeplanten Ladestopps möglich – weil das fest verbaute Navi schlicht keine Ladesäulen kennt. Es handelt sich 1:1 um eine TomTom-Software für Verbrennerautos. Als Points of Interest lassen sich zwar Tankstellen finden und ansteuern, aber keine Ladepunkte – erst recht nicht automatisch.

Abgesehen von der fehlenden Möglichkeit, die Batterie zu heizen oder auf Knopfdruck zu kühlen, ist das schlechte Navi an sich aber kein großer Kritikpunkt: Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Kunden (auch in Premium-Autos) ohnehin lieber das Navi in Form ihres Smartphones mitbringen. Die Anbindung über Apple Carplay hat in unserem Test auch ohne Probleme geklappt – die Bedienung lief flüssig und ohne Abbrüche. In der Mittelkonsole gibt es sogar ein kleines Fach, in dem man das Smartphone in einer guten Griffposition ablegen kann. Unten im Fach ist eine kleine Öffnung, durch die das Lade- und Datenkabel gezogen werden kann – super Sache. Doch Sie ahnen es: Bei jedem Licht folgt direkt ein Schatten. Denn die Rückseite der Smartphone-Ablage ist extrem rutschig, selbst in langsam gefahrenen Kurven kippt das Smartphone ständig von rechts nach links und zurück. Eine kleine Anti-Rutsch-Fläche würde dem Fach sehr gut tun. Alternativ gibt es (nicht in der Basisversion) auch eine induktive Ladeschale für das Smartphone, die rutschfest ist – leider war dann aber keine Verbindung zu Apple Carplay möglich.

Auch bei den Assistenten gibt es noch Optimierungspotenzial. Der oft kritisierte Geschwindigkeitsassistent, der bei einer Überschreitung des Tempolimits warnt, reagiert recht früh, was an sich auch sinnvoll ist. Allerdings klingt der Warnton eher nach einer fatalen Fehlermeldung. Über den Touchscreen kann das System aber schnell deaktiviert werden. Kurios: Selbst wenn man den Assistenten, der schon bei geringen Überschreitungen warnt, abgeschaltet hat, meldet sich bei größeren Überschreitungen (etwa wenn ein Tempolimit von 80 km/h erkannt wurde, wo aber schon lange kein 80er Schild mehr ist) ein zweites System mit einem anderen, dann sehr dezenten Warnton. Logisch wäre es andersrum: Dezent piepsen bei 3 km/h zu viel und eindringlich warnen, wenn man (vermeintlich) wirklich zu schnell ist.

Bedienung nicht ganz optimal

Dafür ist die Bedienung an sich schnell erlernt. Die Kombination aus Touchscreen und den vielen Lenkrad-Tasten wirkt zunächst etwas verwirrend, hat man aber seine Menüpunkte im Gedächtnis und die Tasten genau zugeordnet, ist das System recht simpel. Im Menü lassen sich auch alle wichtigen Lade-Funktionen festlegen, etwa eine Lade-Startzeit (beim Über-Nacht-Laden an der Wallbox) oder getrennte Ziel-Ladestände an AC- und DC-Ladepunkten. Also alles das, was die meisten Elektroautos auch bieten. Dass auch die Klimafunktionen nur über den Touchscreen gesteuert werden, war aber etwas umständlich: Das Feld dazu ploppt am rechten Rand des Bildschirms beim Beifahrer auf und ist für den Fahrer weit weg. Besser wäre etwa eine Leiste am unteren Bildschirmrand, die für alle gut zu erreichen ist.

Was noch? Über einen Frunk verfügt der Torres EVX nicht, das Ladekabel muss also in dem Ablagefach unter dem Kofferraum verstaut werden – nicht ideal, wenn der Kofferraum voll ist, man aber an das Ladekabel muss. Dafür ist das Fach dort groß genug, um auch den optionalen V2L-Adapter (bis zu 3,5 kW Leistung) zu verstauen. Der Ladeport zwischen der Fahrertür und dem Vorderrad ist in meinen Augen aber nicht ganz ideal platziert: Je nach Position der Ladesäule kann es bei schweren und sperrigen CCS-Kabeln schon knapp werden – oder man muss sehr nah an die Ladesäule rangieren. Dabei hilft aber die serienmäßige Frontkamera.

Neben einer Dachrehling bietet der Torres EVX auch noch eine Anhängerkupplung mit bis zu 1.500 Kilogramm Anhängelast – in der Broschüre werden aber mal 500 und mal 750 Kilogramm für die Anhängelast bei ungebremsten Anhängern genannt.

Den Torres EVX gibt es nur mit der von uns getesteten Kombination aus Antrieb und Batterie, aber in drei Ausstattungen. Los geht es ab 41.990 Euro für das Basismodell Core, das etwa Stoffsitze ohne Sitzheizung bietet – und die Wärmepumpe kostet 1.300 Euro Aufpreis. Die mittlere Linie Bliss liegt bei 44.990 Euro und bietet viele, aber nicht alle Features der Top-Version – hier ist die Wärmepumpe aber nicht einmal gegen Aufpreis erhältlich. Das Top-Modell Lux steht mit 48.990 Euro in der Preisliste – inklusive Wärmepumpe. Der Metallic-Lack kostet bei allen Ausstattungen 700 Euro Aufpreis.

Fazit

Der KGM Torres EVX ist nicht einfach zu bewerten. Viele Dinge macht er ordentlich, aber nichts davon wirklich herausragend – einige Design-Entscheidungen kann man auch als charaktervoll sehen. Bei der Fahrwerk-Abstimmung, Ergonomie und vor allem der fehlenden Batterie-Vorkonditionierung gibt es in meinen Augen aber klare Abzüge. Das muss einfach sein, erst recht bei einer LFP-Batterie. Hier dürfte es auf den Deal mit BYD ankommen, was KGM alles einkauft. Ist es das komplette Batteriepack, sind den Koreanern wohl die Hände gebunden. Werden nur die Zellen zugekauft, hätte man ein solches System in die eigene Konstruktion einbauen müssen.

Keine herausragenden Stärken, ein paar Schwächen. Ist man aber zum Beispiel nicht auf Schnellladen (im Winter) angewiesen, weil man innerhalb der Reichweite der eigenen Wallbox bleibt, wäre sogar die fehlende Vorkonditionerung zu verschmerzen. Was dem Torres EVX das Leben eher schwer machen dürfte, ist die Kombination aus dem Preis und dem Wettbewerb: Zwischen 40.000 und 50.000 Euro haben Kunden in Europa sehr viel Auswahl – und das oft mit einem stimmigeren Gesamtpaket.

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