VW E-Up – Das Volkswagnis.

Ein Elektroauto, optisch kaum zu unterscheiden von seinem großen Bruder mit Verbrennungsmotor – das ist der VW E-Up. Mit seinem ersten Serien-Stromer will und muss Volkswagen Boden gut machen gegenüber der Konkurrenz aus Fernost und Süddeutschland. Zugleich wollen die Wolfsburger beweisen, dass die auf Effizienz getrimmte Baukasten-Strategie flexibel und wirtschaftlich arbeitet – und damit das Purpose Design der Konkurrenz ausstechen kann. Doch was leistet der VW E-Up? Kann er die Erwartungen an einen Volkswagen erfüllen? Marc Kudling hat den Volksstromer für uns getestet.

Aller Anfang ist schwer

Dieser Kleinwagen von Volkswagen hatte keinen leichten Start. Zwei Jahre ist es her, dass der Up auf der IAA 2011 in Frankfurt sein Debüt feierte, zunächst mit herkömmlichem Antrieb. Damals begleiteten Greenpeace-Aktivisten mit Transparenten und anderen Aktionen die Präsentation des Neuen aus Wolfsburg, wie man es sonst nur bei Ölplattformen und Wahlfangbooten weitab der Main-Metropole gewohnt war. VW-eUp-KabelDer VW Up sei in Sachen Klimaschutz wenig zeitgemäß, lautete der Vorwurf der Umweltaktivisten. Nicht ganz unberechtigt. War doch seit der letzten Kleinstwagen-Entwicklung aus dem Hause VW mehr als ein Jahrzehnt vergangenen. Und eine echte Innovation suchte man bei dem Lupo-Nachfolger vergeblich. Der damalige Vergleichstest von „Auto Bild“ zwischen einem gebrauchten Lupo und dem werksfrischen Up fiel nur ganz knapp zugunsten des Neulings aus. Doch jetzt, zwei Jahre später, gibt es den Up auch als elektrisch angetriebenen E-Up. Erhält der Kleine aus Wolfsburg damit endlich seine definitive Daseinsberechtigung? Und ist die Zeit der Ausreden gegenüber dem Elektroantrieb für Otto-Normal-Autokäufer damit endgültig vorbei? Eine Probefahrt auf Sylt – der vermutlich konservativsten Insel der Deutschen – liefert Antworten.

Batteriekunden

VW-eUp-DisplayGanz am Anfang zunächst in aller Deutlichkeit: Auch VW kann die Batterien für sein neues Elektroauto nicht beim Bosch-Service um die Ecke kaufen oder nur durch Zugabe von Luft und Liebe herstellen. Zwar kauft VW die Zellen bei Sanyo-Panasonic, zusammengesetzt werden die Energiepakete aber im VW-Werk Braunschweig, wo 40 Mitarbeiter 11.000 Batterien pro Jahr produzieren. Das hat natürlich seinen Preis und deshalb ist auch der E-Up in der Anschaffung deutlich teurer als seine Geschwister mit Verbrennungskraftmaschine. 26.900 Euro kostet der E-Up. Im Äpfel-Birnen-Vergleich sind das etwa 17.000 Euro mehr als beim einfachsten und 10.000 Euro mehr als beim teuersten Normal-Up. Jeweils im Grundpreis versteht sich, wobei der E-Up bereits mit gehobener Ausstattung daher kommt. Dass auch das Fahrzeuggewicht des E-Up höher ausfällt, dürfte den erfahrenen Elektromobilisten an dieser Stelle ebenfalls nicht überraschen. Das Mehrgewicht von etwa 270 Kilo gegenüber dem Up in der primitivsten Variante hat mit 230 Kilo zum größten Teil die luftgekühlte Batterie zu verantworten. Dem durchschnittlichen VW-Fahrer sei an dieser Stelle gesagt, dass es für das Gewicht keine Rolle spielt, wie hoch der Ladestand gerade ist. Wohingegen dieser für die Reichweite und Ladezeit des Fahrzeugs von hoher Bedeutung ist.

Reicht-Weite

VW-eUp-VerbrauchIn dieser Kategorie kann der neue Elektrowagen aus deutschem Hause natürlich keine Wunder vollbringen und erreicht im genormten Fahrzyklus eine Reichweite von 160 Kilometern. Doch dem kühlen Rechner dürfte sofort auffallen, dass dieser Wert bezogen auf die Batteriekapazität von 18,7 kWh einen relativ geringen Verbrauch voraussetzt. Und so ist es: Volkswagen beziffert den kombinierten Verbrauch mit 11,7 kWh auf 100 Kilometer. Immerhin konnten wir auf unserer Probefahrt über 35 Kilometer inner- und außerhalb Westerlands einen Bordcomputerwert von 12 kWh pro 100 km erreichen. Wir mussten zwar auf die Autobahnfahrt verzichten, haben den Wagen dafür aber probefahrttypisch das ein oder andere Mal am Traktionslimit bewegt. Das Ergebnis ist ein sehr akzeptabler Verbrauchswert.

Permanenterregung

Apropos Traktionslimit: Der permanentmagneterregte Synchronmotor, der übrigens im VW-Werk Kassel-Baunatal entsteht, liefert eine Leistung von 60 Kilowatt bei einem Drehmoment von 210 Newtonmeter und lässt den Fahrer nur allzu oft vergessen, dass er gerade in einem Kleinstwagen sitzt. VW-eUp-MotorraumDie stufenlose Beschleunigung (0-80 km/h = 8,1 Sekunden / 0-100 km/h = 12,4 Sekunden) gepaart mit dem höheren Gewicht vermitteln den Eindruck, als säße man in einem zwei Klassen höher positionierten Fahrzeug. Durch das gute Raumgefühl wird dieser Eindruck noch verstärkt. Auch in Sachen Entschleunigung, pardon Verzögerung, macht der E-Up seine Sache gut. Die sogenannte Rekuperation lässt sich in insgesamt fünf Stufen an die Vorlieben des Fahrers bzw. die Verkehrsverhältnisse anpassen. Die Einstellung kann jederzeit über den Gangwahlhebel vorgenommen werden, dessen Schaltkulisse ein wenig an die des DSG-Getriebes erinnert. Es gibt die Fahrstufen D bis D3. In Gang B, der für maximale Rekuperation sorgt, wird mit bis zu 40 kW Leistung in die Batterie zurück geladen.

Lademeister

VW-eUp-LadeinletDass der Kofferraum im Elektro-Up trotz Batterie fast genauso groß ausfällt wie im konventionellen Up, es aber kein Reserverad gibt und die Fonds-Passagiere mit sechs Zentimeter weniger Fußraumhöhe auskommen müssen, wollen wir an dieser Stelle nicht genauer behandeln. Vielmehr soll hier erwähnt werden, dass der E-Up das erste Serienfahrzeug sein wird, welches das neue CCS-Ladesystem erhält, das Volkswagen mit Phoenix Contact und anderen Unternehmen mit entwickelt hat. Der sogenannte Combo-Stecker vereint das Wechselstrom- und Gleichstromladen in nur einem Fahrzeug-Inlet. Ordert der E-Up-Kunde dieses aufpreispflichtige Extra (590 Euro), sind bei einer leeren Batterie 80 Prozent des Ladestandes bereits nach einer halbe Stunde wieder erreicht – vorausgesetzt er findet eine entsprechende DC-Ladesäule. Beim klassischen Wechselstromladen (Stichwort Haushaltssteckdose) kann der E-Up leider nur mit 3,7 kW „zapfen“.

VW-eUp-Leuchtturm

Quintessenz

Bei einer ungefähren Effizienzsteigerung des Antriebes von 30 Prozent (Benzin) auf 90 Prozent (Elektro) darf beim neuen E-Up auf jeden Fall von einer Innovation im Kleinstwagen-Segment bei Volkswagen gesprochen werden. Der E-Up ist ein solides Elektroauto, das die Erwartungen, die an ein Auto von Volkswagen gestellt werden, erfüllen kann. Bei einigen Details fällt jedoch auf, dass der E-Up nicht von Anfang an als Elektroauto konzipiert wurde. Und wie ernst meint es VW mit seinem ersten Serien-Stromer? Die Aussage über eine Batterieproduktion von jährlich nur 11.000 Einheiten und die fehlende Batterie-Leasing-Option trüben das Bild ein wenig. Der Preis ist im Vergleich zu den anderen deutschen Stromern Smart ED und BMW i3 sicherlich realistisch angesetzt. Der 8.000 Euro teurere i3 spielt jedoch in vielerlei Hinsicht in einer ganz anderen Liga. Schaut man jedoch über den deutschen Tellerrand hinaus, so sind und bleiben der Nissan Leaf und der Renault Zoe die aktuell besten Gesamtpakete. Der E-Up hat jedoch einen vermutlich alles entscheidenden Vorteil: Er ist ein Volkswagen.

von Marc Kudling

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