Freund der kurzen Wege: Citroën Ami im Fahrbericht

Weniger ist mehr. Diesem Motto folgt der Citroën Ami. Das rein elektrische Vierradmobil für bis zu 75 Kilometer Reichweite zielt auf eine junge, urbane Käuferschicht, die einfach nur von A nach B will. Wir haben es getestet und uns dabei gefragt, ob der kleine Freund auch für den Flotteneinsatz geeignet ist.

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Wie fängt man einen Fahrbericht über ein Auto an, das auf das Nötigste reduziert ist? Mit dem, was fehlt: Klimaanlage, Innenspiegel, Radio, Navigation, elektrische Fensterheber, Kofferraum, Sitzheizung. Okay, diese Liste würde jetzt noch deutlich länger werden. Deshalb stellen wir mal den Preis gegenüber: 6.000 Euro. So wenig kostet der Citroën Ami in Frankreich. Und für einen ähnlichen Preis kommt er zum Ende des ersten Quartals des kommenden Jahres auch nach Deutschland, wie die Citroën-Verantwortlichen diese Woche im Rahmen einer Fahrveranstaltung in Berlin versprochen haben.

Für diesen Betrag gibt es ein spartanisches Mobil aus 250 Einzelteilen, das mit seiner 5,5 kWh kleinen Batterie immerhin bis zu 75 Kilometer Reichweite schaffen soll. (Wir hatten voll geladen 65 auf der Anzeige.) Mit 471 Kilo Gesamtgewicht ist es dabei ein echtes Leichtgewicht, nimmt aber auch nur zwei Personen mit. Der 48-Volt-Antrieb leistet 6 kW auf der Vorderachse. Die Batterie sitzt hinten, das Gewicht wirkt gut verteilt. Dank einer Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h dürfen selbst Inhaber eines Führerscheins der Klasse AM (Stichwort: Rollerführerschein) den kleinen Stromer bewegen. Also im Alter von 16 Jahren, in manchen Bundesländern sogar ab 15. So weit, so wenig.

Klar: Mit dem Citroën Ami fährt man weder in den Urlaub noch zur Schwiegermutter. Ja selbst eine Fahrt raus aus Berlin will gut überlegt sein. Doch das genau ist der Ansatz: Viele Menschen fahren ohnehin nur kurze Strecken zur Arbeit oder zum Einkaufen. Und haben womöglich zwei Autos im Haushalt. Eines davon könnte künftig der kleine Ami sein.

Interessant wäre das kleine Elektro-Mobil allerdings auch für die eine oder andere Anwendung in der Flotte. Leider war den Kollegen von Citroën keine Info zu entlocken, ob der Flotten-Bereich beim Verkauf in Frankreich schon eine Rolle spielt. Doch das E-Mobil läuft bekanntlich auch im PSA-Carsharing Free2move. Mehr Flotte geht ja kaum…

Unsere Testfahrt quer duch Berlin ließ uns auf folgende Gedanken kommen: Pflegedienste, die ausschließlich in definierten Quartieren unterwegs sind, könnten an dem Fahrzeug eine Lösung zwischen Fahrrad (eigentlich empfehlenswert) und größeren Autos (finden oft kaum einen Parkplatz) sehen. Auch zu Lieferdiensten, die nicht gerade 24/7 auf der Straße sind oder zwischendurch in Pausenzeiten laden könnten, würde der Ami passen. Im kommunalen Bereich – für Botenfahrten oder in der Parkraumbewirtschaftung – sollten sich ebenfalls zahlreiche Anwendungsfälle finden lassen.

Die Ideenliste könnte beliebig fortgesetzt werden. Natürlich sollten potentielle Freunde des Ami im Fuhrpark darauf achten, dass die Ladeinfrastruktur stimmt. Da das Auto derzeit nur einen Schukostecker hat – in der Beifahrertür versteckt – braucht es nicht viel. Simple Außensteckdosen würden angesichts der überschaubaren 1,8 kW reichen. Ein Adapter zum Anschluss an Typ2-Ladestationen und Wallboxen soll zwar kommen, wirkt aber auch überflüssig. Drei Stunden Ladezeit sind für die Komplettfüllung des Stromspeichers so oder so einzuplanen.

Klar, der Ami ist kein Luxusauto. Die Sitze sind hart, der Heizlüfter für die Frontscheibe laut – und an einer Kühlung mangelt es gänzlich. Deshalb müsste man im winterlichen wie im hochsommerlichen Einsatz zunächst Erfahrungen sammeln. Doch Städten, die weniger Auto wagen wollen, gibt Citroën mit dem Ami eine Antwort. Der Wendekreis ist mit 7,2 Metern enorm klein, was im engen Stadtverkehr ein Quell der Freude ist. Als mobile Werbefläche sollte der Mini-Stromer obendrein taugen: So viele neugierige Blicke und hochgereckte Daumen haben wir in Berlin Mitte lange nicht mehr bekommen.

Nur die zulassungsbedingte Begrenzung auf 45 km/h (der Ami läuft in der EU-Klasse L6e) ist für das Mitschwimmen auf Berlins großen Achsen vielleicht ein bisschen wenig. Zwischen SUV und Lkw kamen wir uns doch manchmal etwas verloren vor. Doch spätestens die Parkplatzsuche, die in der Regel ein Parkplatzfinden ist, entschädigt dafür. Und das Lächeln der Fußgänger an der nächsten Ampel sowieso.

6 Kommentare

zu „Freund der kurzen Wege: Citroën Ami im Fahrbericht“
Horst
10.09.2020 um 14:34
Hat Citroën doch einst den genialen 2 CV geschaffen, von dieser fulminanten Idee ist in ihren neuen Kreationen nicht viel zu erkennen. Die heutigen Fertigungsmethoden ließen doch mannigfaltige Produkte schaffen, die auch für die jüngere Generation die Vielfalt einer zweckdienlichen Veränderbarkeit von Nutzen und Schönheit vereinen könnten. Dafür langweilige unpraktische undurchdachte Massenprodukte, die Keinem dienen
Peter Lustig
10.09.2020 um 18:06
Einfach nur geil und auf das notwendigste reduziert
Kein Freund fahrbarer Mausoleen
11.09.2020 um 07:20
Frontschürze = Heckschürze. Rechte Tür = linke Tür. Klappfenster. Kommt recht nerdig rüber, stellt frech die Frage: braucht ihr mehr? Aber das ist wohl auch die Zielgruppe. Ein Zeichen der neuen Bescheidenheit? Small is finally beautiful?
Hugibert
11.09.2020 um 12:24
Wenn der nach Österreich kommt kauf ich ihn. Als Zweitauto zur ZOE.
STROMER
11.09.2020 um 14:25
Die Studie war ansehnlich, das hier ist einfach nur hässlich. Warum? Leicht-Pkw bitte auf 50 km/h anheben, nützt nichts, wenn Fußgänger den Daumen heben und der PKW-Fahrer hinter mir ins Lenkrad beißt, weil ich (vom Gesetzgeber gebremst) nicht vorwärts komme. Ansonsten grundsätzlich gute Idee kann im urbanen Bereich sicherlich den einen oder anderen Zweitwagen ersetzen.
Carsten Patzke
18.09.2020 um 08:36
Die Gefahr geblitzt zu werden ist auf ein Minimum reduziert. Auch das ist ein großer Vorteil. Ich fahre mit meinem Leaf auch nicht schneller 45km/h in der Innenstadt. Was soll das auch.... Spätestens an der nächsten Ampel werde ich eh ausgebremst .

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