
Neuer Grande Panda: So will Fiat der Elektromobilität einen Bären aufbinden
Es hat zwar lange gedauert, doch jetzt bröckeln endlich die Preise fürs elektrische Fahren und die Hürde von 25.000 Euro für ein halbwegs alltags- und familientauglichen Auto weicht zunehmend auf. Nachdem Citroën mit dem ë-C3, Opel mit dem Frontera, Renault mit dem R5 und Hyundai mit dem Inster voraus gefahren sind, zieht jetzt auch Fiat nach: Im Frühjahr bringen die Italiener für 24.990 Euro aufwärts den Grande Panda an den Start .
Damit sinkt der Preis für die elektrische Spielart des Docle Vita gegenüber dem Fiat 500 außerhalb der Rabattaktionen um 4.500 und gegenüber dem 600e um 11.500 Euro. Vor diesem Preis-Hintergrund inszenieren die Italiener den großen Bruder ihrer in fast 50 Jahren millionenfach verkauften Kleinwagen-Ikone – mit freundlichen Grüßen nach Wolfsburg – schon mal als neuen Volkswagen für Europa. Und wenn es nach Fiat-Chef Olivier Francois geht, auch gleich für den Rest der Welt. Nicht umsonst plant er auf der Plattform neben einem schrägen und einem aufrechten SUV für die europäische Kompaktklasse gleich auch noch einen Pick-up und womöglich sogar ein Van für Südamerika, Afrika und Asien.
Der Fiat-Boss will die Zauderer der Elektromobilität aber nicht nur mit erreichbaren Preisen ködern. Sondern er ist überzeugt, dass es für den erfolgreichen Umstieg auch einen einfacheren Umgang mit der neuen Energie braucht– und verdeutlicht das beim Grande Panda mit einer ebenso simplen wie genialen Idee: Damit niemand mehr den Kabelsalat entwirren muss und zudem nichts den mit 361 Litern relativ stattlichen Kofferraum schmälert, gibt es wie vor Urzeiten am Telefon oder heute noch am Staubsauger ein Spiralkabel, das mit Federkraft im Einzug hinter der Frontklappe verschwindet. Leichter kann man Laden kaum machen.





















Das ist nur ein Beispiel dafür, wie die Italiener aus dem immergleichen Stellantis-Baukasten ein ebenso pfiffiges wie charakterstarkes Auto zusammengebaut haben. Und vor allem einen waschechten Fiat. Denn sie haben viel Eigensinn bewiesen und anders als Opel oder Citroën natürlich auch eine reiche Kleinwagen-Geschichte, aus der die Designer munter zitieren: Auch wenn der Panda von anfangs 3,41 und zuletzt 3,65 auf jetzt dann nun 3,99 Meter wächst und obendrein noch in die Höhe schießt wie ein Möchtegern- SUV, kann er seine Herkunft nicht verhehlen. Die mit Pixeln gespickte Front erinnert deshalb nicht nur an Hyundais Ioniq-Modelle, sondern eben auch an den die Fassade der Fabrik in Lingotto und den Streifen-Grill des Originals, die dreidimensionalen Schriftzüge sollen den famosen Panda 4×4 zitieren.
Und innen, wo sie jetzt als Bambus-Box ein Handschuhfach vors Armaturenbrett geschraubt haben, gab es früher in der gleichen Form mal eine taschenförmige Ablage allerlei alltägliche Kleinigkeiten. Bevor wieder irgendjemand an der Herkunft des Panda zweifelt, haben sie gleich auch noch ihre legendäre Teststrecke „La Pista“ im Auto verewigt. Die Einfassung des Armaturenbretts hat deshalb die gleiche Grundform wie das Oval auf dem Dach des Stammwerks im Herzen Turins. Selbst den originalen Panda aus der Feder Giorgetto Giugiaros haben sie als Modellauto im Zierrahmen um das digitale Cockpit und den gute zehn Zoll großen Touchscreen daneben verewigt. Die Details stimmen!
Beim Fahren allerdings ist auch der Grande Panda gefesselt in den Familienbanden und nutzt die gleiche Hardware. An der Vorderachse surrt deshalb eine E-Maschine mit 83 kW und 122 Nm und unter dem Bodenblech steckt ein LFP-Akku mit 44 kWh, für den die Italiener eine Normreichweite von 320 Kilometern in Aussicht stellen.
Grande Panda | |
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Antrieb | FWD |
Leistung | 83 kW |
Drehmoment | 122 Nm |
Beschleunigung | 11,5 s |
Höchstgeschwindigkeit | 132 km/h |
WLTP–Reichweite | 320 km |
Batteriekapazität | 44 kWh |
Ladeleistung DC | 100 kW |
Ladezeit DC 10-80% | 33 min |
Preis | 24.990 Euro |
Zusammen mit dem handlichen Format, einem für E-Autos fast schon mageren Gewicht von 1,5 Tonnen, einer stark unterstützenden Lenkung und dem kurzen Radstand von 2,54 Metern fährt sich der Grande Panda damit bei der Jungfernfahrt daheim in Turin wie so viele andere elektrischen Kleinwagen auch. Er ist spritzig im Gewühl des Centro Storico, gewinnt als Underdog so manchen Ampelspurt und wird spätestens im Parkhaus zum König im Großstadt-Dschungel.
Jenseits der Ortsgrenzen allerdings und erst recht auf der Fahrt auf den Hausberg zur Superga-Kathedrale lässt der Elan spürbar nach, bereits bei 132 km/h ist Schluss und während zum Beispiel der R5 durchaus so etwas hat wie eine Straßenlage und Lust und Laune macht, geht es beim Grande Panda eher ums ankommen als das unterwegs sein. Aber allzu groß ist der Aktionsradius ja auch nicht.
Da der Bär vor allem in den Ballungsräumen sein Revier haben wird, ist das freilich kein Schaden. Problematischer ist da schon die vom Kostendiktat bestimmte Stellantis-Technik. Zwar rühmt Francois den Grande Panda als bezahlbares Auto, das alles andere als billig sein will, und gibt sich deshalb bei Komfort- und Funktionsausstattung spendabel.
Aber bei der elektrischen Hardware fahren die Italiener hinterher: Wo uns zum Beispiel die Koreaner selbst bei ihren kleinsten E-Modellen mit Errungenschaften wie einer Navigation mit streckenabhängiger Ladeplanung, dem bidirektionalem Laden oder einem intelligenten Gaspedal für variable Rekuperation kommen, gibt’s beim Grande Panda nur eine Standardwegführung und den Hinweis auf entsprechend Apps, selbst eine zweite Brems-Kalibirierung hat sich Fiat gespart und der fließt der Strom weiter nur in eine Richtung. Der Punkt geht klar an den Hyundai Inster.
Und der Strom fließt nicht mal sonderlich schnell. Wer nicht mit dem dünnen Spiralkabel lädt, sondern mit einer klassischen Typ2-Leisung, der kann zwar immerhin mit einer AC-Leistung von 11 kW kalkulieren. Aber das Schnelladen am DC-Stecker macht seinem Namen mit 100 kW wenig Ehre. Immerhin: Der gerade gelobte Inster kann maximal mit 85 kW laden.
Zwar will Fiat mit dem Grande Panda noch mehr Schwung in die Elektrifizierung bringen. Doch „all in“ sind die Italiener damit noch immer nicht. Im Gegenteil: Wie immer bei Stellantis wird es auch den Grande Panda – dann gleich nochmal 6.000 Euro billiger – mit Benzintank statt Batterie geben. Immerhin bauen die Italiener keinen gewöhnlichen Dreizylinder ein, sondern setzten auf einen Mild-Hybrid, bei dem die E-Maschine so stark ist, dass sie das Auto zumindest beim Rangieren alleine bewegt. Und den Grande Panda selbst als Hybrid so immerhin ein paar Meter auf der Electric Avenue voran bringt.
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