Potenziale des elektrischen Fliegens in der Commuter-Klasse

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) präsentiert eine mit dem Bauhaus Luftfahrt absolvierte Analyse zu Potenzialen des elektrischen Fliegens (mit und ohne Range-Extender) in der Commuter-Klasse. Im Fokus stehen dabei 19-Sitzer-Maschinen im Stile der Do-228 und Jetstream 31.

Die Analyse erfolgte im Rahmen des Projekts CoCoRe, kurz für Cooperation for Commuter Research. In einer Pressemitteilung fasst das DLR nun das Ergebnis zusammen. Gleich der erste Satz lässt aufhorchen: „Nach ersten elektrifizierten Kleinflugzeugen wird der nächste große Schritt des elektrischen Fliegens in die Commuter-Klasse der 19-Sitzer Flugzeuge gehen“, schreiben die Luftfahrtexperten. Dabei zeige sich, dass elektrische Antriebe für die häufig geflogenen kurzen Distanzen bis 350 Kilometer in dieser Klasse sinnvoll CO2-sparend eingesetzt werden könnten.

„In unserer Studie haben wir exemplarisch eine Konfiguration untersucht, die sich mit einigen Modifikationen eng an die heute fliegenden 19-Sitzer Do-228 und insbesondere Jetstream 31 anlehnen“, äußert Projektleiter Wolfgang Grimme. Mit einem großen Unterschied: Die Forscher entwarfen Fahrwerksgondeln, die über den Tragflächen für die Aufnahme von schnell austauschbaren Batterieblöcken erweitert wurden. „Damit haben wir das Gewicht der vergleichsweise schweren Batterien genau da, wo es am Flugzeug am günstigsten bei Start und Landung sitzt – direkt über den Fahrwerken.“ Und: „Leere Batterien können so unkompliziert und schnell an einem Flughafen gewechselt werden.“

Begrenzt durch das Gewicht der Batterien von zwei Tonnen bei einer Gesamtabflugmasse von 8,6 Tonnen, gehen die Forscher in ihrem Konzept von einer elektrisch geflogenen Reichweite von 200 Kilometern aus. Je nach Bedarf lasse sich diese mit zwei Range-Extendern in Form einer Gasturbine, die mit dem jeweiligen Propeller gekoppelt und entkoppelt werden kann, auf über 1000 Kilometer erweitern. „Nach unseren Recherchen fliegen 19-Sitzer weltweit zu 56 Prozent Strecken unter 200 Kilometern und zu 83 Prozent unter 350 Kilometern, so dass diese Kombination aus vollelektrischem Flug ergänzt um einen Range-Extender bereits einen Großteil der CO2-Emissionen im Bereich der Commuter-Flugzeuge vermeiden würde“, resümiert Dr. Annika Paul vom Bauhaus Luftfahrt.

Zu den weiteren Erkenntnisse aus dem Projekt zählt die Einschätzung, dass bei künftig weiteren Verbesserungen der Speicherkapazität von Batterien auch eine rein elektrische Reichweite über 200 Kilometern bei gleichem Batteriegewicht denkbar ist. Zudem würde die – allerdings besonders kostenintensive – Entwicklung neuer Flugzeugkonfigurationen etwa mit zahlreichen verteilten elektrischen Propellern an den Tragflächen in Kombination mit einer modernen leichteren Flugzeugbauweise ebenso die Reichweite des vollelektrischen Flugs erweitern, äußern die Forscher und folgern: „Vollelektrische Flüge von über 400 Kilometern sind aus diesen Gründen in Zukunft durchaus denkbar.“

Zusätzlich zur Analyse der technischen Möglichkeiten haben sich die Wissenschaftler auch mit einer Marktanalyse möglicher Einsatzfelder elektrischer Commuter-Flugzeuge beschäftigt. Neben dem verbreiteten klassischen Einsatzbereich als kleine Zubringerflugzeuge für entlegene Regionen mit wenig Passagieraufkommen (beispielsweise in Kanada) identifizierten sie auch einen Bedarf für mittelgroße Städte in Europa, die über unzureichende Direktanbindungen unter anderem an große Ballungszentren verfügen. „Für diese Städte wäre ein wirtschaftlich tragbarer regionaler Flugtaxidienst von kleineren Flugplätzen aus denkbar“, schreibt das DLR. Für Deutschland seien solche Strecken beispielsweise Mannheim-Berlin, Bremen-Berlin oder auch Münster-Leipzig.

Bis dato ist die Commuter-Klasse in der Luftfahrt eine Nischen-Kategorie. Weltweit sind nach Angaben des DLR rund 3.000 solcher Flugzeuge im Einsatz, wobei in den vergangenen Jahren im zivilen Bereich nur etwas mehr als ein Dutzend 19-Sitzer pro Jahr neu ausgeliefert worden sei. Wirtschaftlich herausfordernd gegenüber konventionell betriebenen Commuter-Flugzeugen sind für die oben genannten Szenarien zudem bisher noch die geringe Anzahl von etwa 1.000 Ladezyklen der Batterien und die vergleichsweise geringen CO2-Preise. Erhöhten sich diese Faktoren zukünftig, stiegen ebenfalls die wirtschaftlichen Perspektiven elektrischer Flugzeuge, so das Analyseteam.
next-mobility.news, dlr.de

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