DLR und HWA zeigen „umweltfreundlichstes Straßenfahrzeug der Welt“

Mit dem Prototyp Zero Emission Drive Unit – Generation 1 (kurz ZEDU-1) hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zusammen mit dem Automobilunternehmen HWA „das im Betrieb umweltfreundlichste Auto der Welt“ entwickelt und erfolgreich getestet. Die Besonderheit liegt nicht nur im emissionsfreien Antrieb.

Abgesehen von der Tatsache, dass der Antrieb elektrisch ist, nennt das DLR keine weiteren Details zur Antriebstechnik des Fahrzeugs – was auch kaum verwundert, denn der E-Antrieb an sich setzt im Fahrzeug selbst quasi keine Schadstoffe frei. Für die Emissionen, um deren Vermeidung es beim ZEDU-1 geht, sind andere Komponenten verantwortlich: Das Elektroauto vermeidet weitestgehend den Ausstoß von Feinstaub und Mikroplastik, der durch den Abrieb von Bremsen und Reifen entsteht.

Hierfür wurde ein komplett neues Bremssystem entwickelt: Die offen im Radkasten verbaute Scheibenbremse, bei der mikrofeine Partikel abgerieben werden und in die Luft gelangen, wurde durch gleich zwei Alternativsysteme ersetzt. Eine kleine Lamellenbremse wurde direkt in die Elektromotor-Getriebeeinheit integriert. Da der Großteil der Verzögerung über die Rekuperation erfolgt, konnten die mechanischen Komponenten der Lamellenbremse kleiner und leichter werden. Zudem befinden sich die Lamellen in einem Ölbad – der Abrieb landet also im Öl und dann im Ölfilter und nicht in der Umwelt. Zusätzlich zur mechanischen Lamellenbremse hat das Team für den ZEDU-1-Prototyp eine Induktionsbremse entwickelt, die „fast bis zum Stillstand“ verschleißfrei verzögern soll.

Das optisch deutlich auffälligere Merkmal des Testträgers sind jedoch die verkleideten Radhäuser, die den Reifenabrieb verringern sollen. Da die Scheibenbremse im Radkasten entfällt, konnte der Luftfluss innerhalb des Radkastens neu gestaltet werden. Der für das ZEDU-1 charakteristische geschlossene Radkasten ist aerodynamisch so ausgelegt, dass beim Fahren ein Unterdruck entsteht. Der Reifenabrieb sammelt sich dadurch an einer bestimmten Stelle. Laut dem DLR werden die Partikel dort abgesaugt und in einem Filter – ähnlich einem Staubsauger – gefangen. Aus dem Fahrzeug selbst tritt nur gereinigte Luft aus.

Über den Sommer wurde der Prototyp getestet – sowohl auf dem institutseigenen Rollenprüfstand als auch dem Gelände des Prüfzentrums Boxberg. „Was wir jetzt schon sagen können, ist dass wir den Bremsabrieb komplett vermeiden können“, sagt Projektleiter Franz Philipps vom DLR-Institut für Fahrzeugkonzepte. „Beim Reifenabrieb haben unsere Messungen gezeigt, dass wir bis zu einer Geschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde, den Reifenabrieb komplett vermeiden und bei höheren Geschwindigkeiten um 70 bis 80 Prozent reduzieren können. Nächste Schritte sind, die Technologie gemeinsam mit der Industrie weiterzuentwickeln, um sie erfolgreich in Serie bringen zu können.“

„Das Projekt ZEDU-1 konzentriert sich auf die Komponenten, die bislang eher wenig Beachtung gefunden haben und nun von der EU-Kommission nach und nach durch gesetzgebende Maßnahmen in ihren Emissionen geregelt werden: nämlich Bremsen und Reifen“, sagt Tjark Siefkes, Direktor des DLR-Instituts für Fahrzeugkonzepte in Stuttgart. „Unser Konzept besitzt einen hohen Wirkungsgrad, ist ausgesprochen kompakt, alltagstauglich und vielseitig einsetzbar ist. Es lässt sich direkt auf zukünftige PKW und Nutzfahrzeuge übertragen.“

Bei dem Projektpartner HWA AG handelt es sich um ein Unternehmen mit Mercedes-Bezug: Die HWA AG wurde von AMG-Mitgründer Hans-Werner Aufrecht gegründet, als AMG zu 100 Prozent von Daimler übernommen wurde. Seitdem hat sich das Unternehmen auf Motorsport-Einsätze für Mercedes-Benz aber auch den Fahrzeug- und Komponentenbau konzentriert. So war HWA ein Jahr lang unter eigenem Namen als Vorhut für das Mercedes-EQ-Werkstram in der Formel E aktiv (später Weltmeistertitel mit Nyck de Vries und Stoffel Vandoorne). Unabhängig davon ist HWA auch Teil eines Konsortiums, dass die Wasserstoff-Rennserie Hyraze League vorantreiben will. Seit der Ankündigung 2020 ist es aber sehr ruhig um dieses Projekt geworden.
dlr.de

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