Tesla Model 3 Highland: Spürbar besser, aber nicht perfekt
Erfolg lässt sich manchmal in Zahlen belegen: Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) weist für 2023 genau 15.865 neu zugelassene Tesla Model 3 aus. Die elektrische Limousine liegt vor dem formal vergleichbaren Hyundai Ioniq 6 (5.589 Stück) oder dem etablierten BMW i4 (12.869). Vier Jahre nach der Markteinführung ist es Zeit für eine gründliche Überarbeitung und eine ausführliche Probefahrt: Nach 706 Kilometern im Model 3 Highland Long Range (ab 51.990 Euro) ist klar, dass die Debatte um die fehlenden Hebel für Blinker und Fahrstufenwahl übertrieben ist. Was dieses Elektroauto ausmacht, ist die Verbindung aus sensationeller Sparsamkeit und verbesserter Geräuschdämmung.
Das Model 3 an sich ist sattsam bekannt. In Abgrenzung zum Model Y, dem meistverkauften Auto der Welt, hat es zwar weniger Platz und keine Heckklappe. Im Gegenzug fährt es sich ungleich agiler, angenehm direkt und spielerisch. Die deutlich überarbeitete Fahrwerksabstimmung des Highland ist gelungen. Zwar sollten potenzielle Kundinnen und Kunden nicht das Level eines BMW erwarten. Allerdings sind Schwächen wie zum Beispiel die unterdämpfte Hinterachse abgeschafft. Das Model 3 ist auch bei höheren Tempi fahrsicher und bleibt komfortabel gefedert. Nur das Abrollen auf kurzen Stößen ist noch nicht ideal.
Wirksamere Geräuschdämmung, hohe Karosseriesteifigkeit
Einen wesentlichen Beitrag zum besseren Gesamtkomfort leistet die wirksamere Geräuschdämmung des Fahrwerks. Hier gab es im Vergleich zum Wettbewerb einen erkennbaren Nachholbedarf. Ein leises Elektroauto wirkt zugleich hochwertiger. Die Karosseriesteifigkeit ist wie gehabt hoch, es gab kein Knistern im Innenraum oder gar ein Knarzen vom Lenkrad, wie es bei sehr frühen Exemplaren gelegentlich zu finden war.
Bei der Außengestaltung des Model 3 Highland hat sich Tesla der branchenüblichen Rezepte für ein Facelift bedient. Innen ist mit Liebe zum Detail gearbeitet worden. In Auszügen: Für die Passagiere auf den Rücksitzen gibt es ein kleines zentrales Bedienpaneel. Hier kann unter anderem der Beifahrersitz nach vorne verstellt werden. Chauffeurmodus. Es gibt hinten einen Kleiderhaken und ein gut ausgerichtetes Spotlight. Ein Fortschritt für vorne ist zum Beispiel der höhenverstellbare Gurt. Eine Kleinigkeit? Ja, aber ein Plus für die Sicherheit.
Die Blinkertasten polarisieren
Die Diskussion beim Model 3 Highland fokussiert sich meistens auf das Bedienkonzept: Tesla hat den Blinkerhebel durch Tasten im Lenkrad ersetzt, und die Fahrstufenwahl (P, D, R und N) ist an den linken Rand des Zentralscreens gewandert. Wischen, fahren. Der Warnblinker wiederum wird durch eine haptische Taste über dem Innenspiegel im Dachhimmel betätigt.
Es gibt in dieser Sache nur Befürworter oder Ablehner und wenig dazwischen. Der Autor dieses Textes bekennt sich zur „für mich kein Problem“-Fraktion. Es wäre vielleicht netter gewesen, die Tipptaster nicht untereinander (lässt sich wegen eines definierten Grates dazwischen blind bedienen), sondern wie im Toyota bZ3 links und rechts ins Lenkrad zu integrieren. Subjektiv störend war einzig das Blinken beim Ausfahren aus einem Kreisel, weil der Blick zuerst aufs Lenkrad gerichtet werden muss, um die korrekte Richtung anzugeben.
Intuitiv und für jeden Menschen ist dieses Layout ganz sicher nicht geeignet. Eine Probefahrt vor dem Kauf ist zwingend erforderlich.
Jedenfalls ist es faszinierend, dass der Blinker perfekt zwischen dem Wunsch nach Fahrstreifenwechsel – also der Tippfunktion bei der konventionellen Hebelbedienung – in der Stadt oder auf der Autobahn einerseits und dem Abbiegen an einer Ampel andererseits unterscheidet. Wahrscheinlich erkennt das Model 3 das über die Position auf der Straßenkarte sowie den Lenkwinkel.
Warten auf FSD 12.3 für Europa
Zu den Assistenzsystemen: Neu, weil ab Juli gesetzlich vorgeschrieben, ist die akustische Warnung beim Überschreiten der erlaubten Geschwindigkeit. Das zweifache Bing-Bing kann durch Antippen des Tempolimitsymbols (da, wo bisher die Übernahme in den Autopilot händisch bestätigt wurde) gemutet werden. Die meisten Hersteller haben so einen Universalabschaltknopf eingeführt, weil die Verkehrszeichenerkennung zu oft defizitär ist – leider auch im Tesla Model 3, das regelmäßig falsche Geschwindigkeiten anzeigt und Ortsschilder komplett ignoriert.
Überhaupt repräsentiert der Autopilot nicht mehr den aktuellen Stand der Assistenzsysteme im Wettbewerbsumfeld. Zu häufig verzögert der Autopilot, obwohl es keine Notwendigkeit gibt – etwa bei entgegenkommenden Pkw auf der Landstraße oder wenn auf der dritten Spur der Autobahn zwei Lkw überholt werden. In mindestens zwei Fällen wurde außerdem eine Notsituation erkannt, auch wenn die Realität ungefährlich war: Phantombremsung.
Ein zusätzlicher Mangel am Testwagen war eine sporadisch und nicht reproduzierbar auftretende vertikale Vibration im Lenkrad bei 120-130 km/h, die von einem tieffrequenten Brummton begleitet wurde. Das ist erwähnenswert, weil das zwar selten vorkommt, aber offenbar kein Einzelfall ist, wie die Suche im Tesla-Forum zeigt.
Supereffizient, hohe Reichweite
Herausragend im besten Sinn war dagegen der Stromverbrauch: Im Mittel waren es über 706 Kilometer nur 15,9 kWh/100km. Zugegeben, die äußeren Bedingungen waren im sehr milden norddeutschen Frühling bei Windstille gut. Trotzdem ist in der Fahrstrecke ein hoher Autobahnanteil enthalten, was den Durchschnittswert nach oben treibt.
Bei Richtgeschwindigkeit 130 km/h zeigte der Bordcomputer lediglich 16 kWh/100km an. Aus dem angenommenen Energieinhalt von 79 kWh (Tesla macht keine Werksangabe) resultieren so fast 500 Kilometer Reichweite. Der WLTP-Normwert mit den montierten 18-Zollfelgen Photon liegt bei 678 Kilometern. Ja, im Winter ist es weniger. Aber es gibt eben vier Jahreszeiten und nicht nur eine grimmige.
Erstklassig waren auch die im fließenden Stadtbetrieb (12,7 kWh/100km) und auf einer Überlandtour (11,4 kWh/100km) abgelesenen Werte. Kurzzeitig waren auf Landstraßen sogar unter 10 kWh/100km feststellbar. Das andere Ende markiert eine aggressiv genommene Etappe auf der Autobahn und bis zur Spitzengeschwindigkeit: Mehr als 30,5 kWh/100km waren selbst bei üblem Stromfuß nicht möglich.
Ladegeschwindigkeit nur Mittelmaß
Die enorme Reichweite und die Supereffizienz trösten über die Ladezeit: An einem Supercharger V3 vergingen 28 Minuten für den Ladehub von 21 auf 80 Prozent. Und an einem 300-kW-Ladegerät von EnBW waren es 31 Minuten für 14-80 Prozent. Das ist Mittelmaß. Anmerkung: Die Vorkonditionierung ist neuerdings bei allen Anbietern per Zielführung möglich. Und die bei EnBW verbreitete DC-Ladestation Alpitronic Hypercharger HYC300 ist zwar auf 500 statt 625 Ampere bei den Superchargern begrenzt. Dieses Mehr lässt sich jedoch nur bei noch niedrigeren Ausgangsladeständen in eine marginale Zeitverkürzung umsetzen. An den neueren HYC400 können auch Teslas kurzzeitig mit mehr als 200 kW laden.
Alternativen Hyundai Ioniq 6 und Model 3 Basisversion
Zwei Konkurrenten sind schneller: Da ist zuerst der Hyundai Ioniq 6, der mit großer Reichweite bei gleichfalls exzellenter Effizienz überzeugen kann. Der Ioniq 6 braucht im Praxistest 20 oder weniger Minuten, um von zehn auf 80 Prozent zu kommen. Und es muss wohl so direkt gesagt werden: Der Hyundai wird nicht wegen, sondern trotz seines Designs gekauft.
Der zweite Alternative ist das Model 3 Highland in der Basisversion. Es kostet 9.000 Euro weniger (42.990 Euro), hat Heck- statt Allradantrieb und weniger Leistung (6,1 statt 4,4 Sekunden) und vor allem die LFP-Zellen von BYD. Wir konnten diesen Antriebsstrang im Dezember in einem Model Y ausprobieren und waren beeindruckt: Tesla steuert die LFP-Zellen so gekonnt, dass auch mit dem 400 Voltsystem und bei winterlichen Außentemperaturen 20 Minuten für den Standardhub von zehn auf 80 Prozent vergingen.
Dennoch ist das Tesla Model 3 Highland Long Range die Empfehlung für all jene Menschen, die regelmäßig auf der Autobahn unterwegs sind. Die Effizienz ist verblüffend, das Geräuschniveau gesunken und das Fahren eine Freude. Mit Allradantrieb ist die Traktion bei Nässe und auf Schnee besser als nur mit Heckantrieb. Und mit einem Preis ab 51.990 Euro bleibt das Model 3 Long Range auch bei Mehrausstattung unter dem auf 70.000 Euro angehobenen Schwellenwert für die 0,25-Prozent-Versteuerung von Dienstwagen. Das Model 3 bleibt ein gelungenes Gesamtpaket – nur bei den Assistenzsystemen muss sich Tesla endlich bewegen.
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