Verwirrung um mögliches Türkei-Werk von Chery

Seit dem vergangenen Jahr halten sich hartnäckig Gerüchte, dass der chinesische Autokonzern Chery ein E-Auto-Werk in der Türkei bauen will. Nun hat die türkische Regierung Vollzug gemeldet – allerdings hat Chery dies umgehend dementiert.

Bild: Omoda

Laut der türkischen Regierung soll in der Schwarzmeerprovinz Samsun eine Produktionsstätte entstehen, in der jährlich 200.000 Elektro- und Hybridautos von Chery gebaut werden sollen, das in ersten europäischen Ländern mit den Marken Omoda, Jaecoo und Exlantix aktiv ist. Das Investitionsvolumen dafür soll bei einer Milliarde Dollar liegen. Das Merkwürdige daran aber: Chery hat einen entsprechende Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg umgehend dementiert. Wie wiederum die Nachrichtenagentur Reuters meldet, erklärte Chery kurz darauf: „Der Bericht des ausländischen Nachrichtendienstes ist unwahr. Chery hat keine Pläne, eine Fabrik in der Türkei zu bauen. Wir suchen Partnerschaften mit Dritten, um das Geschäft in der Türkei auszubauen.“

Die Lösung könnte freilich in der Formulierung „Partnerschaften mit Dritten“ liegen. Denn wie Reuters ebenfalls schreibt, betonte ein Beamter des türkischen Industrieministeriums, dass es die Partner von Chery seien, die die Investition tätigen – also nicht Chery selbst. Theoretisch denkbar wäre aber auch ein Ablenkungsmanöver der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan, die sich nach der umstrittenen Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters und Erdoğan-Rivalen Ekrem İmamoğlu mit massiven Protesten gegen die eigene Politik konfrontiert sieht.

Der Beamte des Industrieministeriums sagte gegenüber Reuters weiter, dass unter den 19 neuen Investitionsplänen, die Präsident Erdoğan angekündigt habe, „eine Produktionsanlage in Samsun für Elektro- und Hybridfahrzeuge und deren Teile ist, die bis zu 1 Milliarde Dollar erreichen soll und von Chery-Partnern durchgeführt wird“. Die geplante Anlage in Samsun könnte den Autoexport per Schiff sowohl nach Europa als auch nach Zentralasien erleichtern. Zusätzlich soll laut dem Beamten vor Ort auch ein Forschungs- und Entwicklungszentrum eingerichtet werden. An dem Standort sollen demnach rund 5.000 Arbeitsplätze geschaffen werden.

Gerüchte über ein E-Auto-Werk von Chery in der Türkei gibt es seit vergangenem Sommer. Damals hatte der türkische Industrieminister Fatih Kacir verkündet, das Land verhandele sowohl mit Chery als auch mit BYD über den Bau von Produktionsanlagen in der Türkei. Bei BYD konnte das Land kurz darauf Vollzug melden: Der chinesische Autobauer errichtet für rund eine Milliarde Dollar ein Werk in der Provinz Manisa im Norden der Hafenstadt Izmir. Das Werk soll eine Jahreskapazität von 150.000 Fahrzeugen haben und Ende 2026 in Betrieb gehen.

Das Werk in der Türkei wäre unterdessen für Chery der zweite Produktionsstandort des Unternehmens in Europa. Im November 2024 hatte Chery im Rahmen seiner Kooperation mit Ebro-EV Motors seine Produktion in einem ehemaligen Nissan-Werk in Barcelona gestartet. Gebaut wird dort zunächst das als reiner Verbrenner und als PHEV erhältliche SUV-Modell S700 der Marke Ebro. Damit ist das erste Modell aus der ehemaligen Nissan-Fabrik doch nicht wie zunächst angekündigt ein Elektroauto der Chery-Marke Omoda.

Chery wollte eigentlich bereits im ersten Halbjahr 2024 in Deutschland starten und sein erstes Modell mit Elektroantrieb auf den deutschen Markt bringen, den Omoda 5 EV. Der Start hat sich aber verzögert und ist bis heute nicht erfolgt. In manchen europäischen Ländern wie z.B. Spanien ist der Marktstart von Omoda aber bereits erfolgt.

bloomberg.com, reuters.com

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