
Mini Cooper E im Test: Der Charme bleibt – doch was kann das Technik-Upgrade?
Die BMW Group hat ihren Plan für die Produktion von Elektroautos der Marke Mini im englischen Werk Oxford auf Eis gelegt. Während der Vorgänger des elektrischen Cooper noch aus Großbritannien kam, trifft das auf die Neuauflage nicht mehr zu. Gebaut wird diese nun ausschließlich von Spotlight Automotive, einem Joint Venture zwischen BMW und Great Wall Motor, im chinesischen Zhangjiagang.
Zwar hat Great Wall Motor mit dem Ora 03 selbst einen E-Kleinwagen im Retro-Look im Angebot, der optisch ein wenig an den Mini erinnert. Doch trotz der Kooperation und ähnlicher technischer Daten auf dem Papier gehen die beiden Stromer technisch getrennte Wege. Der Ora 03 – so viel kann ich vorab verraten – liegt nach meinem Gesamteindruck deutlich hinter dem Cooper E. Und so steht im Mittelpunkt des Fahrberichts der Vergleich mit der vorherigen Generation des elektrischen Minis.
Design: Evolution statt Revolution
Schon auf den ersten Blick zeigt sich: Viel hat sich nicht getan. Die kurzen Überhänge und das fast kart-artige Profil sind geblieben. Bei den Abmessungen hat das Modell nur geringfügig zugelegt. Die gesamte Linienführung wirkt inzwischen jedoch klarer, aufgeräumter und erwachsener.
Die Unterschiede liegen im Detail: Zwar ist es bei den klassischen Rundscheinwerfern vorn geblieben, der Kühlergrill erhielt jedoch einige Kanten und wurde zu einem markanten „oktogonalen Grill“, der gemeinsam mit den Scheinwerfern die Frontpartie prägt. Neben den deutlich kantigeren Außenspiegeln wurden ferner die Türgriffe flächenbündig integriert. Auch beim Design der in Dreiecksform gehaltenen Heckleuchten bricht die neue Cooper-Generation mit dem bisherigen Marken-Design. Die angedeutete, britische Flagge musste zudem weichen. Je nach Ausstattung können die Heckleuchten mit verschiedenen Lichtsignaturen konfiguriert werden.
Hoher Grad an Individualisierung
Ohnehin hat Mini das Thema Individualisierung bei der Entwicklung ganz nach oben auf die Liste gesetzt. Es verwundert daher wenig, dass die vier Ausstattungslinien „Essential Trim“, „Classic Trim“, „Favoured Trim“ und „John Cooper Works Trim“ sich weiter auf die eigenen Bedürfnisse hin recht individuell anpassen lassen. Aber: Nicht alles lässt sich miteinander kombinieren. Schade – der Konfigurator kann einen schnell zur Weißglut bringen.










Vor mir stand nun der Mini Cooper E mit der Ausstattung „Classic Trim“ in der Farbe „Blazing Blue“ und in weiß gehaltenen Außenspiegeln sowie Dach. Das Highlight der aktuellen Mini-Generation ist jedoch – beim Testwagen in der Farbe Anthrazit – das Interieur. Besonders das jetzt freischwebende OLED-Display mit 240 Millimetern im Durchmesser sticht hervor. Darunter befindet sich eine neu gestaltete Toggle-Leiste – Mini bleibt sich auch hier treu – mit fünf Schaltern, die die Funktionen Parkbremse, Gangwahlstufe, Start-/Stopp-Schalter, Wahl des Experience-Modus und den Lautstärkeregler beherbergen. Das Fahrerinformationsdisplay ist weggefallen, stattdessen bietet Mini optional ein Head-up-Display an. Das Cockpit wurde insgesamt deutlich verschlankt und wirkt keineswegs mehr überfrachtet.
Trotz der deutlichen Reduzierung an Anzeigen und Bedienelementen hat Mini nicht die Liebe zum Detail verloren. So taucht der optionale Projektor an der Rückseite des OLED-Displays die Armaturentafel in unterschiedliche Farbwelten und Muster. Die untere Speiche beim dreispeichigen Lenkrad wurde durch ein Textilband ersetzt – das sich auch über dem Handschuhfach wiederfindet. Die Materialwahl und Verarbeitung überzeugen: Textiloberflächen mit Strickstruktur, die bereits genannten, sorgfältig verarbeiteten Zierelemente und die Ambientebeleuchtung schaffen ein stimmiges und vor allem qualitativ hochwertiges Gesamtbild.
Fahrspaß pur
Wer noch mehr Individualität möchte, kann zwischen diversen „Experience Modes“ wählen. Diese beeinflussen zwar nicht die Fahreigenschaften, passen aber unter anderem die Lichtinszenierung im Innenraum an. Für unterschiedliche Fahreigenschaften muss einer der „Mini Modes“ – ja, auch ich musste da erst einmal durchblicken – gewählt werden, wodurch sich aber wiederum Farben und Anzeigen ändern lassen. Ganz zu schweigen von den jeweils passenden Sounds, die glücklicherweise nur zum Start nervig sein können und mit zunehmender Geschwindigkeit verstummen.
Unter den Fahr-Modi bietet sich der „Core Mode“ vorwiegend für längere Etappen an. Statt Fahrdynamik steht hier Komfort im Vordergrund. Der Modus macht seinen Job grundsätzlich gut, was jedoch vor allem für Autobahnfahrten gilt. Bei Stadt- und Landstraßenfahrten mit vielen Kurven empfand ich das Fahrwerk hingegen als zu schwammig, die Lenkung als zu indirekt.
Für den größten Fahrspaß sorgte allerdings der „Go-Kart Mode“. Bei diesem Modus müssen logischerweise Zugeständnisse beim Federungskomfort gemacht werden. Der Mini liegt hart wie ein Brett auf der Straße und schafft es, das bekannte „Go-Kart“-Feeling auf die Straße zu bringen. Eine straffe Lenkung untermauert das sportliche Fahrgefühl – wie ein kleiner Kurvenräuber. Ob ich Spaß hatte? Mein Grinsen müssen Sie sich an dieser Stelle bildlich vorstellen. Wem die Standardeinstellungen in dem Modus nicht zusagen, der kann das Fahrwerk oder auch die Fahrdynamik individuell auf die eigenen Bedürfnisse dann doch noch anpassen. Ebenfalls gelungen: Die neue Rekuperation – fest oder adaptiv einstellbar – funktioniert feinfühlig und ermöglicht echtes One-Pedal-Driving.
Leistung und Reichweite: ausreichend
Egal, für welchen Fahr-Modus man sich letztlich entscheidet: Für den Vortrieb sorgt beim Mini Cooper E weiterhin ein E-Motor an der Vorderachse mit einer Leistung von 135 kW. Auch bei der Beschleunigung von 0 auf 100 km/h bleibt es bei 7,3 Sekunden. Schluss ist bei 160 km/h – vollkommen ausreichend, wie sich bei meinem Test zeigte. Vermisst habe ich nichts. Sollte einem das dennoch nicht reichen, gibt es mehr ab der Variante Cooper SE, die es auf 160 kW, 6,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h und maximal 170 km/h bringt. Und noch einmal mehr bietet die Variante John Cooper Works mit 190 kW, 5,9 Sekunden und 200 km/h in der Spitze.
Cooper E | Cooper SE | JC Works Electric | Cooper SE (alt) | |
---|---|---|---|---|
Antrieb | FWD | FWD | FWD | FWD |
Leistung | 135 kW | 160 kW | 190 kW | 135 kW |
Höchstgeschwindigkeit | 160 km/h | 170 km/h | 200 km/h | 150 km/h |
0-100 km/h | 7,3 s | 6,7 s | 5,9 s | 7,3 s |
Batterie (netto) | 36,6 kWh | 49,2 kWh | 49,2 kWh | 28,9 kWh |
Batterie (brutto) | 40,7 kWh | 54,2 kWh | 54,2 kWh | 32,6 kWh |
Reichweite (WLTP) | 300 km | 400 km | 371 km | 234 km |
AC-Ladeleistung | 11 kW | 11 kW | 11 kW | 11 kW |
AC-Ladezeit (0-100 %) | 4:15 h | 5:15 h | 5:15 h | 3,5 h |
DC-Ladeleistung | 75 kW | 95 kW | 95 kW | 50 kW |
DC-Ladezeit (10-80 %) | 28 min | 30 min | 30 min | 35 min |
Preis | 28.150 Euro | 31.650 Euro | 40.650 Euro | k.A. |
All der Fahrspaß hat jedoch auch einmal ein Ende – beim Cooper E oft schneller, als einem lieb sein mag. Nicht umsonst bezeichnet Mini das Modell als „konsequent auf urbanen Fahrspaß ausgerichtet“. So sind mit dem 40,7-kWh-Akku (brutto, 36,6 kWh netto) laut WLTP bis zu 300 Kilometer möglich. In der Praxis bleiben davon – je nach Fahrweise, Witterung und Streckenprofil – etwa 210 bis 240 Kilometer übrig. Ein größerer Grund für den Griff zur Variante Cooper SE dürfte weniger das Mehr an Leistung sein, sondern der deutlich größere Akku, der dann 54,2 kWh (brutto, 49,2 kWh netto) bietet. Mit ihm sind bis zu 100 Kilometer mehr möglich. Im Vergleich zur Konkurrenz muss sich der Mini damit nicht verstecken.
Kleine Ladehemmung
Ist der Akku leer, lässt dieser sich an der heimischen Wallbox mit bis zu 11 kW in gut 4:15 Stunden vollständig aufladen. Wünschenswert wäre hier durchaus ein 22-kW-Onboard-Lader gewesen, den man auch beim großen Akku vergeblich sucht. Kein Beinbruch. Doch mit der urbanen Ausrichtung hätte man vor allem an öffentlichen AC-Ladesäulen schneller wieder Platz an der Säule machen oder in der gleichen Zeit mehr Reichweite gewinnen können.
Zumal die DC-Ladeleistung nur bei maximal 75 kW liegt. So benötigt der Ladevorgang von zehn auf 50 Prozent gute elf Minuten, auf 80 Prozent ganze 28 Minuten. Damit befindet sich der Mini Cooper E zwar im Bereich der sich eingebürgerten 30 Minuten für den Lade-Hub – etwas schneller dürfte es allerdings schon sein. Gerade auch mit Blick auf die verfügbare Reichweite. Da beruhigt nur bedingt, dass der Vorgänger 35 Minuten benötigte. Auch hier dürfte die Wahl eher auf den Cooper SE mit größerem Akku fallen, der mit seinen maximal 95 kW von zehn auf 80 Prozent zum Vergleich nur 30 Minuten braucht. Ein Quantensprung ist die Ladeperformance allerdings auch nicht.
Egal, ob kleiner oder großer Akku – um die maximale Ladeleistung abrufen zu können, hilft die Vorkonditionierung. Hierfür muss die Routenplanung aktiviert werden und Ladestopps entweder automatisch eingeplant oder explizit eine Ladesäule angesteuert werden. Mini ermöglicht hierfür, Ladesäulen nach Leistung, Ladeanschluss oder auch Zugangsart (Plug&Charge, App, RFID-Karte) zu filtern. Leider muss dieser Filter bei jedem neuen Fahrtantritt erneut eingestellt werden. Dafür bietet die Routenplanung mit Ladestopps eine sehr gute Übersicht darüber, mit wie viel Prozent man an der jeweiligen Ladesäule ankommt, wie viel geladen werden muss und wie lange der Stopp letztlich dauert, bevor die Reise weitergehen kann.
Infotainment, Vernetzung und Assistenten
Eine SoC-Anzeige über den aktuellen Akkustand habe ich auf der Übersichtsseite des riesigen Displays jedoch schmerzlich vermisst. Hierfür muss man sich umständlich durch das recht verschachtelte Infotainment-Menü klicken. Und mit einer besseren Unterteilung müsste man nicht teils sehr lange scrollen, um bestimmte Informationen abrufen zu können. Weniger überzeugend: Die Darstellung von Apple CarPlay oder Android Auto wirkt auf dem runden Display bisweilen gequetscht. Immerhin läuft das eigens entwickelte „Mini Operating System 9“ auf Basis des Android Open Source Project schnell und flüssig.






An dieser Stelle könnte ich Ihnen noch einiges über den hohen Grad der Vernetzung und des Mini-Angebots erzählen – egal, ob es um buchbare Zugänge für Gaming-, Musik- und Video-Streaming oder um den „Intelligent Personal Assistant“ geht, der auf sich wiederholenden Strecken kontinuierlich dazu lernt und so durch geobasierte Daten zum Beispiel erkennen kann, dass beim Einfahren ins Parkhaus automatisch das Fenster geöffnet werden soll. Und dann wären da noch die Assistenzsysteme, die einen sehr guten Job machten. Spurhalteassistent, Tempomat oder auch die Stop-and-Go-Funktion im Stau arbeiteten stets zuverlässig – nichts anderes erwartet man allerdings auch von der BMW Group. Dennoch ist es erstaunlich, was die BMW-Marke in einem elektrischen Kleinwagen alles anbietet – und damit deutlich mehr als die Konkurrenz derzeit.
Fazit
Mini hat mit dem Cooper einen vorzeigbaren E-Kleinwagen auf die Beine gestellt. Ein Raumwunder ist das Modell freilich nicht. Im Fond geht es weiterhin sehr beengt zu. Großgewachsene werden es schwer haben, hinten Platz zu nehmen. Auch das Kofferraumvolumen ist mit seinen 210 Litern weiterhin sehr überschaubar.
Die Stärken liegen hingegen in der hohen Individualisierung, der umfangreichen Vernetzung, der Vielzahl an Assistenten – und letztlich, dem vielleicht für Mini-Fans wichtigsten Punkt – dem enormen Fahrspaß. Und all das gibt es zu einem in meinen Augen fairen Preis. Bereits der Cooper E bietet in der Basis ab 28.150 Euro nahezu alle Assistenzsysteme serienmäßig. Für mehr Reichweite empfiehlt sich der Griff zum Cooper SE, der ab 31.650 Euro zu haben ist.
Doch wer unabhängig von der Variante das Head-up-Display, Wireless Charging für das Smartphone, die Mini Experience Modes oder gar eine Sitzheizung für Fahrer und Beifahrer haben möchte, muss eines der aufpreispflichtigen Pakete buchen. Gleiches gilt für Änderungen bei Außen- und Dachfarbe, Felgendesigns oder beim Interieur, die den Preis schnell in die Höhe treiben. Ob Flottenbetreiber das Lifestyle-Gefährt in ihren Fuhrpark aufnehmen, wird letztlich vor allem eines entscheiden: eine möglichst attraktive Leasingrate.
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