Haben die Deutschen ihre Liebe zum E-Auto entdeckt?
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Es gibt so viel Gründe, die gegen ein Elektroauto sprechen. Viele davon gehören ins Reich der Mythen, werden aber weiterhin häufig verbreitet, Aber Moment mal, sind die eigentlich noch relevant? Oder ist die Kundschaft längst schlauer? Das hat uns Martin Endlein in dieser Episode von „eMobility Insights“ verraten. Er leitet die Unternehmenskommunikation bei der DAT Group und fragt mit dem DAT Barometer regelmäßig die Kaufabsichten der Konsumenten ab. Wollen sie Benziner, Hybride oder Elektroautos? Wollen sie Neuwagen oder Gebrauchte? Im Juni hat Endleins repräsentative Umfrage unter Autokäufern, die sich bereits im Kaufprozess befinden, etwas Bemerkenswertes ergeben: Unter den Neuwagenkaufplanern würden 34% ein Elektroauto wählen, 25% ziehen einen Benziner vor, und fast genauso viele favorisieren einen Plug-in-Hybrid (PHEV). Damit liegt das E-Auto in der Gunst deutscher Privatkunden erstmals vorne!
Elektromobilität überholt Verbrenner – zum ersten Mal
Elektromobilität ist also im deutschen Automarkt angekommen – und das mit einem historischen Meilenstein: „Zum ersten Mal hat der rein elektrische Antrieb im DAT Barometer alle anderen Antriebe überflügelt“, betont Martin Endlein im Gespräch mit electrive-Chefredakteur Peter Schwierz. Diese Entwicklung wird insbesondere von der steigenden Neugier und Offenheit der Verbraucher getragen. „Die Technologiebegeisterung der Privatkunden spüren wir tatsächlich sehr stark“, erklärt Endlein weiter. Viele Menschen wollen Elektromobilität erleben und sich selbst ein Bild machen, wie sich diese Technologie in ihren Alltag integrieren lässt. Das war mit der Einführung des Umweltbonus schon mal so.
Trotz aller Begeisterung bleibt der Markt differenziert zu betrachten. Besonders auffällig ist, dass die Einstiegshürde für viele nicht der Neuwagen ist, sondern das gebrauchte Elektroauto: „Der Weg zum Elektroauto geht bei sehr vielen Menschen über das gebrauchte Elektroauto.“ Gerade für kostenbewusste Käufer oder solche, die Elektromobilität erst einmal ausprobieren wollen, stellt der Gebrauchtmarkt den realistischeren Einstieg dar, erläutert Endlein von DAT.
Gebrauchte E-Autos: Vertrauen, Transparenz, Vorurteile
Auch wenn die Technik große Fortschritte gemacht hat, bleiben viele Gebrauchtwagenkäufer skeptisch – besonders, wenn es um die Batterie geht. Dabei stellt sich heraus: „Mittlerweile ist das Thema Reichweite fast kein Thema mehr“, so Endlein. Dennoch bleibt die Batterie als teuerstes Bauteil ein Unsicherheitsfaktor. Genau hier setzt die Branche mittlerweile mit Lösungen an: Etablierte Batteriezertifikate und Akkutests sorgen für mehr Transparenz beim Kauf und nehmen dem Kunden die Angst vor versteckten Kosten.
Trotz dieser Fortschritte bleibt ein strukturelles Problem: Der Markt für gebrauchte E-Autos ist klein. Viele Fahrzeuge stammen aus gewerblichen Leasingflotten und gelangen über Händler auf den Markt – nicht direkt von privat. Ein weiteres Hindernis: Restwerte. Große, teure E-Autos wie SUVs verlieren überdurchschnittlich stark an Wert. „Je größer, je teurer das E-Auto mal als Neuwagen war, umso schwieriger ist es, später gute Restwerte zu erzielen“, bringt Endlein das Dilemma auf den Punkt. Der Markt bevorzugt derzeit eher kompakte und bezahlbare E-Modelle mit ausgereifter Technik.
Förderpolitik mit Nebenwirkungen
Fördermaßnahmen wie der Umweltbonus oder Kaufprämien sind politisch oft gewollt – doch im Detail problematisch. Als die erste Kaufprämie kam, beobachtete die DAT einen deutlichen Einbruch bei den Restwerten gebrauchter E-Autos. Warum? Weil der Anreiz, ein neues Elektroauto mit Förderung zu kaufen, deutlich attraktiver war als der Erwerb eines jungen Gebrauchten. So blieben viele gebrauchte Stromer auf den Höfen der Händler stehen.
Martin Endlein ist überzeugt: „Die Kaufprämie ist nicht die beste Lösung, um einen Markt zu beflügeln. Die beste Lösung ist, bezahlbare Autos zu bauen.“ Nachhaltige Marktentwicklung gelingt also nicht über kurzfristige Rabatte, sondern durch eine durchdachte Produktpolitik. Statt punktueller Förderungen fordert er einen Systemwechsel: „Es gibt eigentlich nur eine einzige Lösung, um den Markt für Elektromobilität wirklich so zu unterstützen, dass alle was davon haben – und das sind einheitlich niedrige Strompreise.“ Zwei Drittel der Befragten im DAT-Barometer wünschen sich genau das: Günstiger und zu einheitlichen Preisen laden – statt hoher Kaufanreize beim Auto selbst.
Leasing als Türöffner zur Elektromobilität?
Für viele Verbraucher ist Leasing ein möglicher Einstieg in die Elektromobilität – theoretisch. Praktisch ist die Leasingquote im Privatmarkt seit Jahrzehnten stabil niedrig, unter 25 Prozent – bei Gebrauchtwagen sogar bei nur 2 Prozent. Vorbehalte gibt es bei privaten Kunden viele: Unsicherheit über Laufzeiten, Rückgabebedingungen und den Wertverlust nach Vertragsende. Dennoch: Leasing kann helfen, technologische Barrieren abzubauen, ohne langfristige finanzielle Risiken einzugehen. Für das erste Elektroauto eigentlich ideal!
Besonders spannend ist die Idee des Sozialleasings, wie es in Frankreich bereits existiert und von der SPD auch für Deutschland diskutiert wird. Ziel ist es, auch Haushalten mit geringerem Einkommen einen Zugang zur Elektromobilität zu ermöglichen. Endlein sieht hier Potenzial: Es gehe darum, Menschen die Möglichkeit zu geben, E-Mobilität im Alltag zu erleben – und dabei auch Ladeinfrastruktur, Verbrauch und Apps kennenzulernen.
Restwerte von E-Autos: Groß verliert, klein bleibt stabil
Eines der größten Probleme im Gebrauchtmarkt ist der deutliche Wertverlust bei E-Autos. Laut DAT erzielen Benziner oder Diesel nach drei Jahren oft über 64 Prozent ihres ursprünglichen Listenpreises. Elektroautos dagegen bleiben bei nur rund 51 Prozent. Ein Grund dafür ist der höhere Neupreis vieler Stromer – und der relativ geringe Erfahrungsschatz der Händler im Umgang mit gebrauchten Elektrofahrzeugen.
Auch das Angebot spielt eine Rolle: Große, leistungsstarke E-SUVs, die als Neuwagen Prestigeobjekte waren, lassen sich später nur schlecht und langsam verkaufen. Kompakte Modelle mit realistischer Alltagstauglichkeit schneiden deutlich besser ab. Die Unsicherheit bei Händlern wie Endkunden sorgt für lange Standzeiten – und damit für weiter sinkende Preise.
Vertrauen schaffen durch Alltagserfahrung
Ein zentrales Problem bleibt: Der Großteil der deutschen Autofahrer hat mit Elektromobilität noch keine persönliche Erfahrung. Und dazu gibt es Zahlen: „Von 40 Millionen privaten Pkw-Haltern in Deutschland hat erst ein Viertel selbst am Steuer eines E-Autos gesessen“, gibt Martin Endlein zu bedenken. Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass viele Entscheidungen auf Annahmen, nicht auf Erfahrungen basieren. Die gute Nachricht: Das Potenzial ist groß!
Deshalb ist es umso wichtiger, Anreize zu schaffen, E-Mobilität auszuprobieren – ob durch kurze Leasinglaufzeiten, Autoabos, Testflotten oder eben den Gebrauchtwagenkauf. Wenn sich das Fahrgefühl, das einfache Laden und die niedrigen Betriebskosten im Alltag erst einmal bewähren, kann Vertrauen entstehen – und mit ihm ein stabiler, gesunder Gebrauchtmarkt für Elektroautos.
Fazit
Die Elektromobilität ist nicht mehr aufzuhalten – aber der Weg zur flächendeckenden Akzeptanz führt über günstige Fahrzeuge und Ladepreise sowie den Gebrauchtwagenmarkt. Es braucht weniger Rabatte und mehr Vertrauen, weniger Unsicherheit und mehr Transparenz. Das Interesse der Privatkunden am Elektroauto ist da, wie dieser Podcast mit Martin Endlein und das DAT Barometer zeigen. Jetzt gilt es, die Chancen zu nutzen!
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