Baden-Württemberg: VSL initiiert privates Lkw-Ladenetz
Der Startschuss zum VSL-Ladenetzwerk erfolgte vergangene Woche bei einer Auftaktveranstaltung am Autohof in Stuttgart-Wangen. Als Organisatoren des Events traten der Verband Spedition und Logistik Baden-Württemberg (VSL), Kravag Truck Charging und die Straßenverkehrsgenossenschaft Süd (SVG Süd) zusammen auf. Ihre Idee: Speditionen sollen sich gegenseitig Zugang zu ihren Ladesäulen gewähren, sodass die Reichweite ihrer Elektro-Lkw und die Auslastung der Ladesäulen gleichermaßen erhöht werden.
Der Vorstoß fußt also auf dem Gedanken, dass Speditionen ihre betriebseigenen Ladestationen gegenüber Dritten öffnen sollten. Solche Ansätze treiben aktuell mehrere Akteure voran. So planen etwa auch Daimler Truck oder MAN halböffentliche Lkw-Ladenetze an Händler-Standorten oder bei Kunden. Im Frühjahr gab auch Kravag bereits bekannt, sich als Vermittler im halböffentlichen Lkw-Lademarkt engagieren zu wollen. Hintergrund ist, dass der zum R+V-Konzern gehörende Transportversicherer eine Lade-App entwickelt hat, über die Speditionen Lkw-Ladesäulen anbieten oder suchen können.
In Baden-Württemberg soll die Kravag-Lösung nun als Basis für solch ein privates Lkw-Ladenetz dienen. Kravag werde in den kommenden Wochen auf interessierte VSL-Mitgliedsunternehmen zugehen, um sie als mögliche Standorte einer Pilotregion Baden-Württemberg in das Netzwerk aufzunehmen, so der Verband. Das Credo: „Die Branche hilft sich selbst“.
Bei der Auftaktveranstaltung sei man auf hohes Interesse gestoßen, teilen die Verantwortlichen weiter mit. Rund 50 Teilnehmer nutzten die Plattform zu Information und Austausch. „Darunter viele inhabergeführte mittelständische Speditionen aus dem VSL, die sich als Pioniere auf den Weg gemacht haben und erste Elektro-Lkw einsetzen.“ Als Business-Partner stellte Hersteller MAN eine elektrisch angetriebene eTGX Lowliner-Sattelzugmaschine und eine mobile Lade- und Speichereinheit aus.
„Wir sind überzeugt, dass das VSL-Ladenetzwerk eine super Idee ist. Wir haben die Chance, etwas richtig Großes zu starten“, erklärte VSL-Geschäftsführer Andrea Marongiu bei der Auftaktveranstaltung. Er würdigte das Engagement der Vorreiter aus dem Verband, die bereits Elektro-Lkw einsetzen und eine entsprechende Ladeinfrastruktur aufgebaut haben. „Manche der Logistikunternehmen haben schon eine zweistellige Zahl an elektrisch angetriebenen Lkw im Fuhrpark. Zwei der Mitglieder haben in den vergangenen Wochen große Ladeparks in Betrieb genommen.“ Die Energie der Unternehmen dürfe aber nicht durch Bürokratie gebremst werden, warnt Marongiu. Dies sei etwa der Fall, „wenn die öffentliche Hand es Betreibern untersagt oder erschwert, eine geförderte Schnellladesäule auch Dritten zum Laden zur Verfügung zu stellen“. Damit verweist Marongiu auf Vorgaben des Bundes, die die Drittnutzung von KsNI-geförderten Depotladern behindern.
Davon wollen sich die Initiatoren aber nicht bremsen lassen. Kravag greift bei seinem neuen Verknüpfungsangebot auf Erfahrungen mit der Plattform Kravag Truck Parking zurück – eine seit fünf Jahren bestehende Lösung, über die Fahrer für die Nacht Zugang zu gesicherten Parkplätzen auf Betriebshöfen anderer Unternehmen erhalten. Der Grundgedanke lässt sich auf das private Ladenetz übertragen: Flottenbetreiber helfen sich gegenseitig, ein Problem zu lösen – indem sie sich Parkplätze oder nun Ladesäulen zugänglich machen.
„Unsere Sharing-Plattform ist die Antwort auf zwei Kernprobleme beim Einsatz von Elektro-Lkw“, erläuterte Co-Projektleiter Dr. Daniel Spogat von Kravag. „Die mangelnde Verfügbarkeit von öffentlicher Ladeinfrastruktur und die fehlende Wirtschaftlichkeit.“ Die Verfügbarkeit könne via Kravag Truck Charging durch fest buchbare Slots und faire, transparente Preise auf privaten Depotarealen erhöht werden. Gleichzeitig steige die Wirtschaftlichkeit der Ladeinfrastruktur, weil Unternehmen sie besser auslasten können, wenn nicht nur die eigenen Elektro-Lkw geladen werden, sondern auch die anderer Speditionen.
Gemeinsam mit dem VSL will sich Kravag mit seinem Truck-Charging-Angebot nun auf den Südwesten als Pilotregion fokussieren. Dabei sollen VSL-Unternehmen von besonderen Vorteilen profitieren: Geplant ist, dass ihre Standorte priorisiert ans Netz gehen und sie auch bevorzugt Ladesäulen buchen können. Und: Die Anbindung der Schließtechnik – zum Beispiel der Zugang durch Schranken aufs Betriebsgelände – und der Ladeinfrastruktur werden für VSL-Mitgliedsunternehmen kostenlos sein. On top sollen sie von einem ermäßigten Ladepreis profitieren. Grundsätzlich schwebt dem Kravag-Team beim Laden ein Preiskorridor von 30 bis 35 Cent pro kWh (netto) vor.
„Die Buchung ist ähnlich simpel wie bei bekannten Hotel-Buchungsplattformen“, erläutert Co-Projektleiter Thorsten Gutmann von Kravag Truck Charging. Per Desktop oder App könne sowohl der Disponent als auch der Fahrer eine Ladesäule entlang der Route reservieren. Das Entriegeln der Säule und der Start lasse sich bequem über die App steuern. Kravag kümmert sich zusätzlich um die Zahlungsabwicklung und garantiert, dass Ladesäulen-Anbieter in jedem Fall zu ihrem Geld kommen.
In den nächsten Wochen folgen nun Gespräche mit den interessierten Pilotstandorten aus dem VSL-Mitgliederkreis. Noch vor Weihnachten – so der Plan – sollen die ersten Standorte in der Plattform live geschaltet werden. „Es ist wichtig und richtig, dass sich der VSL des Themas Ladeinfrastruktur annimmt, um die Unternehmen beim Bewältigen der anspruchsvollen Antriebswende zu unterstützen“, betont VSL-Vorstandsmitglied Thomas Schwarz, Geschäftsführer der Schwarz Logistics Group aus Herbrechtingen. „Die Transformation wird von niemandem infrage gestellt. Sie hat aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation nur etwas an Tempo eingebüßt.“ Die Antriebswende werde aber nicht nur durch Umstellung vom Diesel auf Strom erfolgen, ist Schwarz überzeugt. „Es wird ein Mix sein. Dabei werden auch Wasserstoff und alternative Kraftstoffe wie HVO eine Rolle spielen.“
Der Verband Spedition und Logistik Baden-Württemberg vertritt rund 430 Mitglieder, die wiederum ca. 60.000 Mitarbeiter beschäftigen. Damit repräsentiert der VSL die drittgrößte Branche in Baden-Württemberg – mit alles in allem 400.000 Beschäftigten und rund 40 Milliarden Euro Jahresumsatz.
Quelle: Infos per E-Mail
0 Kommentare