„Electric Nation“: Smart-Charging-Projekt sieht keinen Bedarf für Netzausbau

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Das Projekt „Electric Nation“, das von 2016 bis 2019 in Großbritannien lief, bezeichnet sich selbst als „größtes Smart Charging-Projekt der Welt“. Jetzt hat eines der beteiligten Unternehmen seine Bilanz veröffentlicht. Und die überrascht im Hinblick auf den Netzausbau!

Insgesamt wurden im Rahmen des Projekts zum gesteuerten Laden von E-Fahrzeugen 673 „smarte“ Ladegeräte in den Häusern der Teilnehmer installiert. Am Projekt waren mehr als 40 verschiedene Elektrofahrzeuge beteiligt – von Plug-in-Hybriden über Fahrzeuge mit Range Extender bis hin zu vollelektrischen Autos.

Über das intelligente Ladesystem von GreenFlux wurden die Daten zu den Ladevorgängen erfasst und die Ladesessions gesteuert. Erhoben wurden unter anderem die Zeitpunkte des Ein- und Aussteckens, die Dauer des eigentlichen Ladevorgangs und die verbrauchte Strommenge. So überwachte das System den Gesamtbedarf und konnte einzelne Ladegeräte anweisen, die Ladeleistung gegebenenfalls zu verringern.

GreenFlux kommt laut einer Mitteilung zu dem Schluss, dass dank des gesteuerten Ladens keine Aufrüstung der vorhandenen Netzkapazität erforderlich ist. Damit könnten kostspielige Investitionen in das Stromnetz entfallen. Zu ähnlichen Ergebnissen ist auch die EnBW in einem Feldversuch nahe Stuttgart gekommen. Deutlich interessanter als diese Aussage eines Unternehmens, das letztlich smarte Ladelösungen verkaufen will, ist jedoch ein Blick in die Details zum Ladeverhalten.

Die meisten Fahrzeuge wurden wie erwartet zwischen 17 und 19 Uhr mit der heimischen Ladestation verbunden. Es waren aber bei weitem nicht alle: Während PHEV-Fahrer im Schnitt auf 0,76 Ladesitzungen pro Tag kamen, hingen BEV nur jeden dritten Tag an der Wallbox. Vor allem im Januar und Februar gab es jedoch mehr Ladevorgänge als etwa im August – wegen der geringeren Reichweite in den Wintermonaten.

Bei Fahrzeugen mit Batterien, die größer als 35 kWh sind, hat GreenFlux nur 0,31 Ladesitzungen pro Tag verzeichnet. Oberhalb dieses Werts gab es leider keine Unterscheidung mehr – ein Vergleich im tatsächlichen Nutzerverhalten zwischen einem BMW i3 120 Ah, einem Hyundai Kona und einem Tesla Model S mit 100-kWh-Akku wäre noch interessant gewesen.

Wichtig: Die Probanden wussten nicht, wann das Lastmanagement die Ladeleistung reduziert hat. Sie konnten ihr Verhalten also nicht an die erwartbare Reaktion des Systems anpassen. Sie haben ihr Auto nur angeschlossen und hatten am nächsten Morgen einen geladenen Akku. Beim frühabendlichen Peak war laut GreenFlux am häufigsten ein Eingriff in das Lastmanagement notwendig. Wurde zu dieser Zeit die Ladeleistung lokal gezielt reduziert, konnten die Spitzen ohne Auswirkungen auf das Stromnetz abgefedert werden.

Grafik: GreenFlux

Effizienter als die Reduzierung der Ladeleistung war in dem Versuch jedoch die Einführung von Ladezeiten (Time of Use, ToU). Das System gibt den Nutzern Anreize, eben nicht zu der problematischen Peak-Zeit zu laden.

Insgesamt haben die Autos mit kleineren Batterien (0 bis 25 kWh) pro Jahr zwischen 1.800 und 1.900 kWh geladen. Bei den Autos mit mehr als 35 kWh lag dieser Wert bei rund 3.500 kWh. Im Schnitt kann ein Elektroauto also mit dem Stromverbrauch eines mittleren Haushalts verglichen werden.
Quelle: Info per E-Mail

4 Kommentare

zu „„Electric Nation“: Smart-Charging-Projekt sieht keinen Bedarf für Netzausbau“
Andreas
29.07.2019 um 18:08
Top Information. Ernsthafte Untersuchungen anstelle von pauschaler Worst-case Szenarien sind hilfreich.
Max
02.08.2019 um 17:07
Für die Netzplanung sind aber die Worst Cases auslegungsrelevant. Ohne allgemeines Recht der Netzbetreiber zum Lastmanagement muss deshalb ohne Lastmanagement kalkuliert werden.
StromSchleuder
30.07.2019 um 08:19
Es ist gut, dass es Menschen gibt, die nicht in alten Strukturen denken, sondern einfach mal machen. Lastmanagement heisst das Zauberwort.
Anton Karelse
30.07.2019 um 10:43
Wir bei Allego haben Smart Charging und Last Management in unserem Backoffice "EV-Cloud" integriert. Das Algoritmus schickt den Ladegeräten 'Profiles' zu. Bei der maximal zur Verfügung stehende Kapazität wird kostengünstig optimiert (so viel wie möglich laden in "billige Stunden"). Die ganze Flotte ist morgens geladen.

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