BMW iX3: Aus X3 wird iX3

Elektroautos auf Verbrenner-Basis, sogenannte Conversion Vehicles, werden oft kritisiert – zu unterschiedlich sind die Anforderungen eines E-Antriebs und eines Verbrenners an Karosserie-Konzept und Raumaufteilung. Wer vermutet, der BMW iX3 wäre ein solches unglückliches Conversion Vehicle, liegt laut Christoph M. Schwarzer falsch. Das Teil ist gut geworden.

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Das wird doch nix. Ein zum iX3 umgerüsteter BMW X3 mit ein paar lächerlichen blauen Zierblenden, aerodynamisch gestalteten Leichtmetallfelgen und geschlossenem Kühlergrill. Ein Conversion Vehicle aus dem Bilderbuch. Könnte man meinen.

Der BMW iX3 aber verkehrt das Vorurteil ins Gegenteil: Es ist erstaunlich, wie gut dieses Elektroauto ist. Das liegt zum einen an der bayrischen Basis. Hochwertig, gekonnt und – wunderbar – ohne Software-Bugs. Zum anderen ist beim iX3 jederzeit die tausendfache Erfahrung aus i3 und i8 spürbar. Für ein SUV oder, wie es BMW nennt, Sports Activity Vehicle ist der iX3 außerdem ziemlich effizient. Nur preisgünstig ist er nicht.

Der BMW X3 ist sattsam bekannt und eins der beliebtesten SUV überhaupt. Im April wurden in Deutschland 1.801 Exemplare zugelassen und davon 419 als Plug-in-Hybride. Dazu addieren sich 123 iX3. Noch steht der Batterie-elektrische Antrieb in dieser Klasse also am Anfang.

Die wichtigsten technischen Daten: Der Energieinhalt der Batterie beträgt 73,8 Kilowattstunden (kWh) netto (Bruttowert: 80 kWh). Der Elektromotor leistet 210 kW (in D-Mark: 286 PS) und beschleunigt den 2.260 kg schweren BMW in 6,8 Sekunden auf 100 km/h und weiter bis zur begrenzten Spitzengeschwindigkeit von 180 km/h.

Speed ist auch an der Ladesäule wichtig: Die maximale Ladeleistung beträgt mit Gleichstrom (DC) gut 150 kW, und die von Fastned veröffentlichte Ladekurve konnte der iX3 im einwöchigen Testzeitraum jederzeit realisieren. Das wiederum sollte beim frühlingshaften Wetter, nicht zu warm, nicht zu kalt, grundsätzlich so sein, ist es aber leider nicht bei allen Elektroautos. AC-seitig ist dreiphasiges Laden mit elf kW serienmäßig. Wegen der 73,8 kWh fassenden Batterie kommt jedoch zeitweise der Wunsch nach 22 kW auf.

Erfahrung aus dem i3

BMW hat durch den i3 viel gelernt. Anders ist es nicht zu erklären, dass der Stromverbrauch des iX3 so niedrig ist, wie er bei einem so massiven Elektroauto eben sein kann. Wie üblich muss der Nutzer unterscheiden zwischen dem Betrieb diesseits und jenseits der Autobahn. In der Stadt und im Überlandbetrieb pendelte der Verbrauch zwischen 17 und 19 kWh/100 km und damit nahe am kombinierten WLTP-Normwert von 19 kWh/100 km.

Bei Richtgeschwindigkeit (Tachoanzeige dabei: 134 km/h) war ein Mittelwert aus mehreren Messungen von 24,8 kWh/100 km feststellbar. Das entspricht knapp 300 Kilometern Reichweite. Allerdings müssen BMW-Käufer:innen, die vom Dieselmotor kommen, wissen, dass dieser Wert bei widrigen äußeren Bedingungen genauso dahinschmilzt wie bei höheren Tempi. Der iX3 fährt mit einer Lockerheit und einem Geräuschkomfort bis zur Höchstgeschwindigkeit, wie sie im Premiumsegment sein muss. Es ist beeindruckend, wie geschmeidig und leise (auch dank zusätzlichem Dämmglas in der „Impressive“-Ausstattung) es vorangeht.

Die zügige, aber keineswegs radikale Autobahn-Stichprobe quittierte der iX3 mit einem Stromkonsum von 32 kWh/100 km. Bei dieser artgerechten Haltung bleiben also gut 230 Kilometer Reichweite. Elektroautos mit einer großen Stirnfläche, wie sie bei SUV unvermeidbar ist, werden bei der Langstreckentauglichkeit auf absehbare Zeit nicht mit konventionellen Fahrzeugen mithalten können.

Das sieht auch das Beratungsunternehmen P3 Automotive so: Im Charging Index – einer Vergleichsbewertung von Ladegeschwindigkeit, Autobahnverbrauch und Batteriegröße – kommt der iX3 auf einen Wert von nur 0,58. Den Idealwert 1 würde ein Elektroauto erhalten, das in 20 Minuten elektrische Energie für 300 Kilometer nachladen könnte.

Die verwöhnte Premiumkundschaft wird das nur zu einem Teil akzeptieren. Das wiederum dürfte BMW gleichgültig sein, solange Verbrennungsmotoren erlaubt sind und PHEV steuerlich gefördert werden. Hauptsache BMW. Bei der Versteuerung des geldwerten Vorteils der Privatnutzung eines Firmenwagens unterscheiden sich die PHEV-X3 nicht vom iX3: In beiden Fällen halbiert sich die Bemessungsgrundlage von einem Prozent des Bruttolistenpreises pro Monat.

Steuerschwelle von 60.000 Euro überschritten

Das liegt daran, dass der iX3 die staatlich definierte Schwelle von 60.000 Euro grundsätzlich überschreitet: Der iX3 „Inspiring“ kostet mindestens 66.300 Euro. Die so genannte Innovationsprämie beträgt hier 7.975 Euro und kann abgezogen werden. Und der mit Dämmglas, 20-Zoll-Felgen und Leder nochmals großzügiger ausstaffierte iX3 „Impressive“ startet bei 71.800 Euro. BMW nimmt es Porsche-mäßig von den Lebenden, das ist nicht neu, und es hat nicht nur Nachteile.

Die Stärke von teuren Autos ist, dass sie im Regelfall tatsächlich ein viel höheres Niveau bei Verarbeitungsqualität und Detailverliebtheit bieten. Das ist auch beim iX3 so. Mag das Platzangebot ähnlich wie in einem Volkswagen ID.4 sein, der Rest ist eine andere Liga.

So zeigt der BMW iX3, dass man sich keineswegs an die Software-Mängel aus Wolfsburg gewöhnen muss. Hier funktioniert einfach alles. Keine Bugs, keine Abstürze, es läuft. Es ist müßig, die Alltagsfeatures wie das ACC oder die Verkehrszeichenerkennung inklusive Geschwindigkeitsübernahme aufzuzählen. Spannend wird es dort, wo der Hersteller einen Schritt ins Risiko geht: Das ist bei der Ampelerkennung so. Sie ist wie alle Automatisierungssysteme an- und abschaltbar.

Der iX3 erkannte während des Praxistests praktisch alle Rotlichter im Stadtverkehr. Je nach Verkehrssituation muss der Fahrer die Ampel entweder händisch bestätigen – das passierte in der Mehrzahl der Realfälle – oder er bremst automatisch bis zum Stillstand exakt vor der Haltelinie. Das mag noch nicht das Endziel der Entwicklung sein, aber es zeigt, wohin die Reise geht. Wir lassen fahren.

Zum Abschluss sollen nach zwei Dinge genannt werden, bei denen die Erfahrung von BMW mit Elektroautos offensichtlich wird: Der iX3 zeigt während des Ladens im Displays groß und sichtbar die Leistung an. Schön. Und die Abdecklappe der CCS-Buchse mit den Markierungen AC und DC ist nirgends so klar und funktionell konstruiert wie hier. Kein Vergleich zu den lappigen Gummiteilen der Wettbewerber.

Fazit: Wer die Qualitäten eines BMWs bei Dynamik, Verarbeitung und Fahrassistenz will, liegt beim iX3 richtig. Und andere Farben als das Weiß des Testwagens stehen dem Elektroauto gut. Kund:innen, die die Autobahntauglichkeit oder die Zugkraft (Anhänger bis 750 kg) wie in einem typischen X3 mit Dieselmotor erwarten, werden jedoch bitter enttäuscht werden. Entscheidend ist das eigene Fahrprofil und wie so oft bei BMW die Kaufkraft.

5 Kommentare

zu „BMW iX3: Aus X3 wird iX3“
David
03.06.2021 um 10:44
Ich weiß sowieso nicht, wer außer der Tesla Fan Community je über vom Verbrenner abgeleitete Modelle schlecht gesprochen hat.Die objektiv effizientesten Elektroautos, die es aktuell gibt, sind vom Verbrenner abgeleitet. So verbrauchen die Drillinge von VW bei den aktuellen Temperaturen nur deutlich einstellige Kilowattstunden pro 100 km. Auch die Fahrzeuge aus dem Hyundai Konzern haben Tesla oft in Reichweitentests überzeugt und stehen auf Verbrenner Plattformen.Was das wirkliche Problem dieser Plattformen ist, ist die Effizienz der Produktion. Veritable Skaleneffekte ergeben sich erst durch ein vollständiges Baukastensystem auf einer Basis. Aber das muss den Kunden nicht kümmern, wenn der Preis für ihn okay ist.
Nico
04.06.2021 um 08:49
Die Kritik bei Conversion Vehicles lag auch nie beim Verbrauch bzw. Effizienz, sondern beim schlechteren Raumkonzept. Die Vorteile einer reinen E-Architektur können eben nicht genutzt werden und man verschenkt viel Platz. Das mag in einem eh schon riesigen SUV nicht so sehr auffallen, aber es ist trotzdem gegeben. Man vergleiche z.B. den Audi e-tron (Verbrennerarchitektur) mit dem Q4 e-tron (MEB). Der Q4 ist außen eine ganze Klasse kleiner, aber bietet innen quasi die gleiche Größe. Ein schöner Vergleich ist auch Mini-E und Renault Zoe.
Andreas
04.06.2021 um 15:14
Renault Zoe steht auf der Verbrennerplattform vom ClioMini SE ist ein "bisschen" kleiner als eine ZoeDer Vergleich funktioniert so nicht
Stephan
04.06.2021 um 12:24
Ich bin viele Jahre selber BMW gefahren. Zuletzt hatten wir einen X1 und einen 1er. Es ist toll zu sehen das BMW nun auch schicke vollelektrische E-Autos baut. Die Plugin Hypride sind für mich nur eine vorübergehende Übergangstechnologie. Allein nur auf das Auto zu schauen ist aber nur die halbe Miete. E-Mobilität funktioniert nur mit eine verlässlichen und belastbaren Ladenetz. Insbesondere wenn es um Langstreckentauglichkeit geht. Wer es sich leisten kann einem solchen E-Panzer anzuschaffen um mit ihm im Kurz- bis Mittelstreckenbereich in der Freizeit elektrischen Fahrspaß zu erleben, dem sei es gegönnt. Mein Neid sei ihm gewiss. Müsste ich mich entscheiden ob ich einen BMW (egal welchen) oder weiter mein Telsa M3 fahre, fällt mir die Entscheidung sehr leicht. Das Gesamtpaket inkl. des Super Charger Netzes ist noch immer um Jahre allem voraus was aktuell vom Rest angeboten wird. Könnte ich den iX3 mit einem 100kWh Akku an den Telsa Super Chargern mit 200kW/h laden - Dann müsste ich mit meinem Finanzminister mal eine ernsthafte Diskussion beginnen. Leider sehe ich für die nächsten Jahre keinen Bedarf in diese Richtung...
JoGo
11.06.2021 um 18:49
habe heute meine Hyundai Kona, 64 kWh, zu 100 % aufgetankt, zeigt mir die Anzeige 507 km. Da müsste sich BMW ein Beispiel nehmen.

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