Peugeot e-208 – Auf der Langstrecke ist Geduld gefragt

Der Peugeot e-208 ist bereits seit Anfang 2020 auf dem Markt. Das Interesse an dem E-Kleinwagen ist groß. Immerhin liegt der elektrische Anteil unter allen Varianten der Baureihe bei über 60 Prozent. An der Langstrecken-Tauglichkeit liegt das allerdings nicht, wie unser Praxistest zeigt.

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Der Peugeot e-208 kommt an. Laut den KBA-Neuzulassungen entscheiden sich im laufenden Jahr 66,2 Prozent der Käufer für die rein elektrische Variante. Somit kamen in Deutschland allein in diesem Jahr 4.520 Exemplare des kompakten Stromers neu auf die Straße. Im Ranking der rein elektrischen Modelle reicht es für den Franzosen immerhin für Rang 14. Bereits bei der Fahrpräsentation haben wir aufgezeigt, worauf sich die Kunden freuen können – aber auch, wo es noch hakt. Und liefern jetzt Eindrücke der Langstrecken-Erfahrung mit dem Kleinwagen nach.

Kurz die technischen Daten des Peugeot e-208 vorab: Der E-Motor leistet 100 kW mit einem maximalen Drehmoment von 260 Nm. Die volle Leistung steht jedoch nur im Sport-Modus bereit. Im Normal-Modus sind es 80 kW, mit denen auch die unten aufgeführten Strecken gefahren wurden. Die Energie liefert ein Akku mit 50 kWh, von denen rund 45 kWh netto nutzbar sind. 350 bis 362 Kilometer Reichweite sollen nach WLTP möglich sein. Geladen wird an AC-Stromspendern dreiphasig mit bis zu 11 kW. Ein DC-Ladevorgang von 0 auf 80 Prozent mit 100 kW in der Spitze soll  innerhalb von 30 Minuten möglich sein.

Der Aufbau des Fahrerinformationsdisplays passt zum sportlichen Äußeren des Elektroautos. Auch das Infotainmentsystem wirkt moderner als in anderen Stellantis-Modellen. Eine Anzeige des Ladestandes der Batterie (State of Charge, SoC) vermisste ich jedoch. Diese Information wurde mit einem Software-Update – mehr dazu weiter unten – nachgereicht. Nach der Übernahme des Testwagens und dem Finden der richtigen Sitzposition, was bei meiner Größe von 1,90 Meter eine besondere Herausforderung war, ging es auf die erste Etappe von Weiterstadt nach Schwalmstadt.

Von Weiterstadt nach Schwalmstadt in einem Ruck

Für diese Strecke war keine Planung notwendig. Sie sollte sich, trotz überwiegender Autobahnfahrt, ohne Ladestopp bewältigen lassen. Ohnehin wäre die Routenplanung mit Ladestopps nicht möglich gewesen, denn diese Funktion ist im Peugeot nicht vorgesehen. Lediglich über die Free2Move-App kann diese Art von Planung vorgenommen und ans Navigationssystem des Fahrzeugs geschickt werden. Getestet haben wir das allerdings nicht.

Gestartet wurde die Tour mit einem vollen Akku (SoC 100 Prozent). Der Großteil der Strecke von rund 165 Kilometern führte über die A5, immerhin  knapp 75 Prozent der gesamten Route. Wo möglich, wurde eine Geschwindigkeit von 120 bis 130 km/h gefahren. Und das Wetter? Zeigte sich an diesem Tag mit 10 bis 15 Grad etwas regnerisch und leicht windig. Daraus resultierte am Ende ein Verbrauch von 18,3 kWh/100 km (netto, inklusive Ladeverluste knapp 20 kWh/100 km). Die Durchschnittsgeschwindigkeit lag bei 79 km/h. Um einen Tag später die zweite Etappe nach Hamburg anzutreten, wurde das Fahrzeug wieder auf 100 Prozent geladen. Beim Start des Ladevorgangs zeigte der Peugeot e-208 eine Restkapazität von 37 Prozent an.

Schwalmstadt nach Hamburg – ohne Ladestopp geht es nicht

Nur einen Tag später – das Wetter war wie am Vortag – stand die mit rund 400 Kilometern deutlich längere Tour auf dem Programm. Die neue Route führte von Schwalmstadt (Hessen) über die A7 nach Hamburg. Los ging es wieder mit vollem Akku. Nach 157 Kilometern – rund 60 Kilometer davon waren Landstraße – erreichte ich den ersten Ladestopp bei der Aral-Tankstelle in Northeim mit einem SoC von 35 Prozent. Der Bordcomputer gab eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 64 km/h und einen Verbrauch von 18,3 kWh/100 km (netto) für diese Passage an. Nach rund 28 Minuten waren 20,4 kWh mehr Strom im Akku und die Reise konnte mit einem SoC von 80 Prozent fortgesetzt werden. Dennoch genug für die nächste Etappe, zur gut 127 Kilometer entfernten Aral-Station bei Schwarmstedt.

Dieser Ladestopp wurde mit einem SoC von 24 Prozent erreicht. Mittlerweile wurden 284 Kilometer zurückgelegt. Den Verbrauch gab der Bordcomputer auf der zweiten Etappe mit 18,5 kWh/100 km (netto) und die Durchschnittsgeschwindigkeit mit 75 km/h an. Der zweite Abschnitte wurde demnach etwas zügiger gefahren. Innerhalb von gut 29 Minuten konnten 25,4 kWh nachgeladen werden. Bei einem SoC von 80 Prozent kam jedoch Hunger auf. Während der Nahrungsmittel-Beschaffung zeigte sich, weshalb das Laden über einen State of Charge von 80 Prozent hinaus in solchen Fällen kaum Sinn ergibt: Beim Ladevorgang von 80 auf 90 Prozent wurden innerhalb von 15 Minuten nur noch 4,6 kWh nachgeladen.

Meine Ladevorgänge bestätigten die bereits bekannte Ladekurve des e-208: Bis zu einem SoC von etwa 20 Prozent lädt der Peugeot mit den maximal möglichen 100 kW. Dann reduziert sich die Ladeleistung bereits auf um die 75 kW, bis ein SoC von fast 50 Prozent erreicht ist. In Richtung 80 Prozent geht die Ladeleistung auf nur noch 20 kW herunter. Bei den Ladeverlusten muss mit 10 bis 13 Prozent gerechnet werden.

Immerhin konnte die Fahrt ohne Hunger weitergehen. Noch 124 Kilometer bis zum Ziel in Hamburg. Der letzte Abschnitt wurde nochmals flotter gefahren, man möchte ja auch mal ankommen. Für die gesamte Strecke von 408 Kilometern ergab sich eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 78 km/h und ein Verbrauch von 18,9 kWh pro 100 km (netto). Erreicht wurde das Ziel mit einem SoC von rund 30 Prozent.

Während der Testfahrt ist uns klargeworden, dass der e-208 bei reiner Autobahnfahrt nur mühsam an der 200-Kilometer-Marke kratzen kann. Der Verbrauch bei höheren Geschwindigkeiten ist im Vergleich zu anderen E-Kleinwagen eher hoch. Wo die Effizienz etwas zu wünschen übrig lässt, wurde dank eines Updates an einer anderen Stellschraube gedreht.

Software-Update sorgt für bessere „Lade-Performance“

Viele Hersteller holen zum Marktstart noch nicht sofort die volle Leistung aus der Technik heraus – in sämtlicher Hinsicht. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Audi stellte Kunden eines e-tron mehr Kilowattstunden zur Verfügung, Jaguar verbesserte die Effizienz und gab ebenfalls etwas mehr Kapazität des Akkus frei, Tesla erhöhte die Ladeleistung beim Model 3 deutlich und optimierte zudem die Ladekurve bei aus China importierten Exemplaren des Model 3 mit LFP-Akku.

Für den Peugeot e-208 steht seit Ende Mai 2021 ein Software-Update bereit. Hierfür müssen Kunden allerdings mit dem Fahrzeug noch zum Händler. Es handelt sich dabei um eine „Produktverbesserung, um das Fahrerlebnis und die Verwendung im Alltag zu optimieren“, wie eine Peugeot-Sprecherin uns wortbewusst mitteilte. Im Ergebnis lädt der Peugeot e-208 am Schnelllader von 2 auf 85 Prozent SoC nun um bis zu neun Minuten schneller. Entwickelt wurde das Software-Update vom Stellantis-Entwicklungsteam – selbstverständlich gibt es dieses Update ebenfalls für den Opel Corsa-e. Ein Video von Andreas Haehnel zeigt, was das in der Praxis für den e-208 bedeutet.

Fazit

Schon während der Fahrpräsentation des e-208 konnten wir eine Runde mit dem E-Auto drehen – mit vielversprechenden Erfahrungen. Auf der Langstrecke kam das Elektroauto jedoch an seine natürlichen Grenzen. Man kann weite Strecken zwar durchaus fahren, aber braucht dann auch Geduld beim Laden. Die natürliche Umgebung des französischen Stromers ist wohl eher das Wohnumfeld mit den typischen Wegen zu Arbeit, Sport und Einkauf. Der Listenpreis von mindestens 31.950 Euro wirkt dafür allerdings recht hoch. Nach Abzug der Förderung (Umweltbonus + Innovationsprämie inklusive staatlichem Anteil) von 9.570 Euro müssen Kunden immerhin „nur“ noch 22.380 Euro berappen. Schaut man auf die oben erwähnten Zulassungsdaten, scheint der Peugeot e-208 für viele Anwendungsfälle und Kundengruppen dennoch gut zu passen.

4 Kommentare

zu „Peugeot e-208 – Auf der Langstrecke ist Geduld gefragt“
Stefan
13.09.2021 um 23:28
Guten Tag Woran kann ich erkennen, ob bei mir im e208 das Mai update bereits installiert ist oder nicht? Danke und Gruß
Michael
23.11.2021 um 19:13
Ich verstehe die Überschrift nicht. Das ein kleiner Akku nicht so schnell läd wie ein großer sollte jedem E-Auto Fahrer klar sein. Ich denke der Peugeot läd für einen Kleinwagen recht schnell. Vielmehr hat hier der Tester Fehler gemacht und die Möglichkeiten des Fahrzeugs nicht genutzt. Mit 35% SOC zu laden ist viel zu früh, da werden die 100kW Ladeleistung nicht genutzt und nach 80% SOC weiter zu laden ist bei allen E-Autos unsinnig. Da sollte man sich vielleich am Anfang der Ladung überlegen, dass man Hunger hat und nicht das Auto mit so einer negativen Überschrift abwerten.
Daniel Bönnighausen
24.11.2021 um 09:14
Danke für dein Feedback. Es ging vor allem darum zu sehen, was passiert mit dem Fahrzeug. wenn man mal eine längere Strecke fährt.Natürlich hätte ich mit einem niedrigeren SoC anfahren sollen, um eine höhere Ladeleistung zu bekommen. Habe ich so auch im Artikel untergebracht. Von einem "Fehler" würde ich hier aber nicht sprechen. Eben weil ich mir dessen durchaus bewusst war.Mit den 80 Prozent unterschreibe ich so pauschal nicht. Nehmen wir das Beispiel ID.3 Pure, der ebenfalls nur 45 kWh (netto) hat, lädt innerhalb von rund 42 Minuten von 10 auf 100 Prozent. Der e-208 braucht da jedoch deutlich länger.
Christian
08.01.2024 um 22:21
Wir fahren nicht unter 10% zum laden. Aber eher immer so ab 3 bis 5 Prozent. Das haben wir schon seit 2012 mit der Zoe und auch mit dem Model 3 so gemacht. Es ist effizienter. Bei schnellen DC Laden ist es aber schon fast wieder stressig. Ich kann mich noch erinnern wie wir zu Zoe Zeiten uns immer tolle Orte als Stopp ausgesucht habe . Museen, Restaurants, eine Übernachtung in tollem Hotel, am See. Es war immer angenehm und entschleunigend so zu fahren. Der Urlaub war gefühlt entspannter. Als heute wo du zum DC Laden am der Raststätte bist. Auch waren die Kontakte und Gemeinschaft besser. Man trifft sich an der Ladesäule. Und Philosophirt. Es gab Zoe Club, E Fahrer Stammtisch etc. Coole Zeit.

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