LEVC VN5: E-Transporter mit Range Extender im Test

Elektrische Transporter sind gefragt wie nie. Mit dem VN5 will sich die Geely-Tochter LEVC ein Stück vom Geschäft damit sichern. Wir haben den E-Transporter mit seinem eigenwilligen Range Extender ausprobiert – und liefern einen Fahrbericht mit winterlichen Eindrücken des britischen Fahrzeugs.

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Bereits 2019 hat die London Electric Vehicle Company (LEVC) den VN5 vorgestellt. Es handelte sich bereits um das zweite Modell des Newcomers. „Der zukünftige städtische Verkehr ändert sich bereits rasant und wir haben die einmalige Gelegenheit, diesem Markt etwas Neues und Disruptives zu bieten“, sagte LEVC-Chef Jörg Hofmann bei der Premiere. Die Einführung des Transporters in Kontinentaleuropa erfolgte hingegen erst im Sommer des vergangenen Jahres. Die ersten Exemplare des durchaus polarisierenden Fahrzeugs sind in Deutschland bereits auf der Straße. Handwerker, Lieferdienste und andere Firmen in Ballungsräumen lechzen geradezu nach bezahlbaren E-Fahrzeugen für den täglichen Einsatz. Ist der VN5 mit seinem Range-Extender-Antrieb für diese Kundschaft eine Option? Das wollten wir genauer wissen.

Wie sich der LEVC VN5 fährt

Der elektrische Kleintransporter ist genau wie das Taxi von LEVC mit einem Elektroantrieb mit 110 kW Leistung in Kombination mit einem 67 kW starken Verbrenner ausgerüstet. Direkt angetrieben wird der VN5 aber nur von der E-Maschine an der Hinterachse. Der Dreizylinder unter der Motorhaube vorn dient einzig als Range Extender – liefert also Strom für den Elektroantrieb, wenn die Energie der Traktionsbatterie zur Neige geht.

Die Leistung des E-Motors, dessen Geräuschkulisse man mit der aus dem Nissan e-NV200 vergleichen kann, ist für den urbanen Raum völlig ausreichend. Der VN5 beschleunigt bis etwa 60 km/h recht zügig und darüber hinaus immerhin noch moderat. Für den Spurt aus dem Stand auf 100 km/h benötigt der Transporter ganze 13,2 Sekunden – die Kundschaft wird’s kaum bemerken. Schluss ist übrigens bei 128 km/h. Viel schneller als 110 km/h möchte man aber ohnehin nicht mit dem VN5 fahren, da die Lenkung bei höheren Geschwindigkeiten einen flattrigen Eindruck hinterlässt. Zudem dringen Windgeräusche dann merklich ins Innere.

Muss der Range Extender eingreifen, schaltet er sich nahezu fließend dazu. Doch der Lärmpegel ist für sensiblere Zeitgenossen dann keine Freude mehr. Der Dreizylinder kann durchaus etwas laut werden. Beim Fahrwerk hat sich LEVC für eine recht straffe Abstimmung entschieden. Fahrbahn-Unebenheiten sind auch im Lenkrad spürbar. Dennoch lässt sich der robuste VN5 entspannt fahren. In den Kurven hält er sich stabil und beschleunigt auch gut heraus – ein Vorteil des Heckantriebs. Und noch etwas muss an dieser Stelle erwähnt werden: Der Wendekreis beträgt nur 10,1 Meter.

E-Reichweite, Verbrauchsdaten und vielseitige Ladeoptionen

Wie sieht’s nun mit der Reichweite aus? Der verhältnismäßig kleine Akku hat einen Brutto-Energiegehalt von 31 kWh. LEVC gibt dafür eine rein elektrische Reichweite nach WLTP von bis zu 98 Kilometer an. Im reinen Stadtverkehr sollen es sogar bis zu 122 sein. In der Praxis liegen diese Reichweiten – wenig überraschend – unter den angegebenen Werten. Bei Außentemperaturen um den Gefrierpunkt waren es im Test bei überwiegender Autobahnfahrt mit maximal 110 km/h rund 80 km. Im Stadtverkehr konnten immerhin bis zu 100 km erreicht werden. Damit liegen die Verbrauchswerte etwas höher als es etwa beim rein elektrischen Citroën ë-Jumpy. Dennoch gehen die Werte des VN5 in Ordnung.

Ist der Akku des VN5 leer, bietet der „Nasenlader“ eine Vielzahl an Ladeoptionen. In der kleinsten Ausstattung ist der VN5 mit einem 11 kW AC-Onboard-Ladegrät ausgestattet. Ein voller Ladevorgang von 0 auf 100 Prozent dauert damit rund 2:20 Stunden. Optional – und in der höchsten Ausstattung sogar inklusive – wird für 950 Euro (netto) ein 22-kW-Lader verbaut. In dem Fall halbiert sich die Ladezeit.

Für die schnelle DC-Ladung zwischendurch steht CCS mit bis zu 50 kW zur Verfügung. Von 0 auf 100 Prozent gibt LEVC dafür 30 Minuten an. Erstaunlich: Für 460 Euro netto kann der japanische Ladestandard CHAdeMO gebucht werden. Beim Laden muss man allerdings wissen: Bei Temperaturen zwischen 0 und 10 Grad fällt es dem VN5 schwer, die Batterie auf Temperatur zu bekommen. Die DC-Ladezeit kann sich so schnell mal verdoppeln. Die Frage ist jedoch, wie häufig im täglichen Einsatz wirklich per Gleichstrom geladen wird. Die Bedeutung der mangelhaften Batterietemperierung muss jeder Kunde für sich selbst einschätzen.

Gut gewählt ist dagegen die Position des Ladeports: Im Vergleich zu anderen E-Transportern wird das Kabel nicht zur Stolperfalle. Und sowohl Fahrerkabine als auch Laderaum können ohne Probleme erreicht und genutzt werden. Einzig, wenn seitlich zu einer Ladesäule – gerade im öffentlichen Raum – geparkt werden muss, kann das Kabel mal zu kurz werden.

Übrigens: Für die sogenannten Low Emission Zones, die wir bereits aus London kennen, ist das Modell bereits vorbereitet. Der Verbrenner wird bei Einfahrt in eine solche Zone ausgeschaltet. Voraussetzung ist jedoch, dass der Akku noch voll genug ist. Hier kann der Fahr-Modus „Save“ unterstützen, der die Batterieladung hält. In dem Fall – auch bei leerem Akku – kommt dann der Range Extender zum Einsatz. LEVC gibt für diesen einen Verbrauch von 9,2 Liter/100 km an. Wie bei allen PHEV schwanken die Verbrauchsdaten abhängig vom Ladestand und der gefahrenen Strecke enorm. Bei langen Strecken mit leerem Akku ist der angegebene Wert realistisch. Auf einer Strecke von 200 Kilometern kann dieser Wert aber auch bei um die 6 Liter liegen. Kombiniert sollen theoretisch bis zu 500 Kilometer Gesamt-Reichweite möglich sein. Ein Wert, den wir bestätigen können.

Mit seiner Antriebskonfiguration kommt der LEVC VN5 auf ein Leergewicht (inkl. Fahrer) von 2.165 bis 2.317 Kilo – je nach Ausstattung. Die maximale Nutzlast liegt entsprechend bei 699 bis 830 Kilo. Für Aus- und Umbauten stehen die LEVC-Kooperationspartner Bott und Sortimo bereit. Allerdings muss bedacht werden: Bei entsprechenden Einbauten sinkt die ohnehin schon etwas magere Nutzlast stark.

Ab Werk bietet der VN5 dafür bis zu 5,5 Kubikmeter Laderaum. Zwei Euro-Paletten passen hinein. Trotz dessen ist der E-Transporter mit seiner Breite von nur 2,09 Meter inklusive Außenspiegel vergleichsweise schmal. Und die Höhe liegt bei unter 2 Metern, womit auch die Einfahrt in einige Parkhäuser kein Problem darstellt. In der Stadt sind diese Abmessungen von Vorteil!

Serienmäßig bietet LEVC eine Schiebetür auf der Beifahrerseite an. Optional gibt es eine zweite für die Fahrerseite. Die Türen am Heck lassen sich aushängen, womit diese weit über die 90 Grad hinaus geöffnet werden können. Im Laderaum befinden sich etliche Zurrösen – für die Ladungssicherung wichtig. Bei der Verarbeitung sind  uns Kabel oberhalb der Seitenwände aufgefallen, die erstaunlich offen verlegt wurden.

Volvo-Gene bei Bedienelementen

Kommen wir zur Optik. LEVC gehört wie auch Volvo zum Geely-Konzern. Während das Karosseriedesign von den bekannten Black Cabs in London übernommen wurde und auch hierzulande die Taxis als TX verkauft werden, wird die Verwandtschaft zu Volvo vor allem in der Fahrerkabine sichtbar.

Der erste Blick fällt auf das Lenkrad, welches man so auch aus einigen Volvo-Modellen kennt. Gleiches gilt auch für die Lenkstockhebel – im Vergleich zu den sonst eher billig anmutenden Materialien eine optische Wertsteigerung.

Über dem Lenkrad befinden sich die digitalen Rundinstrumente. Das Design wirkt ein wenig in die Jahre gekommen, doch hier geben sich viele Transporter nicht viel. Und irgendwie passt es auch ein wenig zum Gesamtkonzept des Kult-Designs. Eine SoC-Anzeige (State of Charge) für den Akku sucht man übrigens vergebens. Mit der Angabe der Restreichweite kann man jedoch gut leben. In der Mitte wurde ein Hochkantdisplay positioniert, welches man ebenfalls von Volvo kennt. Das gilt auch für die Bedienung. Wenngleich das Design inklusive der Navigation nicht nach Volvo aussieht.

Die aus den Volvo-Modellen bereits bekannten Sitze sind sehr bequem. Große Fahrer werden es dennoch schwer haben, eine auf Dauer angenehme Sitzposition zu finden. Wobei dies auch für andere Transporter gilt. Grund ist die Trennwand hinter den Sitzen. Einen Minuspunkt gibt es auch für die Seitenschweller an den Türen der Fahrerkabine. Der Ein- und Ausstieg gestaltet sich dadurch eher schwierig. Wer auf Zustellfahrten sehr oft ein- und aussteigen muss, kann davon durchaus genervt sein.

Fazit

Der LEVC VN5 soll nicht nur die klassische „letzte Meile“ bedienen, sondern sich auch für deutlich längere Touren eignen. Die bisherigen BEV-Transporter sind dafür (ohne entsprechende Ladestopps) oft nur begrenzt einsetzbar. Genau da setzt der VN5 an. Und das ist auch seine Nische. Sein bevorzugtes Spielfeld ist nicht zwingend die Innenstadt, sondern der erweiterte urbane Raum. Das hat allerdings seinen Preis: Mit 54.200 Euro (netto) ist der britische Transporter mit Range Extender kein Schnäppchen. Daran kann auch der Umweltbonus von 3.750 Euro – der VN5 wird dabei wie ein Plug-in-Hybrid behandelt – nicht viel ändern. Regionale Förderprogramme könnten ergänzen. Aufgrund der Zunahme an gesperrten Innenstädten für Verbrenner oder Privilegien wie längere Auslieferzeiten kann der VN5 für viele Kunden dennoch ein guter Kompromiss sein.

1 Kommentar

zu „LEVC VN5: E-Transporter mit Range Extender im Test“
Stefan Kress
07.03.2022 um 09:04
Als zur Personenbeförderung als On-Demand-Shuttle, sind die Fahrzeuge auch schon im harten Flotteneinsatz in Deutschland unterwegs. Von den Anwendern in Mainz, Münster und dem Landkreis Offenbach hört man jedoch, dass es mit der Servicequalität und -dauer noch deutliches Verbesserungspotenzial gibt und die Fahrzeuge teilweise länger stehen als fahren. Das ist natürlich in keinem gewerblichen Anwendungsfeld von Vorteil. Außerdem muss man sich fragen, ob das REX-Konzept in Zeiten mit Kraftstoffpreisen um die 2 €/Liter tatsächlich so zielführend ist, kauft man sich schließlich auch die Wartungsintensität eines Verbrenners ein.

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