Skoda Enyaq Coupé RS: Mehr als nur ein weiterer MEB-Ableger?

Nach dem Erfolg mit dem Kombi-artigen Enyaq hat Skoda dem MEB-SUV die sportliche Schrägheckversion Coupé RS zur Seite gestellt. Kann das SUV-Coupé gegen Tesla und Kia konkurrieren?

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Kennste einen, kennste alle? Nein liebe Leute, Ihr macht es Euch zu einfach, wenn Ihr das Skoda Enyaq Coupé RS auf den Modularen E-Antriebs-Baukasten (MEB) reduziert. Was stimmt, ist: Die Marken des Volkswagen-Konzerns interpretieren den MEB jeweils fürs eigene Produkt. Trotzdem gibt es positive und weniger gute Eigenschaften, die alle teilen. Beim Skoda Enyaq Coupé RS ist offensichtlich, dass hier einerseits ein wirklich gutes Elektroauto entstanden ist – und andererseits, dass die Plattform dringend aufholen muss, um nicht von der Konkurrenz überholt zu werden.

Das Skoda Enyaq Coupé RS soll „begeisternd sportlich“ sein, so heißt es im Konfigurator. Die Lackierung in Mamba-Grün und die 21-Zollfelgen des Testwagens – Bruttolistenpreis ohne Förderung: 67.075,25 Euro – unterstreichen diesen Anspruch. Objektiv sind 220 Kilowatt Motorleistung und 6,4 Sekunden für den Standardspurt keineswegs langsam. Klar ist aber auch: Ein Tesla Model Y (Fahrbericht) als „Maximale Reichweite“ erledigt die Beschleunigung auf 100 km/h in fünf Sekunden, und „Performance“ braucht 3,7 Sekunden. Tesla hat die Pedalkennlinie außerdem aggressiver abgestimmt, es geht also auch subjektiv zackiger vom Fleck. Im Vergleich wirkt der Skoda behäbig. Er ist auf Sicherheit und Perfektion abgestimmt. Reifenquietschen kennt er nur in Ausnahmefällen.

Leises Gleiten

Das, was dynamisches Fahren ausmacht, nämlich den Fahrspaß durch die Kombination aus Kurvengier und Leichtigkeit, verkörpert der Skoda nicht. Stattdessen ist er ein schneller Gleiter, ein Komfortcruiser, der leise und unauffällig Strecken bewältigt. Die Geräuschdämmung ist erheblich wirksamer als beim Tesla Model Y. Das gilt für den Wind und auch für die Radkästen.

Der Skoda liegt immer souverän auf der Straße, er lenkt sich simpel, und das Platzangebot ist großzügig. Ein angenehmer Begleiter für den Alltag. Wir mussten allerdings auch einige Abstriche feststellen.

So ist das Bediensystem nicht mehr zeitgemäß. Zwar werden Ladestopps inzwischen automatisch in die Routenführung integriert. Aber die Vorkonditionierung der Traktionsbatterie, also das gezielte Vorheizen oder Runterkühlen für maximale und zugleich schonende Schnell-Ladung, funktioniert immer noch nicht. Von Plug&Charge nach ISO 15118 ganz abgesehen. Tesla macht das alles selbstverständlich, und auch bei BMW, Mercedes oder dem Renault Mégane funktioniert zumindest die Vorkonditionierung und immer häufiger auch Plug&Charge.

Softwareschwächen

Auf dem Testwagen war die Softwareversion 3.0 aufgespielt; das Bediensystem ist im Wettbewerbsumfeld weiterhin nicht schnell genug. Es zeigte mehrere Schwächen: Temporär abgesperrte Straßen etwa wurden trotz Online-Navigation nicht erkannt. Und schon greift man zu Google Maps auf dem eigenen Smartphone. Die detaillierten Daten für den Stromverbrauch liegen weiterhin in einem Sub-Menü, und eine Anzeige für die Ladeleistung in kW gibt es nicht. Auch einen Blackscreen (=Totalausfall) gab es zwischenzeitlich. Immerhin wird der Ladestand in Prozent angegeben.

Die Ladekurve des Skoda Enyaq Coupé RS ist für sich betrachtet gar nicht übel. Wir konnten über 130 kW am Display der Säulen ablesen. Die Konkurrenz wie etwa der Kia EV6 aber ist mindestens einen Schritt weiter. Sorry MEB, Du musst schneller werden.

Dem Preis nicht immer angemessen

Skoda hat für das Enyaq Coupe vorerst nur die Topversion RS mit Allradantrieb und 77 kWh Energieinhalt vorgestellt. Dem Anspruch der Preisklasse wird er nicht überall gerecht: Die Lackierung ist am Türrahmen zu auffällig sichtbar. Skoda hat wie Tesla auf das Sonnenschutzrollo für das Panoramadach verzichtet. Die Verarbeitung ist hochwertig, aber nicht die Materialauswahl. Und die Hupe hat einen billigen Klang, der in diesem Segment nicht üblich ist. Das alles wäre für eine entsprechende Basisversion mit Heckantrieb okay, aber nicht für den Preis.

Möglicherweise stammt der Testwagen aus der Zeit des Wiederanfahrens der Produktion: Skoda ist wie die gesamte Autoindustrie von der Chipkrise betroffen. Zusätzlich gab es einen Lieferengpass bei den Kabelbäumen wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Ob das Erklärungsmodelle für die fehlende Spurmittenführung trotz Travel Assist und die zögerliche Verkehrszeichenerkennung sind, wissen wir nicht.

322 Kilometer Reichweite bei Richtgeschwindigkeit

Zur Reichweite: Die Spanne des Stromverbrauchs reichte von minimal 15,5 kWh/100km im Überlandbetrieb (entspricht 497 Kilometern) bis 33,2 kWh/100km bei schwerem Stromfuß auf der Autobahn (entspricht 232 Kilometern). Bei Richtgeschwindigkeit konnten wir im Mittel 23,9 kWh/100km ablesen; es kommen also 322 Kilometer heraus. Ein klassenüblicher Wert. Ein SUV-Coupé ist eben keine Limousine mit geringer Stirnfläche. Wie groß der Skoda Enyaq ist, bemerken viele Menschen erst, wenn andere Autos daneben parken und geradezu zierlich wirken. Ein Phänomen, das beim Hyundai Ioniq 5 besonders ausgeprägt ist.

Die Fans der Marke schätzen den Skoda Enyaq für sein gelungenes Preis-Leistungsverhältnis. Das Coupé RS erfüllt diese typische Markentugend nur eingeschränkt. Und wegen des Bruttolistenpreises von über 60.000 Euro halbiert sich die Dienstwagensteuer lediglich, statt auf ein Viertel reduziert zu sein. Es besteht kein Zweifel daran, dass hier ein kraftvolles und souveränes Elektroauto entstanden ist. Die Mängel bei Software und Traktionsbatterie sind jedoch kaum übersehbar. Es ist Zeit, dass der Konzern Abhilfe schafft.

2 Kommentare

zu „Skoda Enyaq Coupé RS: Mehr als nur ein weiterer MEB-Ableger?“
Michael
06.10.2022 um 12:02
Keine gute Nachricht. Wenn der auf der gleichen Linie gebaut wird wie die anderen Enyaqs, dann wird die Wartezeit ja noch länger.
Stefan Ko
06.10.2022 um 14:17
Ich fahre seit 2 Wochen ein neues Model Y Performance aus Berlin. Er ist "hart" aber nicht unkomfortabel hart. Kopfsteinpflaster und Forstwege lieber meiden - da rüttelt es einen "als Ganzes" einfach durch :D aber ansonsten federt er wie gesagt "härter" aber komfortabel ab. Man merkt, dass es ein schweres Auto ist.Der Enyaq wird das (wie einige andere auch) sicher besser machen und ist konservativer ausgelegt - das mag ich auch grundsätzlich - dennoch ist er imho zu teuer für das was er dann effektiv kann (außer du machst die Hütte voll und hast ewig Zeit zu warten).Daher wurde es das Model Y (Mai bestellt, Hold bis August, Ausgeliefert Mitte September 2022 - tjo). Und bis auf EINE Kleinigkeit außen und eine Kleinigkeit innen ist er makellos verarbeitet (das war 2019 beim Model 3 noch ganz anders).Wer das Fahrzeug mal fährt, wird das bald merken, dass auch Tesla hier gelernt hat.Ansonsten beides sicher ganz tolle Autos :)

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