Münchner Forscher beschleunigen Lithium-Ionen-Diffusion in Feststoff-Akkus
Das Team um Professor Thomas F. Fässler vom Lehrstuhl für Anorganische Chemie der TU München mit Schwerpunkt Neue Materialien ersetzte einen Teil des Lithiums in der Verbindung Lithium-Antimonid durch das Metall Scandium. „Dadurch entstehen gezielt Lücken, sogenannte Leerstellen, im Kristallgitter des Leitermaterials“, teilen die Forscher mit. Diese Lücken sollen den Lithium-Ionen in den Feststoffbatterien helfen, sich leichter und schneller zu bewegen. Die Details ihrer Ergebnisse haben die Wissenschaftler jüngst unter dem Titel „Scandium Induced Structural Disorder and Vacancy Engineering in Li3Sb – Superior Ionic Conductivity in Li3−3xScxSbv“ in der Fachzeitschrift „Advanced Energy Materials“ publiziert.
Da der Wert zur Lithium-Ionen-Leitfähigkeit mit 30 Prozent so deutlich über denen der bekannten Materialien liegt, wandte sich das Kern-Forscherteam an den Lehrstuhl für Technische Elektrochemie an der TU München, um das Ergebnis abzusichern. Co-Autor Tobias Kutsch, der die weiteren Tests durchführte, kommentiert: „Weil das Material auch Strom leitet, war das eine besondere Herausforderung und wir mussten unsere Messmethoden dafür anpassen.“ Die Ergebnisse bestätigten sich.
Die Wissenschaftler sehen daher große Potentiale für das neue Material: „Unser Ergebnis stellt derzeit einen wesentlichen Fortschritt in der Grundlagenforschung dar. Mit dem Einbau von kleinen Mengen Scandium sind wir auf ein neues Prinzip gestoßen, das sich als richtungsweisend für andere Elementkombinationen erweisen könnte“, äußert Professor Thomas F. Fässler. Für eine Anwendung in einer Batteriezelle seien aber noch viele Tests notwendig. „Wir sind zuversichtlich, weil Materialien, die sowohl Ionen als auch Elektronen leiten können, sich besonders gut als Zusatz in Elektroden eignen. Da sich daraus vielversprechende praktische Anwendungen ergeben können, haben wir unsere Entwicklung auch bereits zum Patent angemeldet.“ Neben der höheren Geschwindigkeit bietet das Material den Forschern zufolge auch thermische Stabilität und soll mit bewährten chemischen Verfahren einfach herzustellen sein. Beides ebenfalls wichtige Kriterien für eine potenzielle Kommerzialisierung.
Die Forschenden haben mit ihrer Arbeit übrigens eine völlig neue Substanzklasse entdeckt, wie Erstautorin Jingwen Jiang, Forscherin an der TUMint.Energy Research GmbH, hervorhebt: „Unsere Kombination besteht aus Lithium-Antimon und kann einfach auch auf Lithium-Phosphor übertragen werden. Während der bisherige Rekordhalter auf Lithium-Schwefel basierte und zur Optimierung fünf weitere Elemente benötigt, wird bei uns lediglich Scandium als weitere Komponente gebraucht. Wir gehen davon aus, dass unsere Entdeckung über dieses Beispiel hinaus Bedeutung für die Erhöhung der Leitfähigkeit bei anderen Substanzen haben kann.“
Die in das Projekt eingebundene TUMint.Energy Research GmbH wurde 2019 auf eine gemeinsame Initiative der Technischen Universität München und des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft gegründet. Ziel der Einrichtung ist es, die Expertise der TUM im Bereich von Festkörperbatterien zu bündeln und so die Grundlage für Industrieprojekte zu schaffen. Das Team der GmbH besteht zurzeit aus rund 20 Wissenschaftlern, die fachlich den partizipierenden TUM-Lehrstühlen zugeordnet sind. Rechtlich ist die GmbH eine Tochtergesellschaft der TUM International GmbH.
tum.de
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