Video - 22:06 minInfrastruktur

Öffentliche Ladeinfrastruktur in Berlin – Norman Döge, Senatsverwaltung SenMVKU

Berlin zählt inzwischen über 32.000 Ladepunkte für Elektrofahrzeuge, davon sind etwa 10 Prozent im öffentlichen Raum – ein beeindruckender Wert, der auf den ersten Blick nach Vorreiterrolle klingt. Doch wie Norman Döge von der Berliner Senatsverwaltung bei unserer Online-Konferenz zum Thema "Public Charging" deutlich machte, ist Quantität allein nicht alles. Entscheidend sei, wie und wo die Ladepunkte entstehen – und vor allem, wer sie betreibt.

Die passende Überschrift des Vortrags von Norman Döge lautete denn auch „Die Mischung machts – Betreibervielfalt beim Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur in Berlin“. Döge ist in der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt Berlin für die strategische Planung des Ladeinfrastrukturausbaus im öffentlichen Raum zuständig. Gemeinsam mit seinem Team vom Ladeinfrastrukturbüro arbeitet er daran, nicht nur neue Ladepunkte zu schaffen, sondern eine stabile, vielfältige und langfristig funktionierende Infrastruktur aufzubauen – mit einem klaren Prinzip: Vielfalt statt Monopol.

Berlin teilt die Stadt in drei Räume

Im Kern basiert die Berliner Ladeinfrastrukturstrategie auf einer Raumgliederung:

  • Raum A sind die öffentlich gewidmeten Straßen – also klassischer öffentlicher Raum.
  • Raum B umfasst private Flächen, die öffentlich zugänglich sind, etwa Supermarktparkplätze.
  • Raum C sind private Flächen mit beschränktem Zugang, wie Garagen oder Firmenparkplätze.

Die Stadt kann vor allem in Raum A direkt eingreifen und dort Rahmenbedingungen setzen. In den anderen Bereichen sind indirekte Anreize gefragt – etwa über Förderprogramme wie „Wirtschaftsnahe Elektromobilität“ (WELMO), das Unternehmen bei der Anschaffung von E-Autos und Ladepunkten unterstützt.

„Nichtsdestotrotz muss es miteinander gedacht werden“, betont Döge. Das Zusammenspiel aller drei Räume sei entscheidend für ein funktionierendes Gesamtsystem. In der Praxis bedeutet das: Wenn mehr privat geladen wird, etwa zu Hause oder auf dem Firmenhof, reduziert sich der Druck auf die öffentliche Infrastruktur.

Berliner Modell: Strukturierter Zugang für alle Betreiber

Zentrales Steuerungsinstrument ist das sogenannte Berliner Modell. Es regelt den Zugang von privaten Betreibern zur öffentlichen Ladeinfrastruktur. Wer Ladepunkte im öffentlichen Raum errichten möchte, muss einen einheitlichen Betreibervertrag mit der Stadt abschließen. Darin sind Regeln zu Design, Abständen, barrierefreiem Zugang und Grünstrom-Nutzung festgelegt. Diskriminierungsfreier Zugang für Nutzer und Mobilitätsdienste ist Pflicht.

Seit der Überarbeitung des Modells 2021 hat die Stadt zahlreiche Betreiber zugelassen – inzwischen sind es 13. „Wir haben hier wirklich jetzt eine bunte Betreibervielfalt und wollen das auch weiter so führen“, sagt Döge. Diese Vielfalt führt nicht nur zu technischer Diversität – etwa mit Laternenladern, Stehlösungen oder Schnellladepunkten mit Pufferspeicher – sondern auch zu einem marktnäheren Ausbau, der sich stärker an tatsächlicher Nachfrage orientiert.

Vom Zentrum bis zum Stadtrand: Kontingente steuern den Ausbau

Statt willkürlicher Einzelgenehmigungen arbeitet die Stadt mit sogenannten Kontingenten. In jedem Stadtteil wird definiert, wie viele Ladepunkte notwendig sind. Betreiber können Paketvorschläge einreichen, die geprüft und bei Annahme für andere blockiert werden. Das verhindert Mehrfachplanungen und beschleunigt Genehmigungen. Aktuell sind bereits 3.600 Standorte im System registriert.

Der Erfolg zeigt sich: Bereits 2022 öffnete die Stadt 1.360 Standorte für Ladepunkte für private Betreiber – diese sind inzwischen vollständig vergeben. „Wir haben jetzt einfach ein relativ breites Fundament. Es errichten alle gleichzeitig“, so Döge.

Infrastruktur vor Fahrzeugzuwachs

Ein Problem offenbart sich beim Blick auf die Nutzung: 2023 wurden durchschnittlich nur 19,6 Kilowattstunden pro Ladepunkt und Tag geladen – ohne Laternenlader. Döge erklärt: „Wir waren mit der Errichtung schneller, als eigentlich die Fahrzeugflotte gewachsen ist.“ Zwar ziehe die Zulassung von E-Fahrzeugen inzwischen wieder an, aber das Missverhältnis bremst die Auslastung.

Hinzu kommt ein Informationsproblem: Nutzer wissen oft nicht, wo Ladepunkte sind, ob sie frei oder barrierefrei sind oder was sie kosten. Die Stadt reagiert mit Transparenz-Initiativen. Über die Plattform „E-Info“ werden Daten zu Ladepunkten gesammelt und künftig auch als Open Data verfügbar gemacht. Auch die Ad-hoc-Preise sollen sichtbar gemacht werden.

Barrierefreiheit und Fehlbelegung: Zwei ungelöste Baustellen

Besonders wichtig ist Döge die Barrierefreiheit. Gemeinsam mit DIN und der nationalen Leitstelle wurde 2023 ein einheitlicher Standard für barrierefreie Ladeinfrastruktur entwickelt. In Berlin-Mitte entsteht derzeit der erste Pilotstandort, der als Blaupause dienen soll. Ziel ist, auch Menschen mit Einschränkungen einfachen Zugang zu ermöglichen.

Ein weiteres Ärgernis: Fehlbelegungen durch Fahrzeuge, die nicht laden. In einem Pilotprojekt in Berlin-Mitte werden nun 180 Sensoren eingesetzt, die live melden, ob Ladeplätze belegt sind – Informationen, die den Ordnungsämtern zur Verfügung gestellt werden. Der Feldtest verlief laut Döge „nahezu perfekt“ und soll perspektivisch ausgeweitet werden.

Fazit: Technisch vielfältig, strategisch strukturiert

Norman Döges Vortrag zeigte, wie Berlin versucht, beim Ausbau der Ladeinfrastruktur nicht nur die Quantität, sondern vor allem die Qualität und Struktur zu optimieren. Die Mischung aus staatlichem Rahmen, privatwirtschaftlicher Umsetzung und technischer Innovation soll den Weg in eine nachhaltige, nutzerorientierte Elektromobilität ebnen. Mit der strategischen Vielfalt wächst auch die Stadt – und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Wenn Sie sich den Vortrag „Die Mischung machts – Betreibervielfalt beim Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur in Berlin“ von Norman Döge anschauen möchten, dann nutzen Sie bitte oben unseren Videoplayer.

1 Kommentar

zu „Öffentliche Ladeinfrastruktur in Berlin – Norman Döge, Senatsverwaltung SenMVKU“
Gregor
25.05.2025 um 08:01
An den laternen in Treptow Köpenick wurden viele 3.6kW Lader installiert, mit Fördermitteln. An den Parkplätzen stehen aber immer Verbrenner, weil die Stadt dort keine exklusiven Flächen für eAutos vergeben hat. Dem Betreiber isses sicherlich egal, da er sein Geld bekommen hat. Der Stadt isses egal, weil sie geile PR hat und damit auch eine hohe Anzahl an Ladesäulen.Ich halte es für dumm und seit 2 Jahren hat sich daran nichts geändert.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert