China: Changan wird zum staatlichen Autobauer „befördert“
Im Grunde ist es nur eine Formalität, aber eine mit großer Bedeutung: Changan – oder genauer gesagt die China Changan Automobile Group Co – wurde in dieser Woche offiziell als staatliches Unternehmen mit einem Kapital von 20 Milliarden Yuan (umgerechnet rund 2,4 Milliarden Euro) neu gegründet. Das berichten etwa das Portal Auto Home und der staatliche TV-Sender CCTV übereinstimmend. Das neue Unternehmen wird von der State-owned Assets Supervision and Administration Commission (SASAC) des Staatsrats beaufsichtigt und zählt damit nun zu den zentral verwalteten Staatsunternehmen, auch SOE genannt (State Owned Enterprises).
Bisher gehörte Changan zur ebenfalls staatlichen China South Industries Group, war also „nur“ eine Tochter eines Staatsunternehmens – am Dienstag wurde Changan aber offiziell abgespalten. Jetzt agiert Changan Automobile als unabhängiger Automobilhersteller unter Kontrolle der chinesischen Zentralregierung.
Nähere Details zur künftigen Ausrichtung sind noch nicht bekannt. Auf seinen Social-Media-Kanälen hat Changan zusammen mit den Konzernmarken bisher nur Werbematerialien zur Gründung der neuen Gruppe veröffentlicht – unter dem Slogan „Neue Mission, neue Reise“. Für den 30. Juli ist eine erste Pressekonferenz angesetzt, auf der dann womöglich weitere Aussagen getätigt werden. Im Februar gab es zum Beispiel Gerüchte über eine Fusion mit dem staatlichen Autobauer Dongfeng, da beide Unternehmen gleichzeitig eine Restrukturierung angekündigt hatten. Bestätigt hat sich das aber bisher nicht.
Bei der Neugründung wurde Zhu Huarong, bisher CEO von Changan Automobile, bleibt der wichtigste Manager und wurde in diesem Zuge als gesetzlicher Vertreter des neuen Unternehmens eingetragen. Er soll also offenbar weiterhin eine wichtige Führungsrolle bei der Entwicklung des Unternehmens aus Chongqing übernehmen. Als Unternehmenszweck ist übrigens der Vertrieb von Automobilen und Fahrzeugen mit alternativen Antrieben (New Energy Vehicles, NEV) sowie die Forschung und Entwicklung von Automobilkomponenten eingetragen.
Die „Beförderung“ zum staatlichen Unternehmen hat zur Folge, dass die Gruppe mit ihren Marken Avatr, Deepal, Qiyuan, Changan Auto und Changan Kaicheng auf derselben Verwaltungsebene wie die großen Automobilkonzerne Chinas operiert. Das dürfte dem Changan-Management einerseits mehr Freiheiten bei der Finanzierung geben, andererseits ist man noch stärker als bisher an die Entscheidungen im Staatsrat gebunden. Ein Beispiel: Übereinstimmenden Berichten zufolge hatte die chinesische Regierung den Staatsunternehmen Investitionen in EU-Ländern verboten, die sich für die Einführung der Sonderzölle auf E-Autos chinesischer Produktion ausgesprochen haben. Private Unternehmen wie BYD, Nio und Xpeng sind nicht an solche „Richtlinien“ gebunden. Changan hatte hingegen im Oktober 2024 eine in Mailand geplante Veranstaltung zur Markteinführung in Europa abgesagt – und das Event dann im März in Mainz nachgeholt. Italien hatte für die Zölle gestimmt, Deutschland dagegen.
Die (chinesische) Politik kann jetzt also noch stärker als bisher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen von Changan nehmen. Das bedeutet, dass auch die Anfang diesen Monats angekündigte Suche nach einem Standort für ein Fahrzeugwerk in Europa eine starke politische Färbung haben wird. Ein Europa-Manager des Unternehmens hatte vor einigen Wochen bestätigt, dass die Planungsphase begonnen habe und mögliche Standorte geprüft werden. Mögliche Länder wurden aber noch nicht genannt.
Changan will in Europa mit drei Marken antreten – der gleichnamigen Kernmarke, Deepal und Avatr. Die ersten Zielmärkte sind Norwegen, Dänemark, Deutschland, Großbritannien und die Niederlande. Den Anfang wird der Deepal S07 machen, der für rund 45.000 Euro in Europa verkauft werden soll – der kleinere Deepal S05 wird danach folgen.
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