Porsche soll Kahlschlag bei Batterie-Tochter Cellforce planen

Porsche will seine Batterieeinheit Cellforce offenbar fast komplett schließen. Übrig bleiben soll am Cellforce-Standort im schwäbischen Kirchentellinsfurt einem Medienbericht zufolge „bestenfalls eine kleine Einheit für Forschung und Entwicklung". Porsche selbst will sich nicht äußern.

Cellforce porsche batterie
Bild: Cellforce Group

Der Vorstand des Stuttgarter Sportwagenherstellers hatte bereits im Frühjahr offiziell eine strategische Neuaufstellung seiner Batterieaktivitäten beschlossen und kündigte seinerzeit an: Die bisherigen Pläne zum Ausbau der Produktion von Hochleistungsbatterien durch die Porsche-Tochter Cellforce Group sollen „nicht eigenständig weiterverfolgt werden“. Diese Formulierung ließ im April viel Spielraum für Interpretationen. Von einer Partnersuche bis zur Abwicklung der Tochter war alles denkbar. Der „Spiegel“ will nun erfahren haben, wie es konkret mit Cellforce weitergeht und schreibt unter Berufung auf eigene Informationen, dass rund 200 der 286 Mitarbeiter von Cellforce entlassen werden – die Autoren folgern, dass „die Einheit fast komplett dichtgemacht wird“. Gegenüber electrive erklärte ein Sprecher des Unternehmens, dass sich Porsche dazu nicht äußere.

Zum Hintergrund: Die Cellforce Group wurde einst als Joint Venture von Porsche und Customcells gegründet, um maßgeschneiderte Hochleistungs-Zellen für die Ansprüche der Elektro-Sportwagen von Porsche zu entwickeln und zu fertigen. 2023 hatte Porsche Cellforce aber komplett übernommen und die Ambitionen erhöht. Statt einem Ausbau der Produktion auf ein oder zwei GWh war plötzlich von bis zu 20 GWh die Rede – was mit dem im April 2025 erfolgten Vorstandsbeschluss aber wieder einkassiert wurde.

Wie der „Spiegel“ ausführt, folgt bei der Tochter nun der Kahlschlag, nachdem der Hersteller zuletzt noch nach Investoren gesucht hatte. Eine entsprechende Massenentlassung soll der Arbeitsagentur Reutlingen am heutigen Mittwoch angezeigt worden sein. Übrig blieben soll am Standort in Kirchentellinsfurt – wenn überhaupt – nur noch eine F&E-Einheit. Die Belegschaft werde am 25. August zusammengeholt und über die Details informiert, heißt es im Bericht weiter.

Mit den mutmaßlichen Entlassungen bei Cellforce scheint Porsches Hoffnungsprojekt, eine eigene Großserienfertigung im Batteriebereich aufzubauen, zu versanden. Die Tochter „kam nicht über eine Pilotproduktion in Kirchentellinsfurt hinaus, gefördert mit 57 Millionen Euro Steuergeld, 70 Prozent vom Bund, 30 vom Land Baden-Württemberg“, konstatieren die „Spiegel“-Autoren. Intern soll von einem „Ramp Down“ inklusive Liquidierung der Anlagen die Rede sein.

Die Gründe für das sich abzeichnende Scheitern der Tochter sollen vielfältig sein. Durch einen Zickzackkurs beim technischen Zelldesign (erst sollten Pouch- dann prismatische, dann Rundzellen gebaut werden) und teure „Made-in-Europe“-Maschinen stiegen die Kosten. Gleichzeitig schlitterte Porsche selbst in die Krise. Dabei ist der schwache China-Absatz ist ein großer Faktor. „Dort beeinträchtigen die weiterhin herausfordernden Marktbedingungen und die rückläufige Nachfrage im vollelektrischen Luxussegment die Entwicklung im Geschäftsjahr 2025“, konstatierte Porsche im Frühjahr. Dazu kommen die neuen US-Importzölle, die Porsche ohne US-Werk bei allen Baureihen treffen.

All diese Faktoren haben dazu geführt, dass Porsche unlängst seine Prognose für das Gesamtjahr 2025 gesenkt hat. Statt von einem Umsatz zwischen 39 und 40 Milliarden Euro geht der Porsche-Vorstand (mit dem neuen Finanzvorstand Jochen Breckner) nur noch von Erlösen in Höhe von 37 bis 38 Milliarden Euro aus. Die Umsatzrendite soll sich zwischen 6,5 und 8,5 Prozent bewegen, was nicht nur deutlich unter der bisherigen Prognose von zehn bis zwölf Prozent ist, sondern auch weit weg vom eigenen Anspruch, der eher in Richtung 18 bis 20 Prozent Umsatzrendite ging.

In dieser Gemengelage war nun offenbar Porsches Geduld mit der defizitären Cellforce-Tochter am Ende. Zwischenzeitlich soll es zur Rettung zwar noch Gespräche mit Northvolt (rund ein Jahr vor dessen eigener Insolvenz) und mit der VW-Tochter PowerCo gegeben haben – jedoch ohne Erfolg. Laut „Spiegel“ drohen Porsche im Fall der Fälle seitens der baden-württembergischen Landesregierung nun Rückforderungen von Fördergeldern.

Derweil hat Porsche noch ein zweites Eisen im Feuer: V4Smart, die von den Stuttgartern übernommene und umbenannte Varta-Batterietochter, stellte dieser Tage ihre Batteriezelle der zweiten Generation vor. Bei dieser handelt es sich aber um kein Massenprodukt, sondern um eine hochspezialisierte Rundzelle. Diese soll in zwei verschiedenen Versionen auf den Markt kommen und das neue Anodenmaterial von Porsche-Partner Group14 enthalten. Sie gilt als Nachfolger der bisherigen „Booster-Zelle“ – wobei eine Variante von Porsche als neue Flaggschiffversion für ein „breiteres Anwendungsspektrum“ bezeichnet wird und die zweite Variante als nochmals verbesserte Booster-Zelle gilt.

Als potenzielle Zielgruppe für diese Batteriezellen nennt das Unternehmen nicht nur die Automobilindustrie, sondern beispielsweise auch die Luft- und Raumfahrt oder Hersteller von Elektro-Werkzeugen. Man erweitere nun seinen Fokus über den Automobilsektor hinaus und richte sich an Branchen, „die zuverlässige, leistungsstarke zylindrische Zellen benötigen, die nach höchsten Qualitätsstandards hergestellt werden“, wie V4Smart vergangene Woche mitteilte.

spiegel.de

8 Kommentare

zu „Porsche soll Kahlschlag bei Batterie-Tochter Cellforce planen“
DC
20.08.2025 um 19:18
Das ist kurzsichtig.
Brarn
21.08.2025 um 08:40
naja, V4smart liefert echte Zellen und keine unkonzipierten Träumereien ohne fertige Gebäude, Produktionslinien oder eine etablierte Zelle. Nach der Akquisition von Varta ist das der einzige logische Schritt. Die kompetentesten Mitarbeiter mit bei Varta unterbringen, und den Rest von Cellforce liquidieren ist das unternehmerisch sinnvollste. Warum auf zwei Partys gleichzeig sein, wenn auf einer nichtmal Musik spielt?
WZ
21.08.2025 um 10:39
Ich stimme ihnen insoweit zu, dass man die bunt zusammengewürfelten Batterieaktivitäten im VW-Konzern (PowerCo, Cellforce, Varta/V4smart) sicherlich sinnvoll strukturieren muss. Allerdings steht bei Cellforce in Kirchentellinsfurt bereits ein nagelneues Gebäude, einige Anlagen sind dort schon in Betrieb genommen, andere stehen kurz vor der Auslieferung. Da stecken, wie im Beitrag erwähnt, auch erhebliche Fördermittel drin. Bin mal gespannt, was letztendlich dabei rauskommt.
NoFake
21.08.2025 um 07:25
"....und teure „Made-in-Europe“-Maschinen stiegen die Kosten..." ; solch ein Bullshit !!! Schaut man sich an, was die Chinesischen Zellproduzenten fast ausschließlich verwenden, genau eben "Made-in Europe". Es ist und wird aller Voraussicht nicht in den kurzdenkenden Köpfen der hiesigen Wirtschaft hereinzubringen sein, Zellproduktion benötigt eine längere Anlauframpe um erfolgreich zu sein. Wenn das im Kaufmännischen nicht verstanden wird, tja dann werden wir nie etwas mit diesem Markt auch nur ansatzweise zu schaffen haben.
c3po
21.08.2025 um 07:35
Und schon wieder wird nach Northvolt eine Batteriezellproduktion in DE gestoppt. Herr Merz, wo ist Ihre versprochene "wirtschaftliche Kompetenz"?
Philipp
21.08.2025 um 10:28
Naja. Es war wohl auch etwas naiv zu glauben mit weniger als 300 Mitarbeitern gegen CATL "anstinken" zu können und da etwas zu schaffen, was CATL mit seinen riesen Skaleneffekten nicht viel billiger kann ...
Tim N.
21.08.2025 um 11:04
Ich glaube, die deutsche Industrie würde den Verbrennungsmotor mit seinen 250 beweglichen, mikrometergenau gefertigten und mikrosekundengenau gesteuerten Teilen heute gar nicht mehr entwickeln können, wenn sie schon an so etwas wie Batteriezellen scheitert. Verfahrenstechnik und gekoppelte statistische Prozesskontrolle statt unabhängiger Einzelprozesse sind eben ein anderes Paradigma. Für die Prozesssteuerung und das Feedback zur Produktentwicklung sollte man sich genügend erfahrene VerfahrenstechnikerInnen und Halbleiter-Leute holen und ihnen den nötigen Durchgriff geben.
Michael
21.08.2025 um 12:00
Genau dieses Management-nicht-Entscheidungshinundher macht die Wirtschaft kaputt, nicht die Bezahlung der arbeitenden Mitarbeiter.

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