Sany will in Europa mit elektrischem Fernstrecken-Lkw auftrumpfen
Sany ist in unseren Breitengraden kein unbekannter Player: Der chinesische Hersteller ist in Europa allen voran mit Baumaschinen und Baufahrzeugen im Geschäft. In China gilt der Konzern als landesweit größter Hersteller von Schwermaschinen. Seit Sany 2012 den deutschen Betonpumpen-Spezialisten Putzmeister aufgekauft hat, bildet Deutschland ein wichtiges Standbein innerhalb Europas. Sany betreibt hierzulande die Standorte Bedburg und Aichtal.
Mit der Sparte Sany eTrucks will das Unternehmen sich auch im Markt für elektrifizierte Nutzfahrzeuge etablieren. Die Einheit führt den Namenszusatz „supported by Putzmeister“, was auf die europäische Stoßrichtung dieser Sparte hindeutet. Putzmeister verantwortet für Mutter Sany konkret den Kundensupport und die Service-Infrastruktur in ganz Europa. Speziell zur Einführung von neuen E-Trucks holt sich Sany aber zusätzlich noch den Mehrmarken-Werkstattspezialisten Alltrucks an die Seite. Alltrucks soll für Sany in Europa die Wartung, Diagnose und Reparatur von E-Lkw übernehmen.
Datenblatt ist mehr als konkurrenzfähig
So viel zu Vorrede, wenden wir uns den technischen Eigenheiten von Sanys neuem Sattelschlepper e263 zu. Das Modell wird von einer Elektroachse mit Doppelmotor angetrieben, die 420 kW Dauer- und 730 kW-Spitzenleistung bietet. Den Drehmoment beziffert der Hersteller auf 1.000 Nm bzw. 1.760 Nm in der Spitze. Einen Zulieferer nennt Sany nicht, präzisiert aber, dass der Lkw über eine 800-Volt-Systemarchitektur verfügt. Gespeist wird der Antrieb von einer 636-kWh-LFP-Batterie für „mehr als 500 Kilometer Reichweite“. Wer diese zuliefert, bleibt ebenfalls unklar. Es gibt aber Berichte über eine Vereinbarung zwischen Batteriespezialist EVE Energy und Sany, die zwar für eine chinesische E-Truck-Variante gilt, aber eine Batterie mit derselben Kapazität betrifft.
So oder so. Die Werte des e263 sind auf dem Papier mehr als konkurrenzfähig, wie der Vergleich zum Mercedes-Benz eActros 600 zeigt – einem der aktuell gefragtesten E-Lkw für die Langstrecke. Dieser kommt auf 400 kW Dauer- und 600 kW Spitzenleistung und 621 kWh Batteriekapazität (ebenfalls LFP) für mindestens 500 Kilometer. Die Werte ähneln sich also mit einer höheren Spitzenleistung auf Seiten von Sany.



Als Maße des Sattelschleppers werden 6,64 X 2,54 x 3,87 Meter bei einem Radstand von glatten vier Metern genannt. Das Leergewicht des e263 beziffern die Chinesen auf 10,9 Tonnen, das zulässige Gesamtzuggewicht auf 42 Tonnen. Als Ladeanschluss bietet Sany fahrzeugseitig zunächst einen CCS-Ladeport mit bis zu 400 kW Ladeleistung. „Später“ soll der Sany e263 aber auch das Megawattladen per MCS unterstützen.
Auswahl bei den Nebenabtrieben
Als weitere Merkmale des E-Lkw werden drei wählbare Nebenabtriebe genannt. Erstens ein mPTO als separater E-Motor mit 45 kW für kontinuierliche Leistung („um hydraulische oder mechanische Arbeitsgeräte während der Fahrt zu betreiben“), zweitens ein gPTO als Getriebe-Nebenabtrieb mit 210 kW für beispielsweise Kipp-, Walking-Floor- oder Silo-Anhänger zu betreiben. Und drittens ein ePTO (AC oder DC), etwa für Kühlanhänger.
Die Auslieferung des SANY e263 sollen nach Unternehmensangaben im ersten Quartal 2026 beginnen – und zwar mit dieser vorgestellten 4×2-Standardvariante. Weitere Versionen sollen bis Ende 2026 verfügbar sein. Dazu, wo die Lkw hergestellt werden, äußern sich die Verantwortlichen in ihrer Europa-Ankündigung nicht. Sany betont stattdessen, weltweit schon mehr als 40.000 Elektrozugmaschinen im Betrieb zu haben. Und: „Viele der installierten Sicherheitsassistenzsysteme gehen über die gesetzlichen Anforderungen der GSR2 hinaus und zielen auf null Unfälle und einen stabilen Betrieb ab.“
Zum Preis äußert sich Sany nicht direkt, betont aber, dass die Investition in den e263 nur „geringfügig höher ausfällt als beim Kauf von dieselbetriebenen Lkw“. Das Unternehmen reklamiert ferner die „besten Gesamtbetriebskosten“ für seinen E-Lkw und verspricht daher „die schnellste Amortisation aller derzeit auf dem europäischen Markt angebotenen Elektro-Lkw“. Das über Alltrucks angebotene Servicenetzwerk soll zudem rund 700 Servicewerkstätten in ganz Europa bieten. Und Tochter Putzmeister trägt ein eigenverwaltetes Ersatzteillager in Deutschland bei. Sany wirbt zum Marktstart also offensiv um Vertrauen, auch mit „einer 24/7-Pannenhilfe, OTA- und Telematikdiagnose sowie Full-Service-Verträgen mit einer Laufzeit von 6 bis 10 Jahren, um ungeplante Werkstattbesuche zu minimieren“.
E-Lkw für die Fernstrecke ergänzt E-Baufahrzeuge
Kevin Eichele, Leiter der Produkt- und Geschäftsentwicklung bei SANY eTrucks Europe, kommentiert: „Diese Markteinführung baut auf dem bewährten Erfolg der elektrischen Fahrgestelle 8×4 408P und e435 von SANY auf, die mit ihrer fortschrittlichen Technologie, beeindruckenden Gesamtbetriebskosten und Zuverlässigkeit neue Maßstäbe in Europa setzen. Mit dem Angebot des neuen 4×2 e263 und des bewährten 8×4 e435 bietet SANY eTrucks mit Unterstützung von Putzmeister europäischen Flottenbetreibern maßgeschneiderte Lösungen für eine Vielzahl von Anwendungen.“
Wir erinnern uns: Den 8×4 e435 hatten Sany und Putzmeister im Frühjahr auf der Bauma präsentiert. Das Baustellenfahrzeug kommt auf eine Akkukapazität von 350 kWh und eine Spitzenleistung von 405 kW bei einer Reichweite von rund 300 Kilometern. Der E-Lkw soll mit einem Leergewicht von 12 Tonnen und vielfältigen Aufbaumöglichkeiten etliche Use Cases abdecken. Das zulässige Gesamtgewicht beträgt je nach Konfiguration bis zu 38 Tonnen. Als mögliche Konfiguration des Sany e435 8×4 zeigte Putzmeister auf der Bauma die zweite Generation seines elektrischen Betonmischers iOntron eMischer.
sany-trucks.com, sanyglobal-img.sany.com.cn (PDF), sany-trucks.com (PDF)
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