
Wie Sany im hiesigen E-Lkw-Markt punkten will – 6 Fragen an Kevin Eichele
Sany ließ vergangene Woche aufhorchen. Der Baumaschinen-Spezialist aus China – hierzulande im Markt für Baustellenfahrzeuge längst etabliert – will mit einem eigenen Truck das Segment der strombetriebenen Langstrecken-Lkw in Europa aufmischen: Sany verspricht für seinen e263 mehr als 500 Kilometer Reichweite – und on top ein dichtes Servicenetz. Auf dem Papier kann das Modell mühelos mit einem der aktuellen Aushängeschilder dieses Segments, dem Mercedes-Benz eActros 600, mithalten.
Kevin Eichele begleitet den Marktstart in erster Reihe. Bei der deutschen Sany-Tochter Putzmeister in die Branche eingestiegen, ist er inzwischen zum Leiter der Produkt- und Geschäftsentwicklung von Sany eTrucks Europa berufen worden. Wir haben Eichele gefragt, welche Positionierung Sany im europäischen E-Lkw-Markt anstrebt, in welchen Weltregionen Elektromodelle des Herstellers heute schon fahren und wer die Hauptkomponenten für den Antrieb zuliefert.
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Herr Eichele, Sany führt seine E-Sattelzugmaschine e263 in Europa ein, mit ersten geplanten Auslieferungen Anfang 2026. In welchen Ländern werden Sie den E-Lkw zuerst anbieten? Und wann werden wir ihn in Deutschland bestellen können?
Unser Roll-out-Plan wird sich zum einen auf Länder konzentrieren, die bereits begonnen haben, die Vorteile von E-Lkw aktiv zu nutzen, und zum anderen auf Länder, in denen wir eine gute Abdeckung von AllTrucks*-Servicepunkten haben. Konkret bedeutet das, dass wir in DACH, Benelux, Frankreich, Spanien und den Nordics starten werden. Der e263 kann ab jetzt über Putzmeister als Teil der Sany-Gruppe bestellt werden und erste vorbestellte Kundenmaschinen werden wir bereits im Februar 2026 ausliefern.
Wo wird der e263 denn produziert und können Sie uns etwas über die Haupt-Zulieferer für Batterie und Antrieb sagen?
Das Fahrzeug wird in Changsha, China produziert und durch Putzmeister z.B. in Aichtal in Deutschland marktspezifischen Anpassungen unterzogen. Die 636 kWh LFP-Batterie kommt von Eve Energy und wird durch ein europäisches Serviceteam z.B. im Rahmen von sechs- bis achtjährigen Serviceverträgen gewartet. Die 800 Volt und 420 kW starke E-Achse ist eine Sany-Eigenentwicklung, welche sich im chinesischen Markt bereits langfristig im Real-Einsatz befindet.
Apropos Real-Einsatz: Sany betont, weltweit schon mehr als 40.000 Elektro-Zugmaschinen auf der Straße zu haben. Welche Kernmärkte bedient Sany denn schon mit E-Lkw und warum sehen Sie jetzt den richtigen Zeitpunkt gekommen, um mit diesem Modell auch in Europa anzutreten?
Mit über 11.000 verkauften schweren elektrischen Lkw im ersten Halbjahr 2025 ist Sany in China mit fast 17% Marktführer und exportiert bereits verschiedene Modelle nach Südamerika, Südafrika, Vereinigte Arabische Emirate, Indien, Thailand, Indonesien und Australien. Mit dem bereits seit 2022 in Europa verfügbaren elektrischen 8×4-Fahrgestell für beispielsweise Betonmischer und Abrollkipper-Anwendungen konnten wir viele marktspezifische Erfahrungen sammeln, welche nun dazu beitragen werden, auch im Logistiksegment Fuß zu fassen. Die Technologie ist ausgereift und vollumfänglich in Serie, weshalb wir nun einen besonderen Fokus auf die TCO und das Aftersales-Netzwerk in Europa legen können.
Wo wollen Sie den e263 denn preislich positionieren? Und gibt es schon Interessenten bzw. Vorreservierer in Europa?
Das Fahrzeug wird sich in der Anschaffung und auch über die Nutzungsdauer preislich deutlich unterhalb der aktuell angebotenen Modelle einfinden und Kunden in Deutschland sowie Spanien werden den e263 im Februar als Erstes in ihre Flotten aufnehmen.
Wie ist Ihre Einschätzung der Marktentwicklung und -akteure in Europa?
Wir sehen, dass die aktuelle Adoptionsrate von E-Lkw in Europa weit hinter den Erwartungen zurück bleibt, was neben der noch auszubauenden Ladeinfrastruktur auch besonders am aktuellen Preisgefüge liegen dürfte. Wir nutzen hier die Skaleneffekte und Erfahrungen, die Sany bereits durch die über 40.000 sich im Feld befindlichen schweren E-Lkw vorweisen kann. Unser Fokus wird auf Anwendungen liegen, in welchen wir für unsere Kunden bereits ab Tag eins einen finanziellen Mehrwert schaffen können, indem wir europaweit die beste TCO anbieten. Wir werden dazu auch auf Best Practices aus China zurückgreifen, da die Elektrifizierungsrate für schwere Lkw dort bereits bei 25 Prozent im ersten Halbjahr 2025 lag.
Und welche Rolle spielt Putzmeister bei dem Launch des E-Lkw?
Mit dem Slogan und Versprechen SANY eTrucks supported by Putzmeister* wird in vielen europäischen Ländern die Technik, der Vertrieb sowie der Service lokal durch die Putzmeister-Organisation unterstützt, um ein umfassendes und exzellentes Kundenerlebnis sicherzustellen.
Herr Eichele, vielen Dank fürs Gespräch!
* Die Sparte Sany eTrucks führt den Namenszusatz „supported by Putzmeister“, was auf die europäische Stoßrichtung dieser Einheit hindeutet. Neben Tochter Putzmeister holt sich Sany speziell zur Einführung des neuen E-Truck aber zusätzlich noch den Mehrmarken-Werkstattspezialisten Alltrucks an die Seite. Alltrucks soll für Sany in Europa die Wartung, Diagnose und Reparatur von E-Lkw übernehmen.
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