Versenkbare Türgriffe vor dem Aus? Wachsender politischer Druck in China und den USA

In den USA steht Tesla aufgrund von Sicherheitsmängeln bezüglich der Türöffnungsmechanismen in der Kritik. Laut dem Chefdesigner von Holzhausen arbeitet der Autobauer an einem neuen Bedienelement, mit dem die Probleme aus der Welt geschafft werden sollen. Gleichzeitig planen chinesische Behörden ein ab Juli 2027 geltendes Verbot vollständig versenkbarer Türgriffe.

Bild: Florian Treiß

Versenkbare Türgriffe liegen seit Jahren im Branchentrend. Vor allem im E-Auto-Bereich sind die versenkbaren Türgriffe heute bei einem Großteil der Modellneuheiten zu finden. Die vermeintlichen Vorzüge liegen auf der Hand: Im eingefahrenen Zustand unterstreichen sie die klare Linie, außerdem sollen sie im Vergleich zu herkömmlichen Bügelgriffen die Aerodynamik verbessern und dem Fahrzeug einen betont modernen Touch geben.

Doch mittlerweile häuft sich die Kritik an diesem Design-Kniff: Anfang September wurde bekannt, dass die chinesischen Zulassungsbehörden wohl aus Sicherheitsgründen ein Verbot von vollständig versenkbaren Türgriffen planen. Grund hierfür ist, dass sie sich in Unfallsituationen teilweise nicht öffnen lassen und mechanische Redundanzen fehlen. Noch diesen Monat soll in China ein Entwurf mit verbindlichen Normen bezüglich von Pkw-Türgriffen fertiggestellt werden.

Nicht nur die chinesischen Autobauer müssen handeln

Im Raum steht in China nun ein gänzliches Verbot von vollständig versenkbaren Türgriffen, das nach einer rund einjährigen Übergangsphase voraussichtlich im Juli 2027 in Kraft treten soll. Danach könnten Fahrzeuge, die mit diesem Feature ausgestattet sind, in China nicht mehr zugelassen werden. Es sei denn, die Hersteller verbauen einen zusätzlichen mechanischen Öffnungsmechanismus. Wie es um halb versenkbare Türgriffe, die in eine Richtung ausklappen wie etwa beim Hyundai Ioniq 5 steht, ist weiterhin fraglich.

Das oft kritisierte Design-Feature findet sich in China bei den NEV (New Energy Vehicles), zu denen neben reinen E-Autos auch Plug-in-Hybride und Fahrzeuge mit Range Extender zählen, besonders oft. Da es sich bei dem dortigen Markt um den größten der Welt handelt, dürfte sich dies sehr schnell auch auf andere Märkte und die Modellpaletten der westlichen Hersteller auswirken.

Tesla hatte denTrend vor über zehn Jahren begründet

Vor allem Tesla steht diesbezüglich in der Kritik – und zwar nicht nur im Reich der Mitte, sondern auch zuhause in den USA. Schließlich hat der von Elon Musk geführte Autobauer diese Art von Türgriffen ab 2012 mit dem Model S etabliert und damit mit ein paar Jahren Verzögerung einen branchenweiten Trend losgetreten.

Bereits 2019 kam ein Mann bei einem Brand in seinem Model S ums Leben, da die Türgriffe des Fahrzeugs sich nicht wie vorgesehen automatisch ausfuhren. Meist ist der Grund dafür, dass das 12 Volt-Bordnetz bei einem Crash ausfallen kann, mit dem die Türen normalerweise geöffnet werden.

In den vergangenen Tagen hat die Thematik für den Hersteller nochmal eine ganz andere Dimension angenommen. Die US-Behörde für Straßenverkehrssicherheit (NHTSA) hat am 16. September bekanntgegeben, dass sie Untersuchungen einleiten wird, die 174.000 Tesla Model Y des Modelljahres 2021 betrifft. Grund dafür ist, dass die elektrischen Türöffner ausfallen können.

Zwar gibt es im Innenraum mechanische Notentriegelungen, diese werden aber vor allem von Kindern oftmals nicht gefunden und können von ihnen nur schwer betätigt werden – selbst in der Gegenwart ihrer Eltern. Laut einem Bloomberg-Bericht registriert die NHTSA seit 2018 mehr als 140 Beschwerden bezüglich der Türöffnungsmechanismen diverser Tesla-Modelle. Außerdem habe es in diesem Zusammenhang mehrere Todesfälle gegeben.

Tesla ist bereits auf der Suche nach einer Alternative

In einem Interview mit Bloomberg hat Teslas Designchef Franz von Holzhausen kürzlich angekündigt, dass man die elektronischen und mechanischen Öffnungsmechanismen künftig in einem Bedienelement kombinieren möchte. Wenn die Elektronik ausfällt, müsste man den Standard-Hebel dann nur fester als sonst betätigen, um die Tür zu öffnen. Zudem beobachte der Elektroauto-Hersteller die Entwicklungen bezüglich des drohenden Verbots von versenkbaren Türgriffen in China genau und arbeite bereits an einer Lösung, falls das Gesetz wirklich in Kraft tritt.

Es bleibt also spannend, wie sich die Thematik entwickelt. Möglicherweise gehört der branchenweite Trend schon bald wieder der Vergangenheit an und die Autobauer setzen wieder auf herkömmliche Bügelgriffe, oder lassen sich eventuell sogar etwas ganz neues einfallen.

Die Vorteile der versenkbaren Türgriffe werden ohnehin schon seit längerem in Frage gestellt – Laut Veröffentlichungen der Fachorganisation für Mobilitätstechnik SAE ist der aerodynamische Nutzen deutlich kleiner als von den Herstellern angegeben. Teilweise würden die aerodynamischen Vorteile in Sachen Effizienz durch das von den zusätzlichen E-Motoren der versenkbaren Türgriffe verursachte Mehrgewicht wieder zunichte gemacht. Bei Minusgraden besteht außerdem die Gefahr, dass der Mechanismus zufriert.

teslamag.de, www.bloomberg.com, carnewschina.com

0 Kommentare

zu „Versenkbare Türgriffe vor dem Aus? Wachsender politischer Druck in China und den USA“

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert