Projekt PVCharge: Forschung zu effizienterem E-Auto-Laden per Solarstrom
Das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE arbeitet im Forschungsprojekt „PVCharge – Multifunktionale Leistungselektronik für PV-Parkplätze“ gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Forschung an Lösungen für das direkte Laden von Elektrofahrzeugen mit Solarstrom. Als Hauptziele nennen die Teilnehmer, die Verluste bei der Energiewandlung zu reduzieren, den Anteil von Solarstrom im Fahrzeugakku zu erhöhen und gleichzeitig netzdienliche Funktionen zu ermöglichen.
Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit 3,5 Millionen Euro geförderte Forschungsprojekt läuft von April 2025 bis März 2028. Es wird vom Fraunhofer IEE koordiniert und gemeinsam mit der Siemens AG, der Infineon Technologies AG, der Flavia IT Management GmbH und der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg durchgeführt. Hauptanliegen der Partner ist es, „Synergien zwischen industriellen Photovoltaikanlagen und Elektrofahrzeugen effizient zu nutzen und damit das direkte PV-Laden technisch und wirtschaftlich zu optimieren“.
Denn aktuell ist das direkte Laden mit Solarstrom noch reichlich ineffizient: „Zurzeit muss der Strom aus der PV-Anlage mindestens vier Wandlungsstufen durchlaufen, bevor er in der Fahrzeugbatterie ankommt“, vergegenwärtigt Dr. Sebastian Sprunck, Projektkoordinator am Fraunhofer IEE. „Jede dieser Wandlungsstufen ist aber mit Verlusten behaftet, weswegen rund 10 Prozent der Solarenergie ungenutzt verloren geht. In PVCharge erforschen wir einen Ansatz, mit dem diese Wandlung in zwei statt in vier Schritten erfolgen kann, was rund die Hälfte der Verluste einspart.“
Konkret setzen die Projektteilnehmer den Fokus ihrer Forschungsarbeit auf folgende drei Aspekte:
- Die Verringerung von Energiewandlungsverlusten beim Laden von Elektrofahrzeugen mit PV-Strom, um erneuerbare Energien effizienter zu nutzen
- Die Steigerung des PV-Anteils in der Fahrzeugbatterie durch PV-abhängige Sollwertvorgaben beim Aufladen, um den fossil erzeugten Anteil des Netzstroms durch lokal erzeugten PV-Strom zu ersetzen
- Die Einbindung der Fahrzeugbatterien für netzstabilisierende Dienstleistungen
Das Fraunhofer IEE entwickelt dazu eine Testumgebung, mit der der Ansatz praktisch validiert werden soll. Konkret wollen die Forscher ein bestehendes Rapid-Control-Prototyping-System erweitern, um das Verhalten verschiedener aktueller und zukünftiger E-Pkw an den Ladesäulen nachzubilden. Zusätzlich wird das Institut eine eigene PV-Anlage für Versuche nutzen, um das Systemkonzept auch im Hinblick auf Anlagen- und Personensicherheit realitätsnah zu prüfen.
Die Siemens AG untersucht derweil die sicherheitsrelevanten Fragestellungen und die Integration der Ladesäulen. „Die räumliche Ausdehnung eines solchen PV-Parkplatzes, die variable Anzahl an Elektrofahrzeugen und die verschiedenen Nutzungsszenarien erfordern innovative Ansätze für die Systemüberwachung und Interaktion der verschiedenen Wandlerstufen“, erläutert Sebastian Nielebock, Projektleiter bei Siemens.
Auch das Zusammenspiel mit dem Stromnetz wird berücksichtigt: „Für diese Interaktion mit dem Netz braucht es robuste, dynamische und langlebige Leistungselektronik“, sagt Dr. Peter Friedrichs, Fellow SiC Innovation bei der Infineon Technologies AG. Sein Unternehmen entwickelt dazu einen Demo-Wechselrichter auf Basis neuartiger Halbleitermodule, der diese Interaktion ermöglicht.
An der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS) wird parallel an der Anpassung des sogenannten MPP-Trackers gearbeitet, der bei PV-Anlagen standardmäßig die Strom-Spannungs-Kennlinie von Solarmodulen überwacht. „In einem solchen System muss der MPP-Tracker mit schnellen und starken Änderungen der DC-Spannungen umgehen können, wenn sich die Leistungsbilanz des Systems z. B. durch Vorgaben des Netzbetreibers, einen bewölkten Himmel oder das Anschließen und Abfahren von Fahrzeugen kurzfristig ändert“, erläutert Prof. Dr. Marco Jung, Professor für Elektromobilität und elektrische Infrastruktur an der H-BRS und Abteilungsleiter Stromrichter und elektrische Antriebe am Fraunhofer IEE.
Die Flavia IT Management GmbH entwickelt unterdessen auf Basis ihrer Plattform namens Gridware die IT-seitige Grundlage für das Zusammenspiel von Nutzerwünschen, Netzvorgaben und Abrechnungsoptionen. „Dabei gibt es zahlreiche Nutzerwünsche, Vorgaben der Netzbetreiber, Freigaben, Datenformate, Abrechnungsoptionen und Kommunikationsschnittstellen zu berücksichtigen, die in Echtzeit und mit hoher Präzision bedient werden müssen“, führt Georg Schmitt von Flavia IT Management aus.
Um weitere Anforderungen von Komponenten- und Systemherstellern sowie Netzbetreibern zu berücksichtigen, haben sich die Projektteilnehmer übrigens auch drei assoziierte Partner ins Boot geholt: Die SUMIDA Components & Modules GmbH, die SMA Solar Technology AG und die Städtische Werke Netz+Service GmbH beraten und begleiten das Konsortium im Verlauf des Projekts. Darüber hinaus sind mehrere Workshops geplant, in denen weitere Stakeholder eingebunden werden sollen, um zusätzliche Perspektiven in das Projekt einfließen zu lassen.
Aktuell lädt das Projektteam Netzbetreiber beispielsweise zur Teilnahme an der PVCharge Netzbetreiber-Umfrage ein, die sich an Betreiber von Nieder- und Mittelspannungsnetzen in Deutschland richtet. Außerdem findet am 19. November 2025 der erste Stakeholder-Workshop mit dem Thema „Netzintegration und Schnittstellen“ statt.





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