
Weltpremiere des Cayenne Electric: Elektrische Ergänzung statt All-in
Dass der Intern E4 genannte Elektro-Cayenne nicht gerade untermotorisiert sein wird, haben wir schon Ende September in unserem Technik-Deep-Dive zu dem neuen Modell berichtet – bei dem Technologie-Workshop zu Antrieb, Batterie und Software hat sich Porsche mit den genauen Zahlen aber noch bedeckt gehalten.
Das ist jetzt anders, denn der neue Cayenne hat seine virtuelle Weltpremiere gefeiert – und damit sind die finalen Daten bekannt. Zum Start gibt es zwei Varianten, den Cayenne Electric und Cayenne Turbo Electric. Letztgenannter bringt es im Launch-Control-Modus kurzzeitig auf 850 kW Leistung und 1.500 Nm Drehmoment. Damit kann sich der elektrische Turbo in 2,5 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h katapultieren, bei 260 km/h ist Schluss mit dem Vortrieb. 850 kW kW entsprechen in der alten Welt 1.156 PS. Im Normalen Fahrmodus liegt die Leistung noch bei 630 kW, was 857 PS entspricht. Zum Vergleich: Der stärkste Cayenne mit Verbrennungsmotor an Bord ist der Cayenne Turbo E-Hybrid als PHEV. Dieser ist mit 544 kW Systemleistung angegeben und kann im besten Fall in 3,7 Sekunden von 0-100 km/h beschleunigen. Möglich macht das ein im Vergleich zum Macan neuer Elektromotor an der Hinterachse mit Öl-Direkt-Kühlung – vorne kommen die gleichen Motoren zum Einsatz.
Keine Frage, Spitzenleistungen von 850 kW oder 630kW im normalen Fahrmodus braucht kein Mensch. Im Luxus-Segment geht es aber in der Regel nicht darum, sämtliche Fähigkeiten andauernd voll auszunutzen. Aber man könnte, wenn man will – weil man weiß, dass man im stärksten Cayenne aller Zeiten sitzt. Und der ist künftig eben elektrisch.








Auch das elektrische Basis-Modell, der Cayenne Electric, übertrifft die Daten der Verbrenner-Basis: Er kommt im Normalbetrieb auf eine Leistung von 300 kW und mit Launch Control auf 325 kW sowie 835 Nm Drehmoment. Damit beschleunigt der schwächste Elektro-Cayenne immer noch in 4,8 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit liegt hier bei 230 km/h.
Wie in unserem Deep Dive schon berichtet, liegt die Rekuperationsleistung des Turbo-Modells bei 600 kW – und damit auf dem Niveau des Formel-E-Rennwagens 99X Electric. Angesichts dieser elektrischen Verzögerung verwundert es kaum, dass laut Porsche 97 Prozent aller Bremsvorgänge bis zum Stillstand ausschließlich über die beiden Elektromotoren abgewickelt werden sollen. Die Scheibenbremsen werden also nur sehr selten benötigt. Porsche wäre aber nicht Porsche, wenn es beim Cayenne Turbo nicht gegen Aufpreis auch die Keramikbremse Porsche Ceramic Composite Brake (PCCB) geben würde.
Bei den Antrieben unterscheiden sich der Cayenne Electric und die Turbo-Version teils deutlich – eben bei dem ölgekühlten E-Motor an der Hinterachse, beim Basis-Modell kommen die bekannten permanenterregten Synchronmanschinen aus Porsches erstem PPE-Modell Macan zum Einsatz. Die Batterie ist beim elektrischen Cayenne aber immer gleich: Sie bietet einen Brutto-Energiegehalt von 113 kWh, von denen etwa 108 kWh netto nutzbar sind. Dabei hat Porsche ein gänzlich anderes Batterie-Konzept als noch beim Macan gewählt: Im Cayenne-Unterboden sind sechs einzelne Module verbaut, die nicht mehr in ein gemeinsames Batteriepack integriert sind – die Module werden einzeln mit einem Rahmen verbunden. Und in den Modulen stecken Pouchzellen anstatt von prismatischen Zellen – für Details zur Zellchemie und dem besonderen Kühlkonzept mit zwei Kühlplatten verweisen wir an dieser Stelle wieder auf den Technik-Deep-Dive.
| Cayenne Electric | Cayenne Turbo Electric | |
|---|---|---|
| Antrieb | AWD | AWD |
| Leistung | 325 kW | 850 kW |
| Drehmoment | 835 Nm | 1.500 Nm |
| Beschleunigung | 4,8 s | 2,5 s |
| Höchstgeschwindigkeit | 230 km/h | 260 km/h |
| WLTP–Reichweite | 642 km | 623 km |
| Batteriekapazität | 113 kWh | 113 kWh |
| Ladeleistung DC | 400 kW | 400 kW |
| Ladezeit DC 10-80% | 16 min | 16 min |
| Preis | 105.200 Euro | 165.500 Euro |
Denn zur Weltpremiere gibt es jetzt die offiziellen Reichweiten-Daten: Der Cayenne Electric erreicht eine kombinierte WLTP-Reichweite von bis zu 642 Kilometern, beim Cayenne Turbo Electric sind es maximal 623 Kilometer – angesichts der Differenz bei der Leistung fällt der Unterschied bei der Reichweite recht gering aus. Mit dem 800-Volt-System können in zehn Minuten 325 Kilometer (Turbo: 315 km) nachgeladen werden, der übliche Standard-Ladevorgang von zehn auf 80 Prozent soll unter 16 Minuten dauern.
Interessant wird es nochmals bei der maximalen Ladeleistung: Die hatte Porsche vorab mit bis zu 400 kW kommuniziert. Das trifft auch zu, aber nur unter ganz bestimmten Bedingungen. Lädt man von zehn auf 80 Prozent, werden es maximal 390 kW sein. Die Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass die Ladesäule diese Leistung auch abgeben kann (über 850 Volt und über 520 Ampere), der Ausgangs-Ladezustand bei neun Prozent, die Restreichweite unter 60 Kilometer und die Batterietemperatur 15 Grad Celsius beträgt. Die 400 kW sind dann möglich, wenn der Ladestand beim Start zwischen 45 und 48 Prozent liegt und die Batterie auf 40 bis 42 Grad temperiert ist. Das ist wirklich sehr spezifisch und wird wohl nur selten der Fall sein. Mit maximal 390 kW statt 400 kW zu laden, wird aber keinen großen Unterschied machen – es ist immer noch sehr schnell und muss erst einmal von der Ladesäule auch unterstützt werden.
Der 400-kW-Peak bei 45 bis 48 Prozent Ladestand zeigt auch, dass es Porsche nicht wirklich um eine möglichst hohe Spitzenleistung für einen kurzen Zeitraum geht, sondern um ein möglichst robustes Ladeverhalten: Es gibt nicht die eine Ladekurve, die bei Ladezustand X maximal Y kW Leistung zulässt. Das Batteriemanagement entscheidet je nach Zustand, mit welcher Leistung das bestmögliche Ladeverhalten erreicht werden kann, damit der Fahrer nur so lange wie nötig an der Ladesäule stehen muss.
Für das AC-Laden ist ein 11-kW-Onboard-Charger verbaut, eine 22-kW-Option gibt es trotz der über 100 kWh großen Batterie derzeit nicht. Dafür debütiert im Cayenne eine andere Ladeoption für zu Hause: Optional gibt es das induktive Laden mit 11 kW. Neben einer Vorrichtung am Unterboden besteht das „Porsche Wireless Charging“ genannte System auch aus einer Bodenplatte. Das Auto muss dann nur über dieser Platte abgestellt werden, der Ladevorgang startet dann automatisch.
Der Nutzwert steht auch an anderer Stelle im Fokus: Mit bis zu 781 Liter Ladevolumen bis zur Oberkante der Rücksitze hat der Cayenne Electric den bis dato größten Kofferraum der Baureihe. Bei umgeklappten Rücksitzlehnen passen bis zu 1.588 Liter in den Cayenne, dazu kommen die 90 Liter des Frunks unter der Fronthaube. Und die Anhängelast liegt bei bis zu 3,5 Tonnen – das ist nicht abhängig vom Antrieb, sondern von der Ausstattung: Je nachdem, mit welcher Heckschürze der Cayenne ausgestattet ist, verändert sich der Böschungswinkel. Und bei 3,5 Tonnen Anhängelast ist von den Behörden ein bestimmter Böschungswinkel vorgegeben, den die sportlicheren Varianten nicht erreichen – hier sind es dann maximal 3,0 Tonnen Anhängelast.












A propos Heckschürze und Karosserie: Im Vergleich zum Verbrenner-Cayenne ist die neue E-Version mit 4,99 Metern 5,5 Zentimeter länger. Der Radstand hat sogar um 13 Zentimeter auf 3,02 Meter zugelegt. Daher sollen gerade die Passagiere im Fond so viel Platz haben wie nie zuvor. Die Sitze hinten sind ab Werk ebenfalls elektrisch verstellbar und können flexibel zwischen einer Komfortposition und der Cargostellung für den maximalen Laderaum eingestellt werden.
Einstellbar ist auch die Aerodynamik: Das System Porsche Active Aerodynamics (PAA) passt die aerodynamischen Eigenschaften „präzise auf die jeweilige Fahrsituation und Geschwindigkeit an“. Im Bugteil unten sind bewegliche Kühlluft-Klappen verbaut, die sich je nach Kühlbedarf öffnen oder schließen. Der adaptive Dachspoiler kann ebenfalls angepasst werden. Das mit Abstand auffälligste Merkmal sind aber die aktiven „Aeroblades“ beim Cayenne Turbo. Diese befinden sich seitlich am Heck des Fahrzeugs und können ein- und ausgefahren werden. „ Sie verlängern die seitlichen Abrisskanten und verbessern die Strömungseigenschaften, was zu einem Reichweitenplus insbesondere bei höheren Geschwindigkeiten führt“, erklärt Porsche.
Das Basismodell muss ohne diese Aeroblades auskommen und hat auch vorne eine leicht anders designte Stoßstange als der Turbo. Die Scheinwerfer und Fronthaube sind hingegen gleich: Hier hat sich Porsche wieder für einteilige Hauptscheinwerfer entschieden. Zuletzt hatte sich unter Auto-Designern der Trend etabliert, nur die LED-Tagfahrlichter als optisch auffällige Elemente zu nutzen und die eigentlichen Scheinwerfer unauffälliger in die Stoßstange zu integrieren. Nicht so beim Cayenne, hier gibt es wieder klassische Hauptscheinwerfer im typischen Porsche-Look. Auch das Heck ist mit der durchgängigen LED-Leiste sofort als Porsche erkennbar, nicht aber unbedingt als Elektro-Modell.
Preise starten bei 105.200 Euro
Auch bei den Preisen fügen sich die beiden neuen Elektro-Modelle eher unauffällig in die Cayenne-Baureihe ein– wenn man stets sechsstellige Preise als unauffällig bezeichnen will. Mit 105.200 Euro ist der Cayenne Electric etwas teurer als der Basis-Verbrenner (101.500 Euro), leistet aber auch mehr als dessen 260 kW. Und der neue Cayenne Turbo Electric ist zwar der mit Abstand stärkste Cayenne, aber nicht der teuerste: Er ist ab 165.500 Euro bestellbar und damit sogar günstiger als der Plug-in-Hybrid Cayenne Turbo E-Hybrid. Für den werden mindestens 187.600 Euro fällig.
„Kunden zu begeistern ist unser oberstes Ziel bei Porsche. Mit der Elektrifizierung des Cayenne erreichen wir ein neues Performance-Level, welches Maßstäbe für die Zukunft setzt. Gleichzeitig werden wir den Cayenne mit effizienten Verbrennungs- und Hybridantrieben bis weit ins nächste Jahrzehnt weiterentwickeln“, sagt Matthias Becker, Mitglied des Vorstands, Vertrieb und Marketing. „Diese Strategie gilt auch für das gesamte Modellportfolio von Porsche: In jedem Segment, in dem wir vertreten sind, werden Kunden künftig die Wahl zwischen vollelektrischem und verbrennungsmotorischem Antrieb haben.“




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