Elektrobusse: Ukrainische Hersteller suchen ihre Chance

Immer mehr Hersteller aus Osteuropa wagen den Einstieg in das Geschäft mit elektrischen Stadtbussen. Aleksandra Fedorska wirft für electrive.net einen Blick auf die Projekte ukrainischer Hersteller. Die versprechen sich gute Chancen, haben aber noch mit einigen Unzulänglichkeiten zu kämpfen.

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Seit mehreren Jahren bemühen sich ukrainische Busunternehmen, wie Electron und LAZ, Lviv, sowie Bogdan aus Luzk um die Produktion eigener elektrischer Stadtbusse. Sie möchten dem Beispiel polnischer und tschechischer Hersteller folgen und mit einer ausgereiften Produktpalette erst den eigenen heimischen Markt bedienen, um anschließend erfolgreich in die EU expandieren zu können.

In der ukrainischen Presse häufen sich seit Anfang der 2010er Jahre Berichte über entsprechende Initiativen, aus denen erste Prototypen ukrainischer E-Busse entstanden sind. Nachdem es aber 2015 dem Produzenten Electron gelungen ist, einen elektrischen Stadtbus zu bauen und diesen in den herkömmlichen Stadtverkehr der Großstadt Lviv zu integrieren, haben die anderen Unternehmen ihre Bemühungen intensiviert. Ende letzten Jahres stellte nun Bogdan die Planung für einen ersten vollständig selbst entwickelten elektrischen Stadtbus vor. Der Produktionsbeginn soll im laufenden Jahr erfolgen. Die vordergründige Herausforderung, der sich Bogdan bei seiner ersten eigenen Konstruktion eines E-Busses gestellt hatte, war das selbst formulierte Ziel die Busse so zu konzipieren, dass eine Reichweite von 200 km haben. Der Antriebsmotor mit einer Leistung von 260 kW macht es dabei möglich eine Geschwindigkeit über 70 km/h zu erreichen. Der 12 Meter lange Prototyp wird rund 80 Passagiere befördern können.

Bogdan ist als Hersteller im Zusammenhang mit der Lieferung von Trolleybussen nach Lublin auch in Polen bekannt geworden. Bogdan arbeitete dabei mit dem polnischen Unternehmen Ursus zusammen. „Lublin zählt zu den drei polnischen Städten, neben Tychy und Gdynia, die auf Trolleybusse setzen. Insgesamt sind in der Stadt 124 Trolleybusse der Hersteller Ursus und Solaris im Einsatz. Die von Ursus in Zusammenarbeit mit Bogdan produzierten Fahrzeuge überzeugen ebenso wie alle anderen“, sagte Weronika Opasiak, Pressesprecherin der Lubliner Verkehrsbetriebe.

Defizite bei der Technik

Die Entwicklung eines eigenen E-Busses soll den ukrainischen Unternehmen neue Perspektiven geben. Eine Zukunftsoption besteht darin, E-Busse aus ukrainischer Produktion in die Europäische Union zu exportieren. Der polnische Experte und Chefredakteur des Fachportals infobus.pl, Aleksander Kierecki, beurteilt ihre etwaigen Chancen sich auf den europäischen Markt zu etablieren, verhalten kritisch: „Die östlichen Hersteller haben noch einiges an Nachholbedarf im Bereich des Marketings, der Vertragstreue und allen voran technische Defizite bei den Batterien. Sie greifen aktuell auf nichtzertifizierte chinesische Batterien zurück, die bei westlichen Abnehmern kein Vertrauen genießen.“

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Im ersten Schritt strebt Bogdan jedoch die Fokussierung auf den heimischen ukrainischen Markt an. Die Chancen des Unternehmens stehen dabei nicht schlecht. Mit der Unterstützung der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung wurden Finanzmittel in Höhe von 160 Millionen Euro für ÖPNV-Investitionen bereitgestellt. Allein im Jahr 2018 haben die ukrainischen Städte und Kommunen 269 neue Stadtbusse gekauft. Die westukrainische Stadt Lviv zählte 2018 mehrere Ausschreibungsrunden, in denen insgesamt 150 Busse erworben wurden. Der weißrussische Hersteller MAZ erhielt den Zuschlag für 100 Stadtbusse und 50 Busse gingen an den ukrainischen Hersteller Electron, der in Lviv seine Busse herstellt. Seit dem Jahr 2015 ist in Lviv der elektrische Prototyp Е19101 von Electron in Betrieb. Dieser E-Bus hat eine Reichweite von bis zu 200 km, sofern er nicht schneller als 70 km/h fährt, so die offizielle Angabe. Zwar wird der überwiegende Teil der Investitionsmittel für Stadtbusse mit konventionellen Antrieben ausgegeben, doch gibt es auch hier Chancen für E-Busse. Wie die ukrainische Nachrichtenagentur (UNN) berichtet, haben allein im Jahr 2019 die Städte Lviv, Kiew und Schytomyr elektrisch angetriebene Fahrzeuge für ihre städtischen Verkehrsbetriebe getestet.

Das ukrainische Potential wurde bereits erkannt. Der chinesische E-Bushersteller Skywell hat im vergangenen Jahr verstärkt Interesse gezeigt, einen Teil seiner E-Busherstellung in die Ukraine zu verlagern. Das Unternehmen blieb hinsichtlich des konkreten Zeitplans und Umfangs zwar vage, doch wurde gleichzeitig die Möglichkeit einer Gründung eines ukrainisch-chinesischen Unternehmens betont.

Weniger erfreulich für die ukrainischen Bushersteller dürften aber aktuelle Presseberichte und Gerüchte sein, dass für den Kauf von zehn Elektrobussen in der Stadt Saporischschja bereits Gespräche mit dem polnischen Hersteller Solaris aufgenommen wurden. Die Elektro-Zukunft von Bodgan, Electron und Co. bleibt vorerst also ungewiss.

Über die Autorin

Aleksandra Fedorska ist polnisch-deutsche Politologin und Publizistin. Sie arbeitet als Korrespondentin für polnische und deutsche Medien in den Fachbereichen Energiepolitik und E-Mobilität. Fedorska lebt und arbeitet im schleswig-holsteinischen Jagel und in der polnischen Stadt Poznań. Zuletzt berichtete sie hier auf electrive.net über den Elektrobus-Boom in Polen, über das polnische Förderprogramm für E-Fahrzeuge und Rafako, eigentlich ein Spezialist für Kraftwerksanlagen, der einen Elektrobus entwickelt hat.

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