Nio ET5 im Test: Weit mehr als der Battery Swap

Mit den Power Swap Stations zum schnellen Batterietausch baut Nio derzeit in China und Europa eine einzigartige Infrastruktur für Elektroautos auf. Mit der Limousine ET5 bringt Nio die Tausch-Technologie auch in das 50.000-Euro-Segment. Den ET5 aber auf den Batterietausch zu reduzieren, greift viel zu kurz. Wir haben im Test andere Vorzüge der chinesischen Limousine gefunden – aber auch einige Schwächen.

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6 Minuten und 32 Sekunden. So lange hat der Batterietausch bei unserem Test in Hilden gedauert – von dem Moment, in dem das System beim Einfahren selbstständig das Steuer übernimmt, bis zur Freigabe des Autos, wieder (händisch) aus der Station auszufahren. Ganz klar: So schnell ist in absehbarer Zeit kein Ladevorgang.

Die Wahrheit ist aber auch: In der Praxis wird die Pause sehr wahrscheinlich länger dauern als jene 6:32 Minuten. Denn wenn man nicht gerade das Glück hat, das eine der in Deutschland seltenen Nio Power Swap Stations entlang der täglichen Pendelstrecke liegt, wird man wohl eher auf der Langstrecke den Batterietausch nutzen. Und da man während des Tauschvorgangs im Fahrzeug sitzen bleiben muss, kann man erst im Anschluss (oder wahlweise auch davor) auf die Toilette. Bei unserem Test in Hilden hat der ganze Aufenthalt inklusive eines kurzen Besuchs in der dortigen Backstube 17 Minuten gedauert. In der Zeit hätte auch ein Hyundai Ioniq 6 geladen werden können – und man erledigt Toilettenbesuch und den Kauf der Verpflegung währenddessen.

Ja, der Ioniq 6 wäre in diesem Zeitraum nur auf rund 80 Prozent geladen gewesen, das ist korrekt. Allerdings muss auch erwähnt werden, dass das Nio-System bei der Anfahrt angezeigt hat, dass mehrere 100-kWh-Akkus mit 100 Prozent Ladestand in der Station vorrätig sind. Nach dem Batterietausch hat der Testwagen aber nur einen Ladestand von 90 Prozent angezeigt.

Fast 500 Kilometer Praxis-Reichweite mit dem großen Akku

Der Testwagen ist ein hellblauer ET5 mit beigen Ledersitzen. Der Antrieb leistet 360 kW, im Unterboden des Testwagens ist die optionale 100-kWh-Batterie mit NMC-Zellen montiert. Die Basis-Variante kommt zwar auf die gleiche Leistung, hat aber einen 75 kWh großen Akku, der größtenteils aus LFP-Zellen besteht. Nur in den vier Ecken des Batteriepacks ist jeweils ein Modul mit NMC-Zellen verbaut, die als eine Art Leistungspuffer dienen. Die WLTP-Reichweite liegt hier bei 456 Kilometer.

Mit dem großen Akku sind es in der Norm sogar bis zu 590 Kilometer. Mit unserem Testverbrauch von im Schnitt 20,4 kWh/100km sind es rechnerisch 490 Kilometer – mit etwas Puffer nach unten (es sei denn, man rollt gerne mit null Prozent an die Ladesäule) also wohl zwischen 450 und 480 Kilometer. 400 Kilometer non-stop sollten auch bei einer reinen Autobahn-Fahrt möglich sein. Mit etwas An- und Abfahrt von der Autobahn zur Power Swap Station (PSS) kann es dann mit vielleicht zehn Minuten Verzögerung weiter gehen. Wenn es denn die Blase mitmacht.

Kurz nach Ende unseres Test-Zeitraums hat Nio in Süddeutschland zwei weitere PSS eröffnet, derzeit sind also hierzulande sieben Tauschstationen in Betrieb. Weitere Stationen werden derzeit gebaut – 50 weitere Standorte für den Bau neuer Akkutausch-Stationen hat Nio bereits gesichert und die entsprechenden Verträge unterzeichnet. Das Netz wächst also. Doch bis es so dicht ist, dass wirklich lange Strecken ohne Umwege mit passend positionierten PSS möglich sind, wird es noch dauert. Und was bringen zum Beispiel dem Münchner zwei PSS entlang der A8 nach Stuttgart (Zusmarshausen und Ulm-Seligweiler), wenn das Auto locker ohne Batterietausch nach Stuttgart kommt? In München selbst gibt es aber keine Möglichkeit, die Batterie schnell zu tauschen. Das ist erst wieder in Regensburg möglich. Und selbst wenn eine PSS entlang der Route ohne Umweg erreichbar ist, sollte man dort auch mit einem möglichst leeren Akku ankommen. Denn eine noch zu 50 Prozent geladene Batterie (für den Strom hat man bezahlt) nur für wenige Minuten Zeitersparnis gegen einen Akku mit 90-100 Prozent zu tauschen, ist auf Dauer ein teures Vergnügen. Und wenn man gerade auf der Urlaubsfahrt mit Anhänger (bis zu 1.400 Kilogramm, 100 Kilogramm Stützlast) oder Dachbox (bis zu 75 Kilogramm) unterwegs ist, können die PSS auch nicht ohne Weiteres genutzt werden.

Sprich: Man wird noch eine ganze Weile auf das Laden angewiesen sein, um mit dem ET5 (und anderen Nios) voranzukommen. Wer eine eigene AC-Lademöglichkeit hat – sei es die Wallbox in der heimischen Garage oder die Firmen-Ladeinfrastruktur am Arbeitsplatz – kann den Akku mit 11 kW mit Strom versorgen und das Auto über Nacht (oder bei nicht komplett leerer Batterie) während der Arbeitszeit komplett laden. Bei den meisten Pendelstrecken sollte eine Ladung für fast eine Woche reichen, bei Vielfahrern muss die Wallbox entsprechend öfters ran.

38 Minuten Ladezeit, maximal 123 kW Ladeleistung

Unterwegs wird es aber wohl doch der Schnelllader werden. Da der ET5 in unserem Test an dem EnBW-Hypercharger mit maximal 123 kW in der Spitze geladen hat, vergingen für den Standard-Ladevorgang von zehn auf 80 Prozent 38 Minuten. Das ist einerseits einige Minuten länger als andere 400-Volt-Modelle mit 100-kWh-Batterie (z.B. Mercedes EQS oder BMW iX), andererseits bei der Tatsache, dass die Plattform vor allem für den Batterietausch optimiert wurde, doch wieder erträglich – chinesische Kunden nutzen laut Nio kaum Schnelllader, sondern laden entweder zu Hause oder nutzen den dort deutlich verbreiteteren Batteriewechsel. Es sind wirklich nur wenige Minuten mehr, dennoch sollte man es bei einer Kauf- oder Leasing-Entscheidung bedenken. Der erwähnte Hyundai Ioniq 6 kommt ebenfalls auf bis zu 400 Kilometer Praxis-Reichweite, ist am Schnelllader aber in der Hälfte der Zeit bei 80 Prozent. Den Hyundai mit 77,4 kWh oder den ID.7 Pro mit 77-kWh-Akku (der in der Basis nicht viel günstiger ist als der Nio mit gekaufter 75-kWh-Batterie) müsste man aber fairerweise mit dem 75-kWh-ET5 vergleichen – hierzu liegen uns aber keine selbst gemessenen Lade-Daten vor. Aber selbst der Unterschied zwischen ID.7 (30 Minuten) und dem ET5 mit 100 kWh ist relativ gering. Blickt man allerdings in die Zukunft mit der von CATL angekündigten 4C-Batterie (die in 15 Minuten komplett laden kann), kann man das ganze System des Batterietauschs in Frage stellen – doch darum soll es in diesem Fahrzeugtest nicht gehen.

Eine Entscheidung pro oder contra Nio sollte nicht nur anhand des Battery Swaps oder ein paar Minuten Zeitersparnis getroffen werden. Denn selbst mit einer fest verbauten Batterie (also mit dem optionalen Batterie-Kauf) ist der ET5 schlichtweg ein in weiten Teilen gelungenes Auto. Dass die Limousine dabei schon auf der zweiten Technik-Generation eines jungen Unternehmens basiert, macht den relativ ausgereiften Zustand umso bemerkenswerter. Würde man die Logos entfernen und im Stile einer Straßen-Umfrage Passanten zu dem Auto befragen, wäre das Urteil wohl in den seltensten Fällen, dass es sich ganz sicher um das Produkt eines Startups handeln muss. Bis auf wenige Details wirkt der ET5 ausgereift und durchdacht.

Ein Beispiel wäre hier die Materialauswahl im Innenraum. An zahlreichen Stellen kommen recycelte Kunststoffe zum Einsatz, das Material der Mittelkonsole und der Türverkleidungen soll sogar eine antibakterielle Wirkung haben und damit hygienischer sein. Es sieht auch schick aus, keine Frage. Beim Anfassen wirkt es aber wie ein harter Kunststoff und wird damit dem eher gemütlichen Lounge-Charakter, den der Innenraum bieten soll, nicht so ganz gerecht. Dafür sind die Sitze bequem, bieten ausreichend Seitenhalt und verwöhnen mit Heizung, Kühlung und Masssagefunktion den Rücken. Nur den beigen Innenraum würden wir nicht empfehlen: Die Sitz-Oberflächen sahen zwar bei dem Testwagen nach wenigen Tausend Kilometern noch gut aus, die Gurte hatten aber schon Flecken und Abnutzungserscheinungen, die offenbar nicht mehr zu entfernen waren.

Zudem fiel im Test auf, dass es im Innenraum erstaunlich wenige Lademöglichkeiten für mobile Geräte gibt – dabei wird den chinesischen Kunden eigentlich nachgesagt, „always on“ zu sein, das Smartphone immer in Griffweite. In der Mittelkonsole gibt es eine induktive Ladeschale (allzu groß sollten die Smartphones dafür aber nicht sein), einen USB-C-Port sowie eine weitere USB-C-Lademöglichkeit für die Passagiere auf der Rückbank. Für einen modernen Fünfsitzer eher mager. Und der Cupholder in der Mittelkonsole ist nicht sonderlich flexibel bei unterschiedlichen Flaschen- und Bechergrößen. Auch die Ablagefächer in den Türen fallen eher klein aus.

Leistung satt selbst im schwächsten Nio

Dabei wäre es von Vorteil, wenn alle Gegenstände im ET5 gut verstaut sind. Denn drückt man im passenden Modus das Fahrpedal voll durch, fühlt es sich nach noch mehr an, als die ohnehin schon üppigen 360 kW (oder in der alten Welt 490 PS) auf dem Papier vermuten lassen. Im Sport-Plus-Modus ist der ET5 bereits nach 4,0 Sekunden in dreistelligen Geschwindigkeitsbereichen und dank relativ griffiger Bremsen (am Testwagen mit rot lackierten Bremssätteln) vermutlich in ähnlich kurzer Zeit wieder von 100 auf null km/h – gemessen haben wir es nicht.

Rund um den Antrieb ist im Test aber weniger die schiere Leistung, sondern vor allem die runde Abstimmung aufgefallen. Denn trotz der enormen Beschleunigung lässt sich die Kraft noch sehr gefühlvoll dosieren. Zugleich ist jeder Fahrmodi für sich stimmig und vor allem in einer sinnvollen Abstufung abgestimmt – bei vielen Autos ändert der Wechsel von Eco auf Comfort oder Sport minimal die Fahrpedalkennlinie, die Servo-Unterstützung der Lenkung und falls vorhanden die Dämpfer-Einstellung. Nio hat sich aber dazu entschieden, die Fahrmodi stark voneinander abzugrenzen. Um die Differenzierung zu verdeutlichen: Schon im Sport-Modus ist der Antrieb etwas sanfter abgestimmt, hier braucht der ET5 5,9 Sekunden auf 100 km/h. Im Comfort wird es mit 7,9 Sekunden spürbar gemütlicher und im Eco-Modus dauert der Standard-Sprint sogar 9,9 Sekunden. Das sind Unterschiede von einem ambitionierten Sportwagen bis zur durchschnittlichen Familien-Limousine – und in jedem Modi ist die Software sauber abgestimmt.

Beim Fahrwerk und der Lenkung sind die Unterschiede nicht so groß, aber dennoch spürbar. Die Lenkung gehört generell eher zu den leichtgängigeren, bietet aber in den sportlichen Einstellungen ausreichend Feedback und Präzision. Das Fahrwerk könnte zwar im Alltag so manch Unebenheit, vor allem gröbere Stöße, etwas besser abfedern. Ist man hingegen eher an einer sportlichen Fahrweise interessiert, sind Federn und Dämpfer sehr gut eingestellt. In Kombination mit dem Michelin-Sportreifen auf den 20-Zoll-Felgen ergibt sich nur selten das Gefühl, dass man eine 2,1 Tonnen schwere Limousine bewegt.

Feintuning an der Software nötig

Trotz der reinen E-Plattform bleibt der ET5 aber eine eher konventionelle Limousine, gerade beim Platzangebot. Unter der langen Fronthaube ist kein Frunk, Beinfreiheit vorne und hinten sind okay (Fond-Passagiere können ihre Füße nicht unter die Vordersitze schieben) und der Kofferraum ist mit seiner kleinen Stufenheck-Öffnung eher schwer zugängig. Das Platzangebot im Ladeabteil ist mit 386 Litern ausreichend, aber nicht rekordverdächtig. Es passen drei Getränkekisten nebeneinander hinein (anders als im BMW i4), wegen der Heckklappe muss man sich allerdings weit hineinbeugen. Hier wird der Elektro-Kombi ET5 Touring die praktischere Wahl sein. Abgesehen davon bietet der Kombi vermutlich eine brauchbare Heckscheibe zur Sicht nach hinten, das ist in der Limousine nicht der Fall. Nach vorne ist die Sicht dank der niedrigen Frontscheiben-Wurzel aber super – egal ob in der Stadt oder wenn man den Scheitelpunkt einer Kurve anvisieren will.

Zwei Punkte, die wir noch nicht angesprochen haben, rund um den ET5 aber sehr wichtig sind: die Bedienung über den Zwölf-Zoll-Touchscreen und die Assistenzsysteme. Denn bei derartiger Software kann und wird sich schnell etwas ändern. Nio gibt an, in den vergangenen fünf Jahren über 80 FOTA-Updates (Firmware-over-the-air) durchgeführt zu haben und dabei mehr als 450 neue Funktionen und über 600 Funktions-Updates aufgespielt zu haben. Die FOTA-Updates grenzt der Hersteller von den SOTA ab, den „Software-over-the-air“-Updates. Mit FOTA-Updates können auch Funktionen auf Systemebene verbessert werden beispielsweise die Leistung, die Fahrzeugkontrollsysteme, ebenso der Fahrkomfort und die Fahrerassistenzsysteme. Bei SOTA-Updates dagegen handelt es sich zum Beispiel um ein Navigations-Update oder verbesserte Grafiken. Für die Zukunft kündigt Nio an, in Europa voraussichtlich einmal im Monat ein SOTA-Update anzubieten, einmal im Quartal soll per FOTA-Update die Firmware aktualisiert werden.

Die Bedienung und Assistenten funktionieren im Status quo zwar in der Regel meist gut (manchmal zu gut, gleich dazu mehr), dennoch wäre es wohl gut, noch an der ein oder anderen Stelle per Update ein Feintuning nachzuschieben. Ein Beispiel wäre etwa die Schrift, die auf dem Touchscreen oder dem Cockpit-Display manchmal etwas klein oder aufgrund der Typografie schwer leserlich ist. Ob man in 4,7 oder in 47 Kilometer von der Autobahn abfahren soll, macht exakt 42,3 Kilometer Unterschied. Oder auch für die Massagesitze, die eben meist während der Fahr aktiviert werden, wäre ein Shortcut wünschenswert. Über das Menü ist das eher umständlich. Und ich persönlich spreche ungern mit meinem Auto über einen Sprachassistenten, erst recht, wenn Passagiere mit an Bord sind.

Wenn der gut gemeinte Assistent zu schnell nervt

Dabei kommt umgehend auch ein Assistenzsystem zum Tragen: Der Aufmerksamkeitsassistent erkennt, wenn man den Blick zu lange von der Straße abwendet (und etwa auf die Displays schaut). Der Assistent reagiert aber nicht mit einem Piepsen, sondern weist den Fahrer über den Sprachassistenten Nomi auf seine nicht ausreichende Aufmerksamkeit hin. Ich gebe zu: Hin und wieder habe ich mich wirklich ertappt gefühlt, zu lange abgelenkt gewesen zu sein. In der überwiegenden Mehrheit der Fälle war der Alarm aber unbegründet – etwa weil ich über die Außenspiegel den mich umgebenden Verkehr beobachtet habe. Und ein Sicherheits-Assistenzsystem, das man mit der Zeit gelernt ignoriert, bringt leider seinen angedachten Nutzen nicht mehr. Ein bisschen Fein-Abstimmung und ein paar Auslösungen weniger würden den Aufmerksamkeitsassistenten deutlich glaubhafter machen. Man kann ihn im Menü zwar abschalten, er wird aber bei jeder Fahrt neu aktiviert.

Auch der Geschwindigkeits-Warner könnte noch etwas Feintuning vertragen. Die Kamera-Erfassung der Verkehrsschilder ist zwar recht genau, im Hintergrund greift der Nio offenbar aber auch auf Kartenmaterial zurück. Und das ist mitunter veraltet, das Auto piepst und fordert Tempo 80 ein, obwohl das auf eine längst abgebaute Baustelle zurückzuführen war – und an besagter Stelle 120 km/h erlaubt sind. Und selbst wenn man mit dem teilautonomen Pilot-System bei vom System erkannten und auch eingestellten 100 km/h den Nio die Geschwindigkeit selbst kontrollieren lässt, piepst das Auto den Fahrer vier Mal an, wenn in einer leichten Bergab-Passage der Tacho kurz auf 101 km/h springt – dabei hat man als Fahrer nichts getan, ist genervt und schaltet den Assistenten ab.

Lidar-System liefert präzise Darstellung des Verkehrs

Da wir das teilautonome Pilot-System erwähnt haben: Die Grund-Funktion (Spur halten und auf den Verkehr reagieren) hat sehr gut funktioniert, in unserem Test auf recht gut ausgebauten Straßen hat der Nio zuverlässig die Markierungen erkannt und die Fahrspur sauber gehalten. Dabei verfügt der Nio in dem Cockpit-Display über eine ähnliche Anzeige des umliegenden Verkehrs wie Tesla. Dabei fällt aber auf, dass die Darstellung und Erkennung des Nios mit seinem Lidar-System ungleich präziser und umfassender ist als die Kamera-basierte Erkennung bei Tesla. Welche Schlüsse die jeweilige Software aus den Informationen zieht, ist ein anderes Kapitel.

Bleibt das Kapitel Kosten: Nio hat den ET5 mit 47.500 Euro eingepreist. Diese Summe ist aber keineswegs vergleichbar mit der Konkurrenz, da die Batterie noch nicht enthalten ist. Der Kaufpreis für den 75-kWh-Akku liegt bei 12.000 Euro, womit sich ein Fahrzeugpreis von 59.500 Euro ergibt. Der größere Akku mit 100 kWh schlägt mit 21.000 Euro zu Buche, was 68.500 Euro entspricht. Mit einer gekauften Batterie kann man aber die Batterietausch-Stationen nicht nutzen, das geht nur mit gemietetem Akku. Der Grund hierfür: Kauft man „seine“ Batterie, ist sie auch das Eigentum des Kunden. Dann ist es rechtlich schwierig, sie fließend gegen eine andere Batterie (in einem anderen Zustand) tauschen zu lassen und daraus Ansprüche abzuleiten, eine Batterie in gleichwertigen Zustand zu erhalten.

In der Miete kostet die kleine Batterie 169 Euro pro Monat, ist also 71 Monate lang günstiger als der Kauf. Beim 100-kWh-Akku sind es 72,6 Monate bis zum finanziellen Break-even. Somit kann bei geplanter kürzerer Haltedauer die Batteriemiete günstiger sein, selbst wenn man die Batterietausch-Stationen nicht nutzen kann oder will. Und umgekehrt: Plant man, das Auto deutlich länger zu nutzen, könnte der Batteriekauf günstiger sein.

Fazit

Mit dem ET5 ist die elektrische Mittelklasse um ein interessantes Modell erweitert worden. Nio bietet einige neue Ansätze und der „klassische Automobilbau“ rund um Antriebs- und Fahrwerksabstimmung ist sehr gelungen. Bei der Software können und werden die Chinesen sicher noch nachlegen, schließlich wurde im Juli ein eigenes Software-Entwicklungszentrum in Berlin eröffnet.

Beim Preis werden einige Kunden den ET5 im Vergleich zum Tesla Model 3 für überteuert halten. Im Vergleich mit dem VW ID.7 und einem gut ausgestatteten Hyundai Ioniq 6 mit großem Akku sieht es für den Nio besser aus  – 100 kWh bietet keiner sonst in der Klasse. An einen BMW i4 oder i5 kommt er beim Premium-Anspruch nicht heran, ist aber auch günstiger. Interessant dürfte dann der ET5 Touring werden, der vielleicht dem kommenden ID.7-Kombi den ein oder anderen Kunden streitig machen kann.

3 Kommentare

zu „Nio ET5 im Test: Weit mehr als der Battery Swap“
EdgarW
12.09.2023 um 12:42
"100 kWh bietet keiner sonst in der Klasse"WLTP-Reichweiten Nio ET5 75 kWh: 456 km Nio ET5 100 kWh: 590 km VW ID.7 77 kWh: 621 km VW ID.7 86 kWh: 700 km (noch kein offizieller Wert)Selbst mit 100 kWh hat der ET5 (nach Norm) also weniger Reichweite als der ID.7 mit 77 kWh.Das "Argument" 100 kWh ist also vermutlich keins. Der daraus ableitbare höhere Verbauch bedeutet obendrein höhere Nachlade-Kosten und selbst bei gleicher Ladegeschwindigkeit wäre die Ladezeit für die gleiche Strecke höher. Tatsächlich lädt der ET5 aber deutlich langsamer als der ID.7, was bedeutet, dass die Strecken-Nachladegeschwindigkeit zusätzlich nochmal deutlich niedriger ist, als beim VW.Und Battery-Swap als Gegenargument funktioniert nur auf sehr wenigen Strecken, bis 2030 sind in D nur 20 Stationen geplant (laut Christoph M Schwarzer, Artikel von heute auf Heise Autos).Übrigens hat der Tester einfach die Katalogwerte hergenommen, Bjørn Nyland hat nachgemessen und ist mit dem 100kWh-Akku immer unter 90 kWh entnehmbarer Energie geblieben. Mit 20,4 kWh Verbrauch ergäbe das nur ca. 440 km Reichweite, keine 500.
Roman L.
13.09.2023 um 07:52
Auch hier ein Nio Schlechtreder :-) Der ID7 ist 17cm länger als der ET5 und daher eine andere Klasse. Dieser muss sich mit dem Model S, EQE, i5 etc. messen. Und in der Hinsicht hat der ID7 einen viel kleineren Akku. Derzeit gibt es den ID7 nur auf dem Papier mit Fantasiewerten. Den Heise Artikel solltest du auch besser lesen - dort steht "in Zusammenarbeit mit EnBW bald 20 und Ende des Jahrzehnts 40". EnBW ist ein Partner von vielen, also dranbleiben und staunen wo die Swaps überall sein werden.
Tobias
12.09.2023 um 19:00
Der NIO ET5 ist aus meiner Sicht von außen ein sehr schönes, gefälliges Auto.Allerdings übernimmt sich NIO mit der Investition in die Swap-Stationen und riskiert die eigene Pleite, statt sich auf Effizienz und gute Ladeleistung zu fokussieren - Schwachpunkte die mit den Swap-Stationen nur kaschiert werden sollen...

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