Daimler Truck plant größtes halböffentliches Lkw-Ladenetz Europas

Daimler Truck will es seinen Händlern und Kunden standardmäßig ermöglichen, ihre betriebseigenen Lader für Dritte zu öffnen und auf diese Weise bis 2030 ein Lkw-Ladenetz mit 3.000 Schnellladepunkten in Europa knüpfen. Den Startschuss dieser Initiative kündigt der Lkw-Hersteller für das dritte Quartal 2025 an.

daimler truck charging
Bild: Daimler Truck

Die Idee ist ebenso simpel wie smart: Daimler Truck baut über seine Marke TruckCharge aktuell viele gewerbliche Ladestationen auf Betriebshöfen seiner Kunden oder bei eigenen Händlern. Anstatt diese rein privat für Unternehmenszwecke zu nutzen, schwebt dem Hersteller vor, diese Lkw-Lader „zur externen, entgeltlichen Nutzung zu öffnen“. Sprich: Beim sogenannten Semi-Public Charging können Unternehmen eigene Ladesäulen zu Zeiten ohne Eigenbedarf zur Verfügung stellen. Die Betonung liegt auf „können“, das letzte Wort haben natürlich die Kunden.

Diesen Ansatz denkt Daimler Truck direkt groß und stellt ein neues halböffentliches Lade-Netzwerk unter der Marke TruckCharge in Aussicht. „Damit wollen wir eine große Lücke bei der Ladeinfrastruktur für Lkw schließen“, äußert Martin Hink, Head of eMobility / H2 Business Solutions Mercedes-Benz
Trucks, und verweist auf einen großen Nachholbedarf. Denn: Der europäische Automobilherstellerverband ACEA gibt beispielsweise an, dass rund 35.000 Schnellladepunkte mit einer Leistung von 800 kW und mehr benötigt werden, um die CO2-Reduktionsziele der EU bis 2030 zu erreichen – derzeit gibt es europaweit weniger als 1.000 Ladepunkte für schwere Nutzfahrzeuge, die zudem über zu wenig Ladekapazität verfügen.

Mit Milence ist Daimler Truck bereits an einer privaten Initiative zum Aufbau eines Schnellladenetzes für Lkw in Europa beteiligt. In Deutschland forciert der Bund zudem ein initiales Lkw-Ladenetz, das aber noch in der Ausschreibungsphase steckt. Die Stuttgarter, die mit den eActros 600 vor Kurzem einen der ersten Fernstrecken-tauglichen E-Lkw herausgebracht haben, fallen über diese Ansätze hinaus mit Tatendrang auf. Kein Wunder: Das Henne-Ei-Dilemma beim Hochlauf von Elektro-Lkw ist das Letzte, was die Marke mit Stern jetzt gebrauchen kann.

Das vom Konzern skizzierte Netz soll bis 2030 über 3.000 Schnellladepunkte in Europa umfassen und damit das größte in Europa sein. Es fußt auf dem Laden bei Unternehmen/Händlern, wofür Daimler Truck den Ausdruck „Semi-Public Charging-Ladeoption für Elektro-Lkw “ einführt. Erste Standorte sollen ab dem dritten Quartal verfügbar sein. Wichtig ist den Verantwortlichen, dass das halböffentliche Netzwerk von TruckCharge explizit als „eine Ergänzung zum öffentlichen Ladeangebot unter anderem von Milence“ verstanden wird. Die Stuttgarter wenden sich also keinesfalls von dem 2022 mit Traton und der Volvo Group gegründeten Joint Venture ab. Dieses will in Europa nach wie vor 1.700 Lkw-Ladepunkte bis 2027 errichten. Der Fokus liegt bei Milence aber eher auf Autobahn-nahen Standorten, während sich das künftige TruckCharge-Netz wohl vor allem in Industrie- und Gewerbegebieten manifestieren dürften – dort, wo größere Betriebshöfe eben in der Regel liegen.

Eine ähnliche Initiative hatte Mitte 2024 bereits Hersteller MAN und Energieversorger E.ON gestartet – allerdings in kleinerem Umfang und mit reinem Fokus auf das Händlernetz von MAN. Bis Ende 2025 strebt das Duo früheren Angaben zufolge 80 Standorte an, insgesamt sollen es europaweit 400 werden – mit einem Großteil der geplanten Lader in Deutschland.


Martin Hink von Daimler Truck betont unterdessen, dass sein Unternehmen allein mit seinen über 1.000 Händlern in Europa über hervorragende Voraussetzungen verfüge, um zügig ein eigenes Netzwerk aufzubauen. „Dieses werden wir parallel um Ladepunkte bei unseren Kunden ergänzen. Die Idee ist damit zum einen Anreize für unsere Kunden zu schaffen, eine eigene Ladeinfrastruktur aufzubauen, da diese dadurch besser ausgelastet und finanziert werden kann. Zum anderen wollen wir Betreibern von Elektro-Lkw zusätzliche, attraktive Möglichkeiten für das Laden ihrer Fahrzeuge bieten.“

TruckCharge soll also quasi Angebot und Nachfrage beim halböffentlichen Laden
zusammenbringen und die Vermittlerrolle zwischen Anbietern und Kunden übernehmen. Daneben fällt der Marke natürlich die praktische Umsetzung zu, die sich vor allem um die Planung, Reservierung und Buchung der Ladevorgänge und
die Bezahlung dreht. Die Motivation zum Mitmachen sollen u.a. monetäre Anreize forcieren. Denn die Anbieterseite kann durch extern gebuchte Ladevorgänge Einnahmen generieren, wodurch sich ihre Investition in die Ladeinfrastruktur schneller amortisiert. Die Kunden, die die Lademöglichkeiten nutzen, profitieren ihrerseits ebenfalls von einem Kostenvorteil, denn sie zahlen nicht so viel wie an öffentlichen Ladeeinrichtungen. Darüber hinaus steht ihnen ein engermaschiges Netzwerk zur Verfügung und sie sollen Ladesäulen im Voraus reservieren können.

Das angekündigte Ladenetz ist der bisher größte Wurf von TruckCharge. Die Marke wurde Mitte 2024 gegründet und bündelt seitdem mehrere Infrastruktur-Angebote von Daimler Truck. Unter dem Markennamen fassen die Stuttgarter europaweit alle bestehenden und zukünftigen Angebote rund um die Infrastruktur und das Laden von Elektro-Lkw zusammen – also Beratung, Infrastruktur und Betrieb. Zielgruppe sind sowohl Lkw-Flottenbetreiber als auch Unternehmen aus der Industrie mit eigenem oder fremdbetriebenem Lkw-Fuhrpark. Und wichtig: Da in der Regel Fahrzeuge unterschiedlicher Hersteller eingesetzt werden, ist TruckCharge unabhängig von der Lkw-Marke verfügbar.

daimlertruck.com

2 Kommentare

zu „Daimler Truck plant größtes halböffentliches Lkw-Ladenetz Europas“
Grabbert Frank
27.03.2025 um 19:30
Das ist die beste Investition die Daimler Truck seit Ihrem bestehen gemacht hat !!!
Obelix
28.03.2025 um 08:29
Und der Elektrotrucker fährt und fährt und fährt. Es wäre schön mehr Ladeparks mit zuverlässigen 400kW und LKW-tauglichen Ladeplätze zuhaben. Aber man muss das nicht so groß machen, wie überall behauptet.

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