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Flotte! 2025: Wie elektrisch tickt die Fuhrpark-Branche?

Elektroautos, so weit das Auge reicht, nur vereinzelt noch Hybride oder gar Verbrenner – so sah es an den Ständen der Autobauer auf der diesjährigen Flotte! in Düsseldorf aus. Selbst die Mineralöl-Konzerne wollen lieber über Ladeangebote als Tankkarten sprechen. Doch wie schnell werden die Firmenflotten wirklich elektrisch? Und wie kommen die E-Autos der omnipräsenten China-Marken in deutsche Fuhrparks? Wir haben uns umgehört.

Bei Volkswagen Financial Services kommt man an den Elektroautos nicht vorbei. Auf dem großen Stand in der Mitte der Messehalle 6 haben die Wolfsburger gleich vier E-Modelle der Konzernmarken ausgestellt – einen Cupra Tavascan, den Audi A6 Avant e-tron, einen VW ID. Buzz in der Langversion und den jüngst überarbeiteten Skoda Enyaq. Ganz am Rand steht dann noch ein VW Tayron mit Zwei-Liter Diesel. BMW hat sich die reinen Verbrenner komplett gespart und stellt einen X3 als Plug-in-Hybrid und den rein elektrischen Mini Aceman aus. Und Mercedes präsentiert auf seinem etwas kleineren Stand nur ein Auto, aber auch das ist elektrisch: Der neue CLA ist der große Hoffnungsträger der Stuttgarter.

Bei nahezu allen Herstellern oder deren Finanzierungs-Partnern herrscht das gleiche Bild: Es wird elektrisch in der Flotte. Tesla hatte sein überarbeitetes Model Y Juniper dabei – hier unser Fahrbericht. Smart hat nur wenige Tage nach der Europa-Premiere des #5 seinen ersten 800-Volt-Stromer auch nach Düsseldorf gebracht. Bei Volvo sind mit dem EX90 und dem ebenfalls erst im März präsentierten ES90 ebenfalls beide Exponate rein elektrisch, bei der Geely-Schwester Polestar mit dem Polestar 3 und 4 ebenso. Hyundai und Kia haben nur elektrische Fahrzeuge dabei, vom E-Kleinwagen Inster bis zum großen Ioniq 9 und den neuen E-Transportern von Kia. Bei anderen Marken wird es gemischter, Renault hat neben dem R5 ein Hybrid-SUV stehen. Und Stellantis, ohnehin bekannt für seine Multi-Energy-Plattformen, hat die Antriebsarten wild gemischt. Den Citroën C3 gibt es als Hybrid zu sehen, den Fiat Grande Panda hingegen in der E-Version. Bei Cadillac wird es wieder rein elektrisch, die GM-Marke wagt den Europa-Neustart ausschließlich mit E-Antrieben.

Flotte! 2025 eine Elektroauto-Messe?

Man könnte fast meinen, es sei eine spezielle Ausgabe der E-Flotte! – aber nein, es ist die reguläre Ausgabe von „Flotte! Der Branchentreff“, der seit Jahren Fuhrparkmanager, Flotten-Dienstleister (etwa rund um Leasing, Schadensregulierung oder Tank/Ladekarten) sowie Hersteller nach Düsseldorf kommen lässt. Den Gegenbeweis tritt quasi JLR an seinem Stand an: Mangels aktueller Neuwagenmodelle fehlt Jaguar komplett und in der Markenwelt von Land Rover und Range Rover gibt es noch keine elektrischen Modelle. Also wurden nur zwei Diesel ausgestellt.

Wer in diesem Jahr dabei ist und an den eng aneinander gereihten Ständen vorbeigeht, wird dennoch das Gefühl nicht los, dass in Zukunft in den Flotten nur noch Elektroautos fahren. Die Realität ist derzeit noch eine andere: 2024 wurden rund 1,9 Millionen Neuwagen in Deutschland auf gewerbliche Halter zugelassen, was mehr als zwei Drittel aller Neuzulassungen entsprach. Rein elektrisch davon waren 243.557 Autos, also nicht einmal 13 Prozent der gewerblichen Neuwagen. Immerhin: Bei den gewerblichen Haltern schnitten die Elektroautos deutlich besser ab als bei den Privatkunden. Dennoch: Es gibt Luft nach oben.

Dafür wollen nicht nur die etablierten Marken sorgen, sondern auch neue Player. Cadillac meldet sich wie erwähnt zurück, Polestar ist auch noch eine junge Marke und Smart so gesehen nach dem Brand-Relaunch auch: Der #5 als 4,70 Meter langes E-SUV symbolisiert den Wandel weg von der reinen Kleinwagen-Marke deutlich. Es sind aber auch neue Marken nach Düsseldorf gekommen, die mit ihren E-Autos die Aufmerksamkeit der deutschen Flottenmanager suchen. Startups wie Lucid mit der luxuriöses E-Limousine Air, zum Beispiel. Und natürlich chinesische Hersteller wie BYD und Xpeng.

BYD, der Marktführer in China und hinter Tesla nur knapp der zweitgrößte Elektroautobauer der Welt, hat seine Präsenz unweit von VWFS in der Mitte der Messehalle aufgebaut. Kein Sichtschutz, keine Deko passend zur Corporate Identity soll den Blick auf die Autos stören. Mit dem Sealion 7 und dem neuen Atto 2 hat BYD zwei E-Autos aus komplett unterschiedlichen Preisklassen nach Düsseldorf gebracht – und auch einen Seal U DM-i als Plug-in-Hybrid. Mit diesem Auto will BYD zeigen, dass man nicht nur auf rein elektrische Autos setzt, sondern auch jene Flottenkunden ansprechen will, die noch nicht für den vollständigen Umstieg bereit sind, wie der neue Deutschland-Vertriebschef Patrick Schulz im Gespräch mit electrive erläutert. Sein Punkt: 2024 sind die gewerblichen Neuzulassungen bei den Plug-ins um 13 Prozent gestiegen.

Auch bei Xpeng zeigt man sich mit dem Interesse der Besucher auf der Flotte! mehr als zufrieden. Das chinesische Startup hat den großen G9 und das elektrische Mittelklasse-SUV G6 auf seinem Stand ausgestellt. Also Segmente, die bei Flottenkunden gefragt sind – auch wenn in den Gesprächen immer wieder der Wunsch nach einem praktischen Elektro-Kombi laut wird. Ob die Hersteller – nicht nur aus China – diesem Wunsch nachkommen werden, bleibt auf der Flotte! offen. Da aber selbst Volvo nach dem SUV-Flaggschiff EX90 die E-Limousine ES90 bringt und von einem ikonischen Volvo-Kombi als drittes Modell im Bunde noch keine Rede ist, zeigt deutlich, wohin der Weltmarkt geht.

Automarken in der Transformation

Der Wandel ist auch bei Smart zu sehen. Früher wäre die einstige Mercedes-Marke mit dem kleinen Zweisitzer bei der Flotte! vor allem für Fuhrparkmanager von Lieferdiensten, Pflegediensten oder ähnlichen Flotten interessant gewesen. Heute spielt Smart unter Geely-Führung mit dem #3 und #5 in ganz anderen Segmenten mit. „Wir haben uns vor vier Jahren überlegt, dass wir uns neu aufstellen, dass wir auf eigenen Füße stehen müssen. Das bedeutet auch, dass unser Segment wachsen muss“, sagt Wolfgang Ufer in der Video-Reportage. Der
#5 sei aber von den Abmessungen her das Maximum bei Smart. Ob die Marke an den früher erfolgreichen fortwo anknüpfen werde, sei dagegen „noch nicht in trockenen Tüchern“. Dass ein Zweisitzer kommt, sei aber durchaus möglich.

Nicht nur bei den Herstellern sind die Produkte auf der Flotte! inzwischen nahezu komplett elektrisch, auch bei den Dienstleistern wird der Trend sichtbar. In Düsseldorf sind auch die Ladedienste omnipräsent – von der Wallbox samt Software-Backend von Amperfied, das passend zur Messe einen Großauftrag von SAP verkündet, über die großen Ladebetreiber wie die EnBW und Ionity (das kurz vor der Messe ein eigenes Fleet-Produkt angekündigt hat) bis hin zu Startups wie Locio. Das junge Unternehmen will mit intelligenten Ladekabeln das Laden und vor allem die Abrechnung von Dienstwagen an der heimischen Wallbox erleichtern. Kurz vor der Messe hatte Locio mit dem LinkTwo sein zweites Produkt vorgestellt – und berichtet im Gespräch mit electrive von zahlreichen Interessenten, die gezielt an den kleinen Stand gekommen sind, um sich näher über die neue Lösung zu informieren.

Noch deutlicher wird der Elektro-Fokus aber bei den Unternehmen, die sich nicht von Anfang an auf die neue Strom-Welt fokussiert haben. Bei TotalEnergies will man sich quasi nur noch über die Deutschlandnetz-Standorte und die eigenen Lösungen zum Flotten-Laden unterhalten. Das deutsche Tankstellengeschäft hat der französische Energiekonzern im Dezember an das US-Unternehmen Circle K übertragen. In Europa ist Circle K eher für seine Tankstellen und Ladestationen in Skandinavien bekannt. In Deutschland betreibt Circle K jetzt 70 ehemalige Total-Tankstellen mit insgesamt über 260 Schnellladepunkten – Circle K wirbt zwar mit seinen über 3.000 Ladepunkten für E-Autos und E-Lkw in Europa, bietet aber neben der „Circle K Go“-App für die Ladesäulen auch die „Fleet Card Multi Energie“ als kombinierte Tank- und Ladekarte an.

Allerdings muss für Flottenmanager die Umstellung im Zweifel gar nicht so groß sein, wenn statt Diesel künftig Elektronen in die Firmenautos fließen: Denn auch die DKV, einer der größten Tankkarten-Anbieter für Flottenkunden in Deutschland, mischt im Ladegeschäft mächtig mit: Mehr als 300 Mitarbeitende kümmern sich in dem Unternehmen inzwischen um die Elektromobilität und die passenden Angebote. Auf der Flotte! in Düsseldorf ist die DKV mit über 15 Angestellten vertreten, um bestehende und potenzielle Kunden zu beraten. Und diese Gespräche drehen sich passend zu den ausgestellten Autos und Ladesäulen zunehmend um eines: Strom statt Diesel.

6 Kommentare

zu „Flotte! 2025: Wie elektrisch tickt die Fuhrpark-Branche?“
EVFan
31.03.2025 um 00:24
Es stimmt nicht, dass der Anteil privater Zulassungen bei reinen E-Autos in 2024 niedriger lag als bei den gewerblichen Zulassungen. Bei privaten Zulassungen lag der Anteil bei 15% und bei gewerblichen mit 12,8% tatsächlich unter 13%.
Markus
01.04.2025 um 08:01
Für "spezielle" Fuhrparks gibt es einfach noch zu wenig Auswahl. Wo bleiben gute geländegängige Fahrzeuge ohne Luxus? Wo bleibt eine elektrische Doka Pritsche? Der Ford Transit ist ein Anfang aber nur Heckantrieb und eher kleiner Akku. Aber Allrad und umgebaut für schweren Einsatz? Wo? So wirds weiter ein VW ohne E.
Stefan
15.04.2025 um 12:08
Oder meint er Baustellen-Fahrzeuge (öfter mal abseits befestiger Straßen) oder Offroad-Parkours?
Berti
01.04.2025 um 14:55
Du arbeitest bei der Bundeswehr ?
erFahrer
05.04.2025 um 17:27
Klasse Reportage:- klasse Bilder und Interviews Nicht leicht für Flottenmanager die so manchen Diesel-Dieter im Außendienst haben. Gerade diese Menschen haben immer ein Argument wenn sie etwas nicht wollen zur Hand. Gut dass es die 0,25% Regel gibt. SAP zeigt wie es geht. Stimmt es noch, dass, nur in D, rund 19.000 Fahrzeuge in der Flotte sind? Sehr viele davon bereits Vollelektrische. Die NL Frankreich ist schon bei 100% Und ab 1.1.2026 lassen sich nur noch Fahrzeuge ohne Auspuff in D bestellen, richtig?
Kristin
15.04.2025 um 09:27
Wichtig, dass die Firmenflotten sich immer stärker elektrifizieren, das bringt dann auch den Gebrauchtwagenmarkt für E-Fahrzeuge in Schwung!

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