
Audi A6 Avant e-tron quattro: So schlägt sich Audis Elektro-Kombi auf der Autobahn
Es ist ganz einfach: Der Audi A6 Avant e-tron ist der Kombi, den BMW und Mercedes gerne hätten. BMW hat den eigentlich tollen i5 Touring, der bei Reichweite und Ladegeschwindigkeit lediglich okay ist. Mercedes hat einen strategischen Fehler gemacht und das T-Modell der E-Klasse nur für Plug-in Hybridantriebe konzipiert. Audi wiederum vereint die immer noch beliebte Kombikarosserie (nein, nicht jeder will ein SUV) mit der fetten Ladeperformance eines 800-Volt-Systems. Wird der Audi A6 Avant e-tron im Verkaufsraum ein Selbstläufer? Gerade bei der Dienstwagen-Klientel?
Ein wichtiger Aspekt bei der Bewertung den Aussichten des Audis ist die Autobahnfahrt. Also ab auf die A1 von Bremen Richtung Hamburg zum Praxistest – und den Tempomat auf 180 km/h gestellt. Der Audi ist erwartbar sehr leise, die Windgeräusche sind gering. Auch das Fahrwerk ist erstklassig. Der Testwagen A6 Avant e-tron quattro mit 340 Kilowatt Systemleistung (4,7 Sekunden bis 100 km/h, ab 81.450 Euro) hatte das Paket Tech Pro (8.250 Euro) mit adaptiver Luftfederung, diversen weiteren Annehmlichkeiten sowie Mischbereifung mit 245er Reifen vorne und 275er Reifen hinten montiert. Das Ding liegt souverän auf der Straße und macht auch abseits der Autobahn mit präzisem Einlenkverhalten eine schnelle Biege.






Wer nicht um drei Uhr nachts, sondern tagsüber auf einer deutschen Autobahn unterwegs ist, ist im Regelfall nicht allein. Die erwähnten 180 km/h im Tempomat bedeuten bei dichtem Verkehr permanentes Verzögern und Beschleunigen. Die Stichprobe ergab eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 151 km/h über eine Strecke von 52,7 Kilometern bei einem Stromverbrauch von 28 Kilowattstunden (kWh) auf 100 km. Ins Verhältnis zum Energieinhalt der Traktionsbatterie von 95 kWh netto (Bruttowert 100 kW/h) gesetzt beträgt die reale Reichweite bei dieser Schnellfahrt bei knapp 340 Kilometer.
Fast 500 Autobahnkilometer bei Richtgeschwindigkeit
Noch besser wird es naturgemäß bei Richtgeschwindigkeit: Im Mittel aus mehreren Messungen verbrauchte der Audi A6 Avant e-tron 19,4 kWh / 100 km, woraus 490 Kilometer Reichweite resultieren. Es möge jeder für sich prüfen, wie häufig er solche Distanzen ohne Pause zurücklegt.
Für die Reise ist der Audi ideal geeignet. Die Ursache für die niedrigen Verbrauchswerte ist die gute Aerodynamik: Der Luftwiderstandsbeiwert des Avant liegt mit cW 0,24 zwar etwas über dem Sportback mit cW 0,21, aber das Ergebnis spricht auch so eine deutliche Sprache.
A6 e-tron | A6 e-tron Performance | A6 e-tron quattro | S6 e-tron quattro | |
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Antrieb | RWD | RWD | AWD | AWD |
Leistung | 210 (240) kW | 270(280) kW | 315 (340) kW | 370 (405) kW |
Beschleunigung | 7,0 (6,0) s | 5,4 (5,4) s | 4,7 (4,5) s | 4,1 (3,9) s |
Höchstgeschwindigkeit | 210 km/h | 210 km/h | 210 km/h | 240 km/h |
WLTP–Reichweite | 627/598 km | 750/720 km | 716/685 km | 670/640 km |
Batteriekapazität | 83 kWh | 100 kWh | 100 kWh | 100 kWh |
Ladeleistung DC | 225 kW | 270 kW | 270 kW | 270 kW |
Ladezeit DC 10-80% | 21 min | 21 min | 21 min | 21 min |
Preis | 62.800/64.450 Euro | 75.600/77.250 Euro | 79.800/81.450 Euro | 99.500/101.500 Euro |
Dieser Avant ist zugleich ein Plädoyer für den Kombi an sich. Er ist mit 1,53 Meter nicht extrem niedrig und trotzdem viel flacher als ein typisches SUV. Der technisch weitgehend ähnliche Q6 etwa misst in der Höhe 16 Zentimeter mehr. Beim Luftwiderstand ist neben dem cW-Wert die Stirnfläche entscheidend, und hier liegt die ewige Schwäche der SUVs.
Es ist eine plausible Annahme, dass ein Golf Variant oder Skoda Octavia Kombi sehr gute Marktaussichten hätten, wenn sie im Angebot wären und mehr Reichweite als ein Opel Astra Sports Tourer (413 Kilometer) hätten. Wie stark die Karosserieform in Europa weiterhin und prinzipiell nachgefragt ist, zeigt der aktuelle Erfolg des Volkswagen ID.7 Tourer.
Die Assistenzsysteme funktionieren, statt zu piepen
Zurück zum Audi A6 Avant e-tron. Hier sind noch zwei Punkte bei den Assistenzsystemen wichtig, weil nicht selbstverständlich: Die adaptive Geschwindigkeitsregelung kann auf einen so kurzen Grundabstand zum Vorausfahrenden geregelt werden, dass auch anspruchsvolle Gemüter zufrieden sind. Gelassene Fahrer wählen lieber Abstandsstufe 2 oder 3 statt der 1. Mindestens genauso relevant ist, dass kein Piepen nervt. Und falls doch: Einmal den Shortcut im Lenkrad drücken, und alles ist aus. Auch Fehlfunktionen zum Beispiel bei der Verkehrszeichenerkennung sind die Ausnahme.
Die Tour im Audi A6 Avant e-tron ist also schlicht angenehm, schnell und sicher.
Kürzere Ladezeiten als die Konkurrenz
Irgendwann kommt unweigerlich die Ladesäule. Hier macht der Audi A6 e-tron dank Vorkonditionierung exakt das, was die Werksangabe verspricht: Für den Ladehub von zehn auf 80 Prozent vergehen 21 Minuten. In einem konkreten Fall wurden in diesem Zeitraum gut 69 kWh bei einer durchschnittlichen Leistung von über 189 kW geladen. Die abgelesene Peakleistung lag bei 274 kW.

Das sind beeindruckende Werte – einerseits. Andererseits hatte Audi den A6 bei der Vorstellung der schicken Designstudie im März 2022 für 2024 avisiert. Es hat lange gedauert mit der Premium Platform Electric (PPE). Fraglos hätte Audi längst einige Käufer von BMW i5 und Mercedes E-Klasse abziehen können.
Solche Fahrzeuge werden vorwiegend gewerblich zugelassen, und viele dieser Halter wollen ihren Dienstwagen auch privat nutzen. Das wiederum muss als geldwerter Vorteil versteuert werden: Bei einem Verbrenner sind pro Monat Steuern für ein Prozent des Bruttolistenpreises fällig. Beim Plug-in Hybrid ist die Bemessungsgrundlage auf die Hälfte davon reduziert und beim Elektroauto bis zu 70.000 Euro Bruttolistenpreis auf ein Viertel.
„0,25-Prozent-Regel“ bis 100.000 Euro
Die Bundesregierung hat am 26. Juni beschlossen, diesen Grenzwert ab Kaufdatum 1. Juli auf 100.000 Euro anzuheben. Das ist Teil des so genannten Investitionssofortprogramms. Zum Redaktionsschluss war die Regelung aber noch nicht (!) in Kraft, weil der Bundesrat zustimmen muss.
Für ein Elektroauto wie den Audi A6 e-tron ist dieses Gesetz elementar. Zwar hat der Hersteller ein Basismodell für 64.450 Euro mit 76 kWh Energieinhalt in der Traktionsbatterie im Programm. So richtig Spaß macht es aber erst mit den 95 kWh des Testwagens.
Die Ausweitung der „0,25-Prozent-Regel“ auf Elektroautos bis zu einem Bruttolistenpreis von 100.000 Euro ist auch eine Stärkung des Audi A6 e-tron im Vergleich zum Volkswagen ID.7 Tourer: Der Audi überzeugt wie so oft in der Vergangenheit mit mehr Feinschliff und nochmals besserer Gesamtperformance. In Kürze sind die meisten Versionen auch steuerlich gleichgestellt.
Besteller werden die Entscheidung der Bundesregierung vor diesem Hintergrund abwarten.
2,1 Tonnen Anhängelast, sehr gute Effizienz
Zwischenfazit: Der Audi A6 Avant e-tron quattro ist das Autobahnauto, dass die Kunden in diesem Segment wahrscheinlich lange wollten. Außerdem liegt die Anhängelast mit 2,1 Tonnen weit über der des Volkswagen ID.7 Tourer (im GTX bis zu 1,4 Tonnen).
Was noch?
Es ist sinnvoll, noch ein paar Anmerkungen zu notieren. So ist der Autobahnverbrauch – siehe oben – elementar. Dazu gehören aber noch Zahlen für den Überlandbetrieb (15,4 kWh / 100 km) und den Stadtverkehr (14,6 kWh / 100 km). Das sind alles niedrige Werte für ein Elektroauto dieser Größe und ein Nachweis der Effizienz.
Nett gemacht ist auch der Hebel für die Aktivierung der Fahrautomatisierung. Vielfach passiert das heute über Tasten im Lenkrad. So ein zusätzlicher Hebel hat trotzdem seinen Charme. Bei Mercedes war das über Jahrzehnte üblich und hat hervorragend funktioniert.







Funktionell erwähnenswert ist noch der zweite AC-Ladeport rechts zusätzlich zur CCS-Buchse (AC und DC) links. Das ist bei einem 4,93 Meter langen Elektroauto ein lebenspraktischer Vorteil.
Für Audi bleibt es außerdem eine Entwicklungsaufgabe, die eigene Identität noch trennschärfer zu definieren. Beim Außendesign ist das eindeutig gelungen. So muss ein Audi aussehen. Elegant, hochwertig und technisch. Der Innenraum passt ebenfalls, es riecht sogar nach Audi, und dennoch wirkt es, als hätte die Marke noch nicht ganz wieder zu sich gefunden: Die Qualität ist exzellent, aber die Klarheit der Nullerjahre bei Design und Materialauswahl war eine eigene Ära. Weniger Klavierlack wäre auch gut.
Fazit: Die Selbstfindung von Audi
Der Audi A6 Avant e-tron hebt sich klar und positiv von den Premium-Wettbewerbern und dem VW ID.7 Tourer ab. So geht Autobahnauto. Der elektrische Audi A6 wird mutmaßlich in ganz Europa erfolgreich sein, weil nicht nur die deutschen Kunden den Kombi mögen, und die Schönen heißen immer noch Avant. Dass das Ganze kein Schnäppchen ist, ist leider so. Der Normalo freut sich auf den Gebrauchtwagen, den er in drei Jahren für die Hälfte bekommt.
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