Intermodale Mobilität: Wie KI die Vorschläge für Tür-zu-Tür-Routen verbessert

Im Projekt DAKIMO haben Forschende am Fraunhofer IOSB in Karlsruhe eine KI-basierte Prognose für die Verfügbarkeit von Sharing-Verkehrsmitteln entwickelt. Ziel ist es, verlässlichere Tür-zu-Tür-Routen aufzuzeigen, die mehr Menschen motivieren, ihr privates Auto stehen zu lassen.

Bild: raumobil GmbH, Fraunhofer IOSB

Die Forscher berichten, dass ihre KI-Prognose die Wahrscheinlichkeit berechnet, an einem gewählten Ort im Stadtgebiet zu einer bestimmten Zeit beispielsweise ein Leihfahrrad oder einen E-Scooter vorzufinden. DAKIMO steht als Projektname für „Daten und KI als Befähiger für nachhaltige, intermodale Mobilität“. Projektpartner des Fraunhofer IOSB sind die Firmen Raumobil GmbH, INIT GmbH, Inovaplan GmbH sowie das Institut für Verkehrswesen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der Karlsruher Verkehrsverbund KVV. Bezuschusst wird DAKIMA vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt, das Fördervolumen beträgt 3,5 Millionen Euro.

Wie das Fraunhofer IOSB ausführt, nutzt Projektpartner Raumobil GmbH die selbstentwickelte Prognose für intermodales Routing, das heißt: Eine Mobilitäts-App schlägt Verbindungen vom Start zum Ziel vor, die auch die prognostizierten Verfügbarkeiten einkalkulieren. Und: Bei der Theorie soll es nicht bleiben. Am Beispiel der Regiomove-App des Karlsruher Verkehrsverbunds wollen die DAKIMA-Beteiligten die intermodalen Routenvorschläge Realität werden lassen.

Lösung berücksichtigt u.a. Livedaten zur Verkehrslage

Als bisherige Problematik und Ausgangslage des Projekts bezeichnen die Fraunhofer-Wissenschaftler, dass zwar Bus, Bahn, Tram, E-Scooter und Leihfahrräder bei der Umweltbilanz gegenüber dem privaten Auto besser abschneiden, aber die Route mit diesen öffentlichen Verkehrsmitteln komplexer zu planen ist. „Damit der ÖPNV eine attraktive Alternative werden kann, müssen verschiedene Verkehrsmittel entlang einer Strecke problemlos kombiniert werden können, wobei der Wechsel zwischen ÖPNV, (Leih-)Fahrrädern und E-Scootern genauso komfortabel sein muss, wie der Griff zum Autoschlüssel“, betont das Projektteam – und skizziert folgende Situation, die wohl jeder so oder so ähnlich kennt: „Man kommt mit dem Bus an Haltestelle X vielleicht in 30 Minuten an, und muss dann hoffen, dass dort Sharing-Bikes oder E-Scooter verfügbar sind. Möglicherweise wäre man besser doch zu Haltestelle Y gefahren, wo in der Regel mehr Leihfahrräder stehen? Routing-Apps berücksichtigen solche Faktoren bislang nicht in ihren Vorschlägen.“

Dort setzt das Projekt DAKIMO an: Die Forscher geben an, dass ihre KI-basierte Lösung unter anderem Livedaten zur Verkehrslage berücksichtigt. Jens Ziehn, Projektleiter am Fraunhofer IOSB, kommentiert. „Unsere KI-Prognose schlägt das individuell bestmögliche Verkehrsmittel für das Ziel, aber auch für die einzelnen Teilstrecken vor, ohne den Überblick zu erschweren. Dabei werden buchbare Fahrzeuge, darunter auch Carsharing-Autos, sowohl am Anfang als auch am Ende der Fahrt angezeigt.“ Wo der Mensch den Überblick verliert, etwa weil der Bus im Stau steht oder am letzten Halt keine Leihräder mehr verfügbar sind, springe die KI ein. „Die Prognose gelingt, da die KI über örtliche Verkehrszellen und über feine Zeitintervalle kurz- und langfristige Wahrscheinlichkeiten für die Verfügbarkeit und die erwartete Anzahl von Sharingfahrzeugen berechnet – basierend auf offenen Datenquellen, etwa Daten des ÖPNV, und historischen Daten, wie etwa Positionen von Leihfahrrädern“, ergänzt Reinhard Herzog, der am Fraunhofer IOSB die Gruppe Modellbildung und Vernetzung leitet.

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Bild: Fraunhofer IOSB

Prognose fließt in Standard GBFS ein

Wie das Fraunhofer IOBS mitteilt, soll die KI-Prognose künftig sogar in den internationalen, weltweit gültigen Standard GBFS („General Bikeshare Feed Specification“) integriert werden – eine Echtzeit-Spezifikation für öffentliche Daten, die in erster Linie der Bereitstellung von Verkehrsinformationen dient. Derzeit läuft eine einjährige Evaluationsphase. „Während dieser Testphase ist die Prognosefunktion in einem Entwurf zur Erweiterung des Standards integriert“, erläutert Herzog. „Damit unsere KI-Technologie in den breiten Praxiseinsatz gebracht werden kann, ist es wichtig, dass der GBFS-Standard um prognostizierte Wahrscheinlichkeiten von Sharing-Fahrzeugen erweitert wird.“ Denn dann werde der Standard eben nicht mehr nur dazu dienen, Positionen aktuell verfügbarer Sharing-Verkehrsmittel anzuzeigen, sondern auch Vorhersagen über zukünftige Aufenthaltswahrscheinlichkeiten anzubieten, die eine KI berechnet.

Wie das Team weiter ausführt, ist der KI-Fusionsserver, über den alle Daten zusammengeführt werden, bereits in Betrieb. Er leitet KI-basiert die Verfügbarkeiten der Verkehrsmittel ab, die in Routenvorschläge einfließen. Zudem ist die KI-Prognose schon Bestandteil besagter Testversion der Karlsruher Regiomove-App, die verschiedenste Mobilitätsinstrumente für die Region Mittlerer Oberrhein miteinander vernetzt. Im nächsten Schritt soll das Prognosemodell auch auf den Raum Baden-Württemberg ausgerollt werden.

Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist nach Angaben der Verantwortlichen groß. Eine im Projekt in Auftrag gegebene Studie mit über 1.500 Personen soll ergeben haben, dass knapp 90 Prozent der Teilnehmenden eine KI-basierte Vorhersage von Sharing-Verkehrsmitteln für hilfreich oder sehr hilfreich halten. Etwa 20 Prozent der Befragten würden gelegentlich das eigene Auto stehenlassen und auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. „Unsere Forschungsergebnisse untermauern, dass wir mit Methoden der KI in der Lage sind, die Mobilitätswende zu unterstützen und einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten“, so Projektleiter Ziehn.

fraunhofer.de

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