Willms Touristik rüstet 18 Sightseeing-Busse von Diesel auf Elektro um
Bei den umgebauten Bussen handelt es sich um sechs verschiedene Modelle auf MAN-Fahrgestellen. Die Bandbreite reicht von 37 Jahre alten MAN SD202 (Baujahre 1988–1990) bis zu Euro-6-Bussen aus den Jahren 2016 bis 2019. Die Umrüstung wurde von der dänischen Spezialfirma Banke ApS in Abstimmung mit DGS Diesel- und Getriebeservice, der Generalvertretung von Allison Transmission in Deutschland, durchgeführt.
Zunächst wurden die Fahrzeuge komplett entkernt: „Der gesamte Dieselantriebsstrang inklusive Verbrennungsmotor, Abgasanlage, Kraftstofftanks und konventionellem Getriebe wurde entfernt“, heißt es. Nach einer gründlichen Chassis-Inspektion folgte die Installation der neuen Elektrokomponenten. Herzstück des E-Antriebs ist ein Elektromotor vom Typ DANA TM4 SUMO HP, der es auf eine Leistung von 145 kW und 625 Nm im Dauerbetrieb bringt. Die Kraftübertragung übernimmt das vollautomatische Sechsganggetriebe T280R von Allison Transmission. Das Getriebe wurde ursprünglich für Dieselbusse entwickelt. Für den Einsatz in den Elektrobussen wurde es jedoch von den Spezialisten der Firmen Banke und DGS gezielt angepasst.
Sechs Lithium-Eisenphosphat-Batteriepacks mit einem Energieinhalt von insgesamt 240 kWh sollen eine Reichweite von rund 200 Kilometern ermöglichen, „was für die täglichen Stadtrundfahrten ausreicht“. Da bei den Stadtrundfahrten Doppeldecker-Busse mit offenem Oberdeck eingesetzt werden, wurden die Batterien im Heck sowie im Fahrgastraum untergebracht. Je nach Fahrzeugmodell entfallen dadurch aber nur zwei bis sechs Sitzplätze. Wie die umgerüsteten Busse geladen werden und vor allem wo, nennt Allison Transmission in der Mitteilung nicht.






Stattdessen wird das Antriebssystem hervorgehoben. So soll sich Busunternehmer Sascha Willms hochzufrieden mit seinen „neuen“ Elektrobussen zeigen. Besonders angetan sei er vom Fahrkomfort durch die Allison-Getriebe: „Das Anfahren ist sanft, die Wendigkeit ist super und es gibt keinerlei Schaltrucken. Außerdem gehe ich davon aus, dass neben dem vollhydraulischen Getriebe auch Verschleißanfälligkeit und Wartungsintensität der Komponenten reduziert werden.“
Für Willms Touristik war es besonders wichtig, einen Antrieb einzusetzen, der auch unter den anspruchsvollen Bedingungen der Stadtrundfahrten eine hohe Robustheit bietet. „Wir haben uns bewusst gegen einen getriebelosen Direktantrieb entschieden und stattdessen ein Antriebssystem gewählt, das sich bereits bei Kommunalfahrzeugen, wie Müllsammelfahrzeugen, bewährt hat.“ Die jetzt umgesetzte Zentralmotor-Lösung in Kombination mit dem sechsstufigen Allison-Vollautomatikgetriebe soll diese Anforderungen erfüllen. Karsten Flamming, Assistent der Geschäftsleitung bei Willms, ergänzt: „Außerdem sorgt das Vollautomatikgetriebe für eine höhere Reichweite und weniger Ladestopps. Ohne Getriebe würde der Elektromotor durchgehend mit hohen Drehzahlen laufen und deutlich mehr Strom verbrauchen.“
Die neuen Elektrobusse sind durch den E-Antrieb zudem deutlich leiser und vibrationsärmer als ihre Diesel-betriebenen Vorgänger. „Der Geräuschpegel sinkt um bis zu zehn Dezibel. Da das störende Motorenbrummen entfällt, können die Passagiere die Erläuterungen über Kopfhörer viel besser verstehen“, teilt Allison Transmission mit.
„Da die Elektrobusse keine Schadstoffe mehr ausstoßen, sorgen sie für bessere Luftqualität in der Innenstadt. Besonders in den zahlreichen Kölner Tunneln ist die Verbesserung spürbar“, heißt es. „Früher wurden meine Fahrer oft gefragt, was denn die stinkenden Diesel in der Innenstadt noch zu suchen haben“, berichtet Willms, „das ist jetzt Gott sei Dank vorbei.“ Und weiter: „Angesichts der Tatsache, dass Diesel-Busse wohl schon in wenigen Jahren nicht mehr in deutschen Innenstädten fahren dürfen, ist dieses Projekt für uns nicht nur ein wichtiger Schritt in Richtung CO2-freie Mobilität, sondern auch entscheidend für die Zukunftsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit unseres Unternehmens.“
Umrüstung von Diesel- zu Elektrobussen eine „sinnvolle Alternative“
Er betrachtet die Umrüstung von Diesel- zu Elektrobussen als sinnvolle Alternative zur Neubeschaffung. „Sightseeing-Busse werden im Schnitt zwei- bis dreimal so lange genutzt wie konventionelle Stadtbusse. Das bedeutet, dass sogar unsere Oldtimer aus den Baujahren 1988 und 1990 noch viele Nutzungsjahre vor sich haben. Ein Austausch gegen Neufahrzeuge wäre wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen – zumal die Investition in ein Retrofit deutlich günstiger ist“, so Willms.
Zwar soll die Umrüstung vorhandener Busse deutlich günstiger als die Anschaffung von neuen Elektrobussen sein, doch ohne Förderung hätte Willms das Vorhaben dennoch nicht stemmen können. So wurde die Umrüstung der Doppeldecker-Busse für den Linienverkehr in neun deutschen Städten – lediglich Köln wird namentlich genannt – im Rahmen der „Richtlinie zur Förderung von Bussen mit alternativen Antrieben im Personenverkehr“ durch das Bundesverkehrsministerium mit insgesamt 6,5 Millionen Euro gefördert. „Dieses Förderprogramm war für unser Unternehmen die einzige Möglichkeit, so viele Busse in so kurzer Zeit auf Elektroantrieb umzustellen“, so Willms. Mit dem Zuschuss konnten 80 Prozent der Umbaukosten gedeckt werden. „Wir als Willms Touristik tragen die restlichen Kosten in Höhe von etwa 2,2 Millionen Euro – inklusive Einrichtung der Ladeinfrastruktur, Schulung der Fahrer und Weiterbildung unserer Werkstattmitarbeiter. Das klingt zwar nach einer großen Summe, aber wir mussten ja keine neuen Busse kaufen und verfügen jetzt über eine modernisierte Flotte, die noch viele Jahre im Einsatz bleiben kann“, ergänzt Willms.
Bund fördert wieder E-Busse – unter Vorbehalt
Das 2021 initiierte Förderprogramm läuft noch bis Ende 2025. Das durch das KTF-Urteil ausgelöste Haushaltsbeben vor eineinhalb Jahren führte zwar zu einer Blockade, sodass zwischenzeitlich nur noch ein Restbudget an Verkehrsunternehmen ging. Wie es weitergehen sollte, war angesichts der 2024 geplatzten Ampel-Regierung und des noch nicht beschlossenen Etats für 2025 zudem lange unklar. Unter dem nun CDU-geführten Verkehrsministerium von Patrick Schnieder kam allerdings der U-Turn: Ein neuer Förderaufruf ist der Auftakt zu einem „wettbewerblichen Vergabeverfahren“ und stellt Verkehrsunternehmen wieder ein höheres Förderbudget für E-Busse und Infrastruktur in Aussicht. Wie viel Geld die Regierung konkret reservieren will, nennt sie allerdings nicht. Ohnehin ist der Etat für 2025 ja noch nicht beschlossen.
Insofern erfolgt der Aufruf auch nur „auf Grundlage des Regierungsentwurfs für den Bundeshaushalt 2025 und steht unter dem Vorbehalt, dass die eingeplanten Mittel im parlamentarischen Verfahren beschlossen werden“. Noch könnte der Aufruf also im Nirvana enden, doch davon gehen die Verantwortlichen nicht aus – und kündigen recht selbstsicher an: „Die Bewilligung der Projekte erfolgt nach Inkrafttreten des Bundeshaushaltsgesetzes im Herbst 2025.“
Förderberechtigt sind zunächst einmal Verkehrsunternehmen und weitere Anwender der Busbranche, wie es heißt. Bei neuen E-Bussen entsprechen die förderfähigen Ausgaben wie bisher den Investitions-Mehrausgaben gegenüber einem vergleichbaren Diesel. Hier gilt weiter eine Förderquote von bis zu 80 Prozent. Auch bei der Umrüstung sind bis zu 80 Prozent der Mehrausgaben förderfähig, die in diesem Fall konkret die Arbeiten am Fahrzeug beinhalten und so „als Ganzes darstellbar“ sind.
Quelle: Info per E-Mail
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