Plattformwechsel: Mercedes bringt die elektrische E-Klasse ein Jahr früher als geplant

Der Nachfolger des Mercedes EQE hätte ursprünglich erst 2028 auf den Markt kommen sollen. Da das Modell aber weit hinter den Erwartungen zurückbleibt, hat sich Mercedes jetzt dazu entschlossen, den Marktstart um ein Jahr vorzuziehen – aus diesem Grund steht wohl auch ein Wechsel der Plattform an.

Mercedes glc eq teaser
Bild: Mercedes-Benz

Mercedes zieht wohl den Modellwechsel im elektrischen Oberklasse-Segment vor und möchte den Nachfolger des EQE schon im zweiten Halbjahr 2027 statt wie ursprünglich geplant 2028 auf den Markt bringen. Dies berichtet der auf die Marke mit dem Stern spezialisierte Blog JESMB und bezieht sich dabei auf eine Ankündigung des Vorstandsvorsitzenden Ola Källenius.

Ursprünglich hatte der Autobauer geplant, dass der Nachfolger des EQE, der designtechnisch näher an der Verbrenner-E-Klasse bleiben soll, auf der kommenden „MB-EA.L“-Architektur steht. Das L steht dabei für Large. Die Plattform hätte eigentlich mit der elektrischen S-Klasse, dem Nachfolger des EQS, debütieren sollen. Die EQ-Version der E-Klasse wäre dann erst als zweites dran gewesen.

Die Architektur ist vom GLC EQ bekannt

Da der Baukasten aber noch nicht fertig ist, hat sich Mercedes dem Bericht zufolge jetzt dazu entschieden, die elektrische E-Klasse auf der kleineren „MB.EA-M“-Architektur zu entwickeln. Diese debütiert schon am 07. September im Vorfeld der IAA Mobility. Auf der Messe in München wird der GLC EQ enthüllt, das Elektro-Pendant zum beliebten Mittelklasse-SUV der Stuttgarter. Der neue Elektro-GLC soll im Frühjahr 2026 auf den Markt kommen, rund ein halbes Jahr später soll dann die Elektro-Version der C-Klasse folgen.

Letztere soll ein ganzes Stück wachsen. In diesem Zuge dürfte auch die kommende E-Klasse EQ dezent gestreckt werden. Die aktuelle E-Klasse mit Verbrennungsmotor ist in Limousinen-Form 4,95 Meter lang, das Pendant mit Elektroantrieb wird voraussichtlich an der Fünf-Meter-Marke kratzen.

Die mit der MB.EA-M-Plattform kompatiblen Motoren gehören zur Generation „eATS2.0 Large“. Bei den Heckmotoren ist dabei eine maximale Leistung von 250 kW möglich, in Kombination mit einem weiteren Motor an der Vorderachse ist eine Systemleistung von 360 kW möglich.

Die Batterie ist von der Karosserie getrennt

Es darf bezweifelt werden, dass die kleinere Plattform für den Kunden merkliche Nachteile mit sich bringen wird. In der Verbrenner-Welt teilen sich der GLC und die E-Klasse ebenfalls die Plattform, was für die große Bandbreite der Architekturen spricht.

Das Alleinstellungsmerkmal der größeren Large-Plattform wäre die „Cell to Body“-Bauweise gewesen, bei der die Batterie-Packs in die Karosseriestruktur integriert werden. Dies birgt nicht nur Kostenvorteile, sondern erhöht auch die Steifigkeit und kann aufgrund der besseren Platzausnutzung auch den Energiegehalt der Stromspeicher erhöhen. Bei der elektrischen E-Klasse wird die Batterie also noch wie gewohnt in mehrere Module gegliedert sein – ähnlich zum neuen CLA, der auf der MMA basiert.

Källenius verspricht aber, dass die E-Klasse mit EQ-Technik in ihrem Segment ganz vorne mitspielen soll. Und zwar nicht nur was die Effizienz und die Reichweite, sondern auch das Platzangebot, den Komfort und die Assistenzsysteme angeht. Wie der EQS und die S-Klasse soll auch die kommende elektrische S-Klasse in gewissen Situationen auf der Autobahn autonom nach Level 3 fahren können.

Comeback des klassischen Mercedes-Designs

Wenn es um Äußerlichkeiten geht, kehrt das Elektro-Pendant zur E-Klasse zu alten Tugenden zurück. Mercedes teasert eine „status-orientierte Geschäftslimousine“ im klassischen Drei-Box-Design an. Selbst der aufrecht stehende Kühlergrill in Chrom-Optik, der das Markendesign über Jahrzehnte dominiert hat, soll bei den EQ-Versionen des GLC und der E-Klasse zurückkehren.

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Bild: Mercedes-Benz

Der EQE kommt bei der Kundschaft nicht an

Dass der Marktstart der elektrischen Oberklasse jetzt um ein Jahr hervorgezogen wird, dürfte vor allem einen Grund haben – die mehr als bescheidene Performance des EQE, des vollelektrischen Oberklasse-Erstlings der Marke. Ähnlich wie sein großer Bruder EQS wurde das auf einen niedrigen cW-Wert getrimmte Elektro-Pendant zur E-Klasse aufgrund seines ungewohnten und betont rundlichen „One-Bow-Designs“ verschmäht. Und zwar nicht nur auf seinem Heimatmarkt, sondern insbesondere in den USA und China, obwohl die beiden Länder vorab zu den wichtigsten Märkten für die Baureihe auserkoren wurden.

Die dortigen Zahlen fielen für die Stuttgarter bisher mehr als ernüchternd aus. In den Vereinigten Staaten pausiert der Autobauer die Produktion zum 01. September auf unbestimmte Zeit – auch das EQE SUV und der große Bruder EQS waren von davon betroffen. Mercedes gibt zwar keinen offiziellen Grund für die Entscheidung an, dass die Nachfrage nach den E-Autos mit Stern deutlich niedriger als erhofft ausfällt, dürfte dabei aber definitiv eine Rolle spielen.

In China war der Tiefpunkt im Oktober 2024 erreicht: Während die lokale Konkurrenz im selben Zeitraum teils tausende Elektro-Limousinen verkaufte, wurden für den EQE trotz einer massiven Preissenkung im gesamten Monat null Zulassungen registriert. In den ersten Monaten von 2025 ging es zwar wieder etwas bergauf, zufrieden kann Mercedes mit den Zahlen auf dem größten Automarkt der Welt aber definitiv nicht sein.

Gleichzeitig erstarkt die Konkurrenz aus Fernost, während BMWs Elektroauto-Geschäfte trotz vermeintlich mit Nachteilen behafteter Mischplattformen deutlich besser laufen. Mercedes steht also vor allem in der Oberklasse unter Zugzwang. Deshalb soll der ungeliebte EQE 2026 nochmal eine Modellpflege inklusive 800 Volt-Technik erhalten, um die rund 12 Monate Wartezeit auf die elektrische E-Klasse zu überbrücken.

jesmb.de

5 Kommentare

zu „Plattformwechsel: Mercedes bringt die elektrische E-Klasse ein Jahr früher als geplant“
simon
20.08.2025 um 14:40
Mit einem richtig coolen Design, 800V und eine bessere Qualität hätte der sich schon verkauft. Man hätte den zusätzlich zur einer klassischeren elektrischen E-Klasse anbieten sollen, als sportlichere Version mit den Namen SLE EQ.
Jens
21.08.2025 um 08:16
Ich sehe beim EQE und EQS eher das Problem in der Ausstattung als im Design. Wenn man die beiden Modelle nicht einmal wie eine C- oder E-Klasse ausstatten kann, wundert mich das nicht. Hier nur einige Beispiele: Kein Softclose (gibt es zwar mittlerweile), keine Innenrollos an den Fenstern, kein Winterpaket, keine vollelektrische Anhängerkupplung usw. Anmerkung: Bezogen auf MJ 2023
dare100em
21.08.2025 um 11:47
Bei allem Respekt, daran wird der - globale - Misserfolg kaum liegen.Es ist die Kombination aus völlig missglücktem Design, barocker Innenoptik und mangeldem Interesse der Kernklientel (sehr konservativ), welche man durchbrechen muss.Der Weg ist aber der einzig richtige.
C. Brinker
21.08.2025 um 13:23
Das Fahrzeug hat viele hausgemachte Probleme. Zwar gute Effizienz, Design, das polarisiert, veraltete Ladetechnik sowie vollkommen maßlose Sonderausstattungs-Paketkombinationen. Wenn ich bei einem Fahrzeug mit knapp 70T EUR Einstandspreis die nicht vorhandene Lenkradheizung nur über ein Paket mit 3T EUR, die Fahrerassistenz nur über ein Paket für 10T EUR bekommen, dann braucht sich niemand zu wundern, warum das Ding nicht läuft. Vollkommene Selbstverständlichkeiten in der Klasse treiben den Einstandspreis auf gut 80T EUR
Arno Nühm
24.08.2025 um 01:04
Ich glaube, der EQE hätte auch in diesem Design mehr Kunden gefunden, wenn zwei Dinge bedacht worden wären: 1. Für die Limousinen-Märkte ist eine Design-Variante mit Stern auf der Haube ungemein wichtig. Dass die nicht mitgedacht wurde, sieht man an der notdürftig gestrickten Variante für den EQS. 2. Für die T-Modell Kunden stand der Nutzwert im Vordergrund, der mit einem klassischen Stufenheck verloren geht. Gerade zu letzterm Punkt noch etwas mehr: Im Gegensatz zu einer S-Klasse ist eine E-Klasse oft doch auch ein Arbeitstier. Wenn also die gelegentlichen Transporte einer Waschmaschine, eines Fahrrads oder dem Einkauf in einem x-beliebigen schwedischen Möbelhaus nicht funktionieren, dann kaufe ich das Auto nicht. Es erschließt sich mir nicht, wie Autobauer heute noch Stufen- statt Fließheck bauen, insbesondere wenn sie keine Kombis sondern nur SUV als Alternative anbieten wollen. Ein Auto wird immer ein bisschen mit dem Blick auf Szenarien der Nutzung gekauft, die weit weniger als 5% er tatsächlichen Nutzung ausmachen. Wobei ich aber nicht sagen will, dass das die einzigen Dinge sind. Das UI-Design mit seinen dunklen grau zu schwarz Verläufen wirkt bei Mercedes schon seit dem W212 einfach nur alt und nicht zeitlos und auch der Preis war - gerade im Hinblick auf Nutzwert-Käufer - sicherlich keine große Hilfe.

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