Volkswagen und Rivian bündeln Beschaffung von Halbleitern

Volkswagen und Rivian verkünden eine gemeinsame Beschaffungsinitiative für Halbleiter. Die im Zuge dieses Deals beschafften Chips sollen „in allen relevanten Modellreihen“ beider Hersteller eingesetzt werden, die künftig auf der zonalen Elektronikarchitektur des gemeinsamen Joint Ventures basieren.

Bild: Volkswagen

Der Volkswagen-Konzern und Rivian haben sich im vergangenen Jahr verbündet, um die Entwicklung und Integration von Auto-Software voranzutreiben. Und das gleich im großen Stil: Neben Milliarden-Investitionen haben beide Seiten ein Joint Venture namens Rivian and Volkswagen Group Technologies ins Leben gerufen. Für Volkswagen ist die Initiative ein neuer Anlauf, seinen Software-Rückstand aufzuholen. Klar ist, dass das ungleiche Duo die Software jeweils für die eigenen Modelle nutzen will –  basierend auf der zonalen Elektronikarchitektur von Rivian bzw. auf der weiterentwickelten Version des Joint Ventures.

Nun geben die Partner weitere operative Maßnahmen bekannt. So wollen sie „die Verantwortung für die Beschaffung von Hightech-Halbleitern in mehr als 50 Kategorien teilen“, wie Volkswagen mitteilt. Ziel sei, Kosten zu senken, die Versorgung zu sichern, die Beschaffung zu verschlanken und die Effizienz zu steigern. Die im Rahmen dieses Deals beschafften Chips werden „in allen relevanten Modellreihen beider Hersteller eingesetzt, basierend auf der zonalen Elektronikarchitektur […] in Europa und Nordamerika“. Publik gemacht wurde diese Initiative auf dem von Volkswagen ausgerufenen Semiconductor Summit auf der IAA Mobility in München.

Die Zusammenarbeit selbst umreißen Volkswagen und Rivian nur grob. So soll die gemeinsame Beschaffung zentrale Komponenten wie Mikrocontroller, Leistungstransistoren und Leiterplatten umfassen. Zum Volumen oder zur Laufzeit machen sie keine Angaben. Volkswagen unterstreicht nur allgemein, dass dies ein proaktiver Schritt sei, die Lieferantenbasis auszubauen, widerstandsfähige Partnerschaften aufzubauen und die Ambition zu stärken“. Außerdem veranschaulichen die Wolfsburger, dass der erste Volkswagen Golf anno dazumal rund 30 Halbleiter benötigte. In den neuen vollelektrischen Modellen wie dem ID.7 steigt die Zahl auf rund 18.000.

„Die Automobil- und Halbleiterindustrien sind zunehmend eng miteinander verbunden. Durch enge Zusammenarbeit bauen wir ein verlässliches Ökosystem auf, das die Innovationen vorantreibt, die die nächste Fahrzeuggeneration prägen werden“, sagt Dirk Große-Loheide, Mitglied des Erweiterten Konzernvorstands sowie Mitglied des Markenvorstands Volkswagen Pkw, Geschäftsbereich Beschaffung. „Mit unserer Strategie und den neuen Beschaffungsmodellen sichern wir die Versorgung und positionieren den Volkswagen Konzern zugleich als treibende Kraft und verlässlichen Partner für globale Technologieunternehmen.“

Damit verweist Große-Loheide darauf, dass Volkswagen als Reaktion auf technologische Entwicklungen sowie frühere Lieferengpässe die Halbleiterstrategie neu ausgerichtet hat. Priorität ist, ein robustes Ökosystem aufzubauen. „Enge und partnerschaftliche Beziehungen zu Halbleiterunternehmen und direkten Zulieferern bleiben dabei ein zentrales Anliegen, wobei einzelne Konzernmarken Führungsrollen in verschiedenen Kategorien übernehmen“, heißt es dazu aus der Konzernzentrale.

Das Rivian-Joint-Venture soll in diesem System künftig eine stabile Säule bilden. Carsten Helbing, Co-CEO des frisch gegründeten Gemeinschaftsunternehmens, betont: „Wir verbinden die globale Expertise des Volkswagen-Konzerns mit Rivians Erfahrung in der Entwicklung von SDVs, was die Entwicklung zukünftiger Hightech-Halbleiter beeinflussen wird. Dieses Modell erlaubt es den Tech-Teams des Joint Ventures, sich voll auf Entwicklung und Innovation zu konzentrieren, während wir gemeinsam maßgeschneiderte Lösungen im großen Maßstab mit Startup-Tempo liefern.“

Im Zentrum der Joint-Venture-Aktivitäten steht die Absicht, auf Basis von Rivians bestehender Software- und Elektroarchitektur (Original: „E/E architecture & vehicle software“) eine gemeinsame Technologieplattform für softwaredefinierte Fahrzeuge zu schaffen. Die Partnerschaft lässt sich Volkswagen Milliarden kosten. Mitte des Jahres wurde bereits die zweite Zahlung von einer Milliarde US-Dollar fällig, nachdem Rivian die in dem Vertrag vereinbarten Ziele erreicht hatte.

Die erste Milliarde hatte VW im vergangenen Jahr direkt zum Abschluss der Vereinbarung investiert und seitdem laut Geschäftsbericht 8,6 Prozent an Rivian gehalten. Nach der Überweisung der zweiten Tranche sind es nun 12,3 Prozent. Hält Rivian weiter die vereinbarten Projektfortschritte ein, werden zwei weitere Raten aus Wolfsburg folgen – im Gesamtwert von bis zu 3,5 Milliarden Dollar, also aktuell rund drei Milliarden Euro. Dann könnte Volkswagen zum größten Einzelaktionär bei Rivian werden und in dieser Position Amazon ablösen.

Kurzer Rückblick: Die 2024 vereinbarte Zusammenarbeit zwischen VW und Rivian sieht insgesamt ein Volumen von 5,8 Milliarden Dollar vor, davon sollen jene 3,5 Milliarden Dollar über die VW-Beteiligung an Rivian fließen. 2,3 Milliarden Dollar sind für das Joint Venture Rivian and Volkswagen Group Technologies vorgesehen. Auf diese Weise wollen die Wolfsburger Zugang zur Software und Elektronikarchitektur von Rivian erhalten – um damit wiederum die eigenen Software-Probleme zu lösen. Offiziell wird die neue Elektronik-Architektur in E-Autos beider Partner eingesetzt, allerdings gilt der deutsche Autobauer als der deutlich größere Profiteur. Das erste VW-Modell mit Rivian-Technologie soll 2027 der E-Kleinwagen ID.1 werden – die Elektronikarchitektur soll dazu beitragen, den angepeilten Basispreis von rund 20.000 Euro zu erreichen. Laut Berichten soll die Produktion im September 2027 in Portugal anlaufen.

volkswagen-group.com

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