China streicht E-Autos aus Liste der strategischen Industrien

In ihren Fünfjahresplänen legt die chinesische Regierung fest, welche Industriezweige von strategischer Relevanz sind und entsprechend gefördert werden. Im neuen Plan für 2026 bis 2030 sollen die New Energy Vehicles angeblich nicht mehr als strategische Industrie gelten – was wohl Folgen für die Fördermaßnahmen haben dürfte.

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Bild: Peter Schwierz

Dass die Elektroautos in dem jüngsten Fünfjahresplan nicht mehr unter den strategisch wichtigen Branchen enthalten sind, hat zunächst Reuters berichtet. Es sei „die erste Nichtberücksichtigung dieser Branche seit mehr als einem Jahrzehnt“. Die Regierung in Peking hatte bereits vor einigen Jahren in einem ersten Versuch einige Subventionen gestrichen, was damals aber zu einem starken Rückgang der Nachfrage geführt hatte. Nachdem einige Maßnahmen wieder aufgenommen oder angepasst wurden, zog auch die Nachfrage wieder an.

Der erneute Vorstoß deutet darauf hin, dass die chinesische Regierung die Lage inzwischen anders bewertet – tatsächlich sind die Neuzulassungen von New Energy Vehicles (BEV, PHEV und FCEV) höher und die chinesische Industrie exportiert auch deutlich mehr E-Autos. Auch von Reuters befragte Analysten werten den Schritt als klares Signal, dass die Regierung bereit ist, die Subventionen für die heimische Elektrofahrzeug-Industrie auslaufen zu lassen und ihre Entwicklung dem Markt zu überlassen.

„Es ist eine offizielle Anerkennung, dass Elektrofahrzeuge keine vorrangigen Maßnahmen mehr benötigen. Die Subventionen für Elektrofahrzeuge werden auslaufen“, wird etwa Dan Wang, China-Direktorin bei der Beratungsfirma Eurasia Group, in dem Bericht zitiert.

China hat Lieferketten aufgebaut – aber auch Überkapazitäten

China hat den Fokus beim Aufbau einer eigenen Autoindustrie früh weg von reinen Verbrennern auf alternative Antriebe gelegt. Mit der Einstufung als strategisch wichtige Industrie sind über die Jahre Milliarden an Subventionen in den Sektor geflossen – auf Ebene der Zentralregierung, aber auch auf Provinz-Ebene. Diese (Förder-)Politik hat dazu beigetragen, dass chinesische Hersteller schnell Fortschritte erzielt haben, die Nachfrage auf dem heimischen Markt massiv unterstützt wurde und auch die entsprechenden Lieferketten und Spezialwissen aufgebaut werden konnten – vor allem im Batterie-Bereich.

Allerdings gibt es auch Schattenseiten. Die Förderpolitik hat etwa dazu geführt, dass die EU eine Antidumping-Untersuchung eingeleitet hatte, die schließlich zu den Sonderzöllen auf E-Autos aus chinesischer Produktion geführt haben – offiziell um den Vorteil, den chinesische Hersteller aufgrund der staatlichen Förderung gegenüber europäischen Unternehmen ohne diese Unterstützung erhalten haben, auszugleichen. Und der staatlich geförderte Boom hat auch zu zahlreichen Überkapazitäten geführt – einige EV-Startups haben schon wieder Insolvenz angemeldet, aber auch bei den großen E-Auto-Herstellern gibt es Berichte über eine geringe Werksauslastung.

Den übermäßigen Wettbewerb, der teilweise in ruinösen Rabattaktionen gemündet ist, hatte selbst Chinas Präsident Xi Jinping öffentlich kritisiert. Auch auf anderen Ebenen hatten die Behörden die Zügel zuletzt etwas angezogen – etwa bei der Regulierung von proprietären Ladestationen. Und auch erste kleinere Versuche, Förderungen zu streichen – etwa eine Abwrackprämie in mehreren großen Städten – hat keine Schockwellen mehr ausgelöst.

Die Analysten gaben gegenüber Reuters aber auch an, dass der Schritt nicht als Zeichen dafür gewertet werden dürfe, dass die Elektroautos für die Regierung an Bedeutung verloren hätten. „Vielmehr spiegele sie eine strategische Entscheidung wider, Ressourcen auf andere Technologien zu konzentrieren, in denen China seine Kompetenzen ausbauen wolle, insbesondere angesichts globaler Handels- und Sicherheitsspannungen“, schreibt die Nachrichtenagentur.

Diese Einschätzung teilt Dan Wang von Eurasia: „China dominiert bereits den Bereich der Elektromobilitätstechnologie und Batterien, daher macht es keinen Sinn, China Priorität einzuräumen. Das heißt nicht, dass die Regierung eine Kapazitätskürzung anordnen wird, aber der Markt wird eine größere Rolle dabei spielen, wer überlebt.“ Auch Tu Xinquan, Dekan und Professor des China Institute for WTO Studies der University of International Business and Economics, geht davon aus, dass eine weitere NEV-Förderung zu größeren Überkapazitäten führen könnte. Dennoch erwartet er, dass verschiedene Ministerien weiter „konkretere Pläne zur Steuerung der zukünftigen Entwicklung ankündigen“ werden.

Wenn jetzt den Markt mehr Macht bei der Entwicklung der Branche gegeben wird, könnte das für einige der kleineren Hersteller drastische Folgen haben. Laut den Daten von Jato Dynamics weisen 93 von 169 in China tätigen Autobauern einen Marktanteil von weniger als 0,1 Prozent auf – gerade bei New Energy Vehicles gibt es viele kleine Startups. Ohne die bisherige staatliche Unterstützung könnte das Geschäftsmodell bei einigen Firmen zusammenbrechen und eine Marktkonsolidierung bevorstehen.

reuters.com

1 Kommentar

zu „China streicht E-Autos aus Liste der strategischen Industrien“
Peter
30.10.2025 um 09:09
Alles Spekulation: Die BEV-Preise sind offenbar inzwischen gering genug, dass die Mittel für andere Ziele verwendet werden können (Rüstung kostet ja auch). Außerdem sind die Subventionen ein zentrales Argument für die Europa-Zölle. Wenn das Subventions-Argument fällt, fallen vielleicht auch die Zölle und damit würde dann der Zugang zum europäischen Markt leichter. Nachdem man den chinesischen Markt hat, zielt man nun auf den nächsten Markt. Und im chinesischen Markt selbst können sich nun die gesunden Player besser gegen die künstlich am Leben erhaltene Konkrurrenz durchsetzen.

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