Blase auf dem Batteriemarkt? Das Kleingedruckte zählt!

Das Angebot an Batterien für Elektroautos, so heißt es in einer dpa-Meldung vom Mittwoch, wachse schneller als die Nachfrage. Massive Überkapazitäten wären die Folge, der Markt sei übersättigt. Eine Blase würde entstehen, warnt die Unternehmensberatung Berylls Strategy Advisors. Doch ist dem wirklich so?

Die wenigen Zeilen, die als Vorabmeldung für eine Studie konzipiert waren, haben bei vielen Fachleuten und Kaufwilligen Hoffnung geweckt: Schrumpfen jetzt Lieferzeiten und Preise?

Nein, das tun sie nicht. Denn das im Nachklapp am Donnerstag verbreitete Papier von Berylls (PDF-Download, 2,8 MB) ist in einem entscheidenden Punkt detaillierter als die Erstinformation: Die Berater sprechen nicht vom Zell-, sondern vom Systemmarkt. Hier „klaffen Batterieproduktion und Nachfrage […] für viele Jahre um bis zu 30 Prozent auseinander“, so die Behauptung.

Die Studie bezieht sich demnach nicht auf die Fertigung von Einzelzellen. Diese wird auf allen Kontinenten derzeit massiv hochgefahren, um den mittelfristigen Bedarf zu decken. Überall entstehen Gigafactorys. Vielmehr reden die Consultants von Berylls über Pakete, also das Zusammenfassen vieler einzelner Zellen zu je einem System pro Auto.

Diese Kompetenz liegt derzeit entweder bei den Autoherstellern (Volkswagen, Tesla et cetera) oder bei den Zellproduzenten (Panasonic, LG Chem und andere) selbst.

Berylls Strategy Advisors stellt nun fest, dass neue Player, die sich ausschließlich auf das Packaging konzentrieren, die folglich weder Auto- noch Zellhersteller sind, geringe Markteintrittschancen hätten. Diejenigen aber, die sich bereits etabliert hätten, könnten dieses Geschäft wohl halten – hier werden explizit ElringKlinger und Bosch genannt – und in Zukunft durch ein weiteres Modell ausbauen: Wenn zu Beginn der 2030er Jahre viele Traktionsbatterien verschlissen sind, könnte der Umbau zu stationären Batteriepaketen eine lohnende Perspektive sein.

Beim Lesen des Kleingedruckten entpuppt sich die scheinbare Positivnachricht ergo als Banalität. Was aber wissen wir tatsächlich über den Batteriemarkt?

Ein Hintergrundgespräch von electrive.net mit einem großen Autohersteller hat ergeben, dass es zurzeit keinen Engpass bei der Lieferung von Einzelzellen gibt. Auch die Kosten sind im Zielkorridor. Die Batteriezelle ist aus Fachsicht ein Zulieferteil, das ähnlich wie ein Reifen betrachtet wird: Natürlich muss die Qualität stimmen. Wenn Maße und Leistungsdaten korrekt sind, zählt aber nur der Preis und die Verfügbarkeit am jeweiligen Produktionsstandort des Elektroautos in Europa, Amerika oder Asien.

Dennoch behält man genau im Blick, wie sich der Rohstoffmarkt (Stichworte: Kobalt und Kupfer) entwickelt und ob die Steigerung von Fahrzeug- und Batteriezellproduktion gut auf die erwartete Nachfrage abgestimmt ist. Hier sind durchaus Risiken im Markt.

Eine Entwarnung mit Blick auf den Boom gibt es nicht. Es gibt keinen Anlass zur Euphorie – nur zur Sachlichkeit.

1 Kommentar

zu „Blase auf dem Batteriemarkt? Das Kleingedruckte zählt!“
Hugo
23.03.2018 um 09:18
Vielleicht haben die Analysten von Berylls Strategy Advisors übersehen, dass neben Autobranche im Energiemarkt eine riesige Nachfrage nach Lithiumionenakkus gibt. Dabei ist nicht nur Heimspeicher gemeint, sondern im Bereich der Großspeicher zur Stabilisierung der Stromschwankungen. Die Batteriespeicher verdrängen jetzt schon die Dieselgeneratoren auf vielen Inseln und Gaskraftwerke. Der lukrative Markt für die 'Peaker' wird gänzlich durch Batteriespeicher ersetzt werden.Hinzu kommt noch, dass etliche Autohersteller erst mit E-Mobilität beginnen. Die Nachfrage nach E-Autos wird nicht linear ansteigen. Zu viele Analysten können aber offensichtlich nur linear vorhersagen. Nein, nach meiner Einschätzung kommen die Akkuproduzenten kaum hinterher. Das ist der Grund, warum so viele E-Autohersteller kaum mit der Nachfrage nachkommen können.

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