Deutsch-niederländisches Forscherteam arbeitet an neuem Akku-Verfahren

Eine neuartige Akkutechnologie namens „Spatial Atom Layer Deposition“ (SALD) soll höhere Kapazitäten und Ladeleistungen ermöglichen – für E-Autos werden „weit über 1.000 Kilometer Reichweite“ versprochen. Für die Serienfertigung solcher Zellen wurde nun eine Firma gegründet.

Das Verfahren ist von einem niederländischen Unternehmen, deutschen Fraunhofer-Instituten und der staatlichen niederländischen Forschungseinrichtung Nederlandse Organisatie voor toegepast-natuurwetenschappelijk onderzoek (TNO) gemeinsam entwickelt worden. Die Vermarktung zur industriellen Massenfertigung obliegt der eigens dazu gegründeten Firma SALD BV (Eindhoven).

„Spatial Atom Layer Deposition“ bezeichnet ein patentiertes Verfahren, im industriellen Maßstab Beschichtungen aufzutragen, die so dünn sind wie ein einziges Atom. Auf Akkus übertragen heißt das: Damit wird die Material-Ausnutzung deutlich erhöht, da die elektro-chemische Reaktion in Akkus meist nur an der Oberfläche stattfindet. Material im Inneren des Bauteils nimmt nicht an der Reaktion teil. So könnte der Anteil von Materialien wie Kobalt, Nickel oder Mangan auf ein Minimum reduziert werden, wenn nur eine extrem dünne Schicht aufgetragen werden muss.

Die SALD-Technologie ist im Grunde genommen nicht neu, sie wurde bereits 2008 erfunden. Sie ist eine Weiterentwicklung der Atomlagenabscheidung (ALD), die zum Beispiel bei der Produktion von Computerchips eingesetzt wird. Das Verfahren ist aber recht langwierig. Mit der SALD-Technologie kann die Produktionsgeschwindigkeit um das Fünf- bis Zehnfache gesteigert werden. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Forschungsinstituten ist es SALD BV offenbar gelungen, eine verhältnismäßig kleine Produktionsmaschine zu entwickeln und die Technologie in anderen Produktionsbereichen einsetzbar zu machen – Akkus zum Beispiel, oder auch Bekleidung und Verpackungen mit atomdünnen, aber reißfesten Beschichtungen. Mit der anziehenden Elektromobilität scheinen Batterie-Produkte aber das vielversprechendere Geschäftsfeld zu sein.

Andere Unternehmen arbeiten an ähnlichen Technologien, SALD BV will aber nun in der Lage sein, die Technologie schnell in eine Großserienproduktion skalieren zu können – nach eigenen Angaben als einziges Unternehmen weltweit.

SALD-Akkus ermöglichen nicht nur dreimal mehr Reichweite für E-Autos als heutige Batteriezellen, sondern können auch fünfmal schneller geladen werden, so die SALD BV in einer Mitteilung. Damit könne ein Elektroauto in zehn Minuten auf 80 Prozent und in 20 Minuten vollständig geladen werden.

Laut Frank Verhage, CEO von SALD, werde die Akkutechnologie „frühestens 2022/2023“ in E-Autos eingebaut werden können. Man befinde sich bereits in Gesprächen mit Autobauern, will aber keine Namen nennen. Ein baldiger Börsengang ist offenbar nicht geplant, es soll aber wohl „unzählige Anfragen“ von Investoren geben.

Technologie soll mit flüssigem und festem Elektrolyt arbeiten

Bei den SALD-Akkus handelt es sich im Grunde genommen um Lithium-Ionen-Batterien, auch wenn das Unternehmen von einer „Weiterentwicklung der heutigen Lithium-Ionen-Technologie“ spricht. Schließlich wird nicht die Zellchemie grundlegend verändert, sondern mit dem Beschichtungsverfahren der Produktionsprozess. Laut dem Unternehmen funktioniere die eigene Technologie sowohl mit Flüssigelektrolyten als auch Festkörperbatterien.

Interessant: In der Mitteilung gibt das Unternehmen an, dass die „SALD-Technologie beispielsweise mit den neuen Lithium-Eisenphosphat-Batterien zusammen arbeite, die Tesla für sein jüngstes günstiges Model 3 in China angekündigt hat“. Zudem erwähnt Verhage den Tesla Battery Day: „Es ist dieselbe Erkenntnis, dass die Batteriezellen grundlegend weiterentwickelt werden müssen, indem der Ionenfluss zwischen Kathode und Anode deutlich verbessert wird, um bahnbrechende Fortschritte zu erzielen.“

Durch die Nanobeschichtung entstehe eine so genannte „Artificial Solid-Elektrolyte Interphase“ (A-SEI), die gegenüber bisherigen SEI über eine deutlich bessere Leistungsfähigkeit verfügen soll. In Folge dessen werde die Langlebigkeit, die Sicherheit und die Kapazität deutlich gesteigert. „Dadurch kann ein E-Auto entweder mit kleineren Batterien weit über 1.000 Kilometer oder mit größeren Akkupacks in Zukunft sogar über 2.000 Kilometer ohne Nachladen fahren“, sagt Verhage. Dabei gehe es aber nicht um einen „theoretischen Reichweitenrekord“, sondern eher um den ungünstigsten Fall: Selbst bei „sportlich-dynamischer Fahrweise und Klimaanlage oder Heizung“ solle ein solches Fahrzeug über 20 bis 30 Prozent Restladung verfügen.

Das Unternehmen selbst hat seine Wurzeln in der Solar-Technologie: SALD ist laut der Homepage des Unternehmens ein Spin-Off von SoLayTec, das ein ähnliches Beschichtungsverfahren für die Massenfertigung von Solarpaneelen entwickelt und verkauft hat. Die Maschinen kommen demnach vor allem in China zum Einsatz. Für die Batterie-Beschichtung habe SoLayTec eng mit Fraunhofer-Instituten und dem TNO zusammen gearbeitet. Wie genau die Besitzverhältnisse der SALD BV aufgeteilt sind, geht aus der Homepage aber nicht hervor.
automobilwoche.de, presseportal.de, spatialald.com, cleanthinking.de

4 Kommentare

zu „Deutsch-niederländisches Forscherteam arbeitet an neuem Akku-Verfahren“
Christian Weiß
24.11.2020 um 16:47
Wenn das alles so Stimmt und technisch machbar ist, dann ist das ein großer Schritt für den Automobil-Markt .
Stephan Schaper
24.11.2020 um 22:40
Warum bei der Technologie noch an Lithium festhalten? Öffnet sich durch den fehlenden Abstand der Sichten nicht fast das ganze Periodensystem?!
Jörg Peter Rabe
03.12.2020 um 14:53
Auf jeden Fall sollte dann Natrium in den Fokus rücken. Ähnlich in den Eigenschaften und preiswert und umweltfreundlicher verfügbar. Danke
Jörg Peter Rabe
03.12.2020 um 15:05
Ich wünsche mir ein E-Auto in der Größe des Skoda Fabia COMBI mit ca. 70kW, 500km RW zum Preis ca. 15.000,-, ohne überflüssigen Luxus. Der soll dann bei guter Behandlung 20 Jahre ohne teure Reparaturen halten. Ob das je ein Hersteller hinbekommt??? Ob das je ein Hersteller will???

Schreiben Sie einen Kommentar zu Jörg Peter Rabe Antworten abbrechen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Lesen Sie auch