Daimler Truck: Mehr E-Lkw bis 2030 als politisch verordnet

Daimler Truck macht Anstalten, sich zu einem der Vorreiter bei der Elektrifizierung von Lkw aufzuschwingen. Technologievorstand Andreas Gorbach gibt an, die CO2-Emissionen der eigenen Lkw-Flotte bis 2030 massiv reduzieren zu wollen – sogar über die politisch fixierten Grenzwerte hinaus.

Diese und weitere Aussagen machte Gorbach zum Wochenanfang gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Die aufgezeigte Marschroute impliziert, dass der Anteil von Diesel-Lkw im Absatzmix des Herstellers schneller abnehmen wird als bisher gedacht. Wortwörtlich äußerte Gorbach in dem oben genannten Bericht, dass es möglich sei, „dass wir bis 2030 schon einen Anteil von 40, 50 oder 60 Prozent an CO2-neutralen Batterie- oder Brennstoffzellen-Lkw bei unserem Absatz in der EU erreichen und dies dann auch entsprechend zur Reduktion an CO2-Emissionen beiträgt“.

Als erster Batterie-elektrisch angetriebener Lkw unter dem Dach der Daimler Truck AG geht bekanntlich der Mercedes-Benz eActros im Oktober 2021 im Mercedes-Benz-Werk Wörth in die Serienfertigung. Der eEconic folgt im kommenden Jahr. Der Batterie-elektrische eActros LongHaul für den Fernverkehr ist für Mitte des Jahrzehnts avisiert. Die Serienversion des Brennstoffzellen-Lkw GenH2-Truck dürfte ab 2027 folgen.

Daimler Truck geht den Aussagen von Gorbach zufolge davon aus, dass sich diese elektrifizierten Lkw so schnell etablieren, dass sie 2030 bereits 40 bis 60 Prozent der Verkäufe auf sich vereinen. Die große Spannweite bei den Prozentangaben ergibt sich laut dem Technikvorstand daraus, dass es schwer zu prognostizieren sei, „wie sich die Strom- und Wasserstoffpreise genau entwickeln, wie der Ausbau der Infrastruktur in beiden Bereichen vorangeht und ob die Politik zügig die Weichen für gleiche Wettbewerbsbedingungen gegenüber Diesel-Lkw stellt“.

Die jüngsten politischen Vorgaben für den Lkw-Markt der EU stammen aus dem Jahr 2019. Seinerzeit formulierten die Gremien der Staatengemeinschaft zusammen mit den Mitgliedsstaaten erstmals europäische CO2-Emissionsnormen für Lkw und andere schwere Nutzfahrzeuge. Demnach müssen Hersteller die CO2-Emissionen neuer schwerer Nutzfahrzeuge ab 2025 im Vergleich zu 2019 um durchschnittlich 15 Prozent und ab 2030 um 30 Prozent senken.

Emissionsfreie und -arme Fahrzeuge werden bis 2024 mehrfach angerechnet, wobei für emissionsfreie, also für vollelektrische Fahrzeuge der Faktor 2 gilt. Bis 2025 sollen Hersteller zudem sicherstellen müssen, dass emissionsfreie oder emissionsarme Fahrzeuge einen Marktanteil von mindestens zwei Prozent aller verkauften Neufahrzeuge ausmachen.

„Ein solcher schrittweiser Ansatz bietet auch ein klares und frühes Signal für die Industrie, die Markteinführung von energieeffizienten Technologien zu beschleunigen sowie emissionsfreie und emissionsarme Schwerlastfahrzeuge einzuführen“, heißt es vonseiten der EU bei der Einführung der neuen Normen. Hersteller, die die Ziele nicht einhalten, müssen eine finanzielle Strafe in Form einer Emissionsüberschreitungsprämie fürchten. Lkw und Busse verursachen laut EU-Kommission etwa ein Viertel der CO2-Emissionen im Straßenverkehr und etwa sechs Prozent der gesamten CO2-Emissionen in der EU.

„Politik muss Anreize schaffen“

Analog zum Pkw-Markt haben Branchenvertreter zuletzt immer wieder höhere Subventionen für alternative Antriebe bei Lkw gefordert. Auch Daimler-Truck-Technikvorstand Gorbach betont, dass sich die Anschaffung alternativ angetriebener Laster für die Käufer möglichst schnell rechnen und die Politik hier Anreize schaffen müsse. „Wir als Lkw-Hersteller können nicht wie ein Pkw-Premiumanbieter sagen: Wir bieten jetzt nur noch Elektrofahrzeuge an und das kostet den Kunden dann eben einen bestimmten Betrag mehr pro Auto“, so Gorbach gegenüber der Nachrichtenagentur. „Der Umstieg funktioniert auf dem Lkw-Markt nur, wenn der betriebswirtschaftliche Mehrwert für den Kunden sofort da ist. Dann ergibt sich automatisch ein schnell steigender Marktanteil für klimaneutrale Antriebe.“

Gorbach zufolge gilt es, Batterie-elektrische Lkw bis Mitte der 2020er Jahre und Brennstoffzellen-Lkw im Laufe der zweiten Hälfte der Dekade von den Gesamtbetriebskosten her „auf das Niveau heutiger Dieselfahrzeuge“ zu bringen. „Es geht abseits des Anschaffungspreises letztlich vor allem darum, dass der Kunde nach ein paar Jahren, in denen er den Lkw in Betrieb hat, gleich viel Geld in der Tasche haben muss, wie er es beim Betrieb eines Diesel-Lkw gehabt hätte.“

Weiter betont der Manager, dass vielen Lkw-Kunden der betriebswirtschaftliche Gedanke wichtiger sei als der Umweltaspekt: „Es gibt natürlich Lkw-Kunden, die aus ihrer Nachhaltigkeitsstrategie heraus schon jetzt sagen: Ich will grün fahren. Das ist aber nicht die Mehrzahl.“ Solange der Betrieb eines Diesel-Lkw für die Kunden wirtschaftlicher sei als der eines Brennstoffzellen- oder Batterie-Lkw, werde er sich im Regelfall auch weiter für den Diesel entscheiden.

Daimler-Konzern strukturiert um

Mit Blick auf die Umwälzungen in der Branche pumpt Daimler aktuell Milliardensummen in die Entwicklung von alternativen Antrieben. Und: Der Konzern strukturiert gleichzeitig um: Daimler Truck soll bekanntlich aus der Daimler AG ausgegliedert und an die Börse gebracht werden. Am 1. Oktober sollen diese Pläne bei einer außerordentlichen Hauptversammlung von den Aktionären gebilligt werden.

Der Mehrheitsanteil von Daimler Truck soll dabei aber an die heutigen Daimler-Aktionäre übertragen werden – also wird die Daimler Truck AG zumindest am Anfang eine ähnliche Eigentümerstruktur wie die heutige Daimler AG aufweisen. Änderungen können sich dann mit der Zeit ergeben. Daimler Truck werde im Zuge dessen „volle unternehmerische Freiheit erlangen sowie eine eigenständige Corporate Governance-Struktur mit einem unabhängigen Aufsichtsratsvorsitzenden besitzen“, hieß es bei der Bekanntgabe der Pläne im Februar.

Der Nfz-Hersteller verfolgt die Ambition, bis 2039 in Europa, Japan und Nordamerika nur noch Neufahrzeuge anzubieten, die im Fahrbetrieb („tank-to-wheel“) CO2-neutral sind. Bereits 2022 soll das Fahrzeugportfolio in den Hauptabsatzregionen Europa, USA und Japan Serienfahrzeuge um Batterie-elektrische Antriebe ergänzt sein. Ab 2027 will das Unternehmen sein Fahrzeugangebot wie eingangs erwähnt zusätzlich um Serienfahrzeuge mit wasserstoffbasiertem Brennstoffzellenantrieb aufstocken. Um die Entwicklung voranzutreiben, kooperiert Daimler Trucks bei der Brennstoffzelle bereits mit Volvo. Langfristiges Ziel ist der CO2-neutrale Transport auf den Straßen bis 2050.
sueddeutsche.de

1 Kommentar

zu „Daimler Truck: Mehr E-Lkw bis 2030 als politisch verordnet“
Robert
25.08.2021 um 08:25
„Der Umstieg funktioniert auf dem Lkw-Markt nur, wenn der betriebswirtschaftliche Mehrwert für den Kunden sofort da ist. Dann ergibt sich automatisch ein schnell steigender Marktanteil für klimaneutrale Antriebe.“ das gilt aber genauso für die grosse Masser der Otto-Normal-Verbraucher und auch der folgende Satz gilt auch für den Otto-Normal-Verbraucher “ Solange der Betrieb eines Diesel-Lkw( Verbrenner) für die Kunden (Bürger) wirtschaftlicher sei als der eines Brennstoffzellen- oder Batterie-Lkw (PKW), werde er sich im Regelfall auch weiter für den Diesel entscheiden.

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