Tausende DC-Ladesäulen noch nicht eichrechtskonform

Laut einem Medienbericht entsprechen mehrere Tausend Gleichstrom-Ladesäulen in Deutschland noch nicht den Vorgaben des Eichrechts. Erst vier Hersteller haben die entsprechende Baumusterprüfbescheinigung – doch selbst bei diesen ist noch nicht der gesamte Bestand nachgerüstet.

Wie das „Handelsblatt“ unter Berufung auf Erhebungen der Fachgruppe Recht des Förderprojekts „IKT für Elektromobilität“ für das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) sowie Herstellerangaben schreibt, seien Tausende Schnellladestationen „illegal in Betrieb“. Dass der Betrieb von DC-Ladesäulen ohne eichrechtskonformen Zähler von den Behörden geduldet wird, ist in der Branche bekannt – die Politik will nicht den Hochlauf der Elektromobilität gefährden.

Das „Handelsblatt“ liefert hierzu nun einige Zahlen. Der Schweizer Hersteller ABB gab gegenüber der Zeitung an, dass in Deutschland mehr als 2.000 DC-Ladestationen von ABB noch nicht den Vorgaben entsprechen. Sie wurden vor Sommer 2021 aufgestellt, als ABB die Baumusterprüfbescheinigung von der PTB erhielt. Der Dortmunder Ladesäulen-Hersteller Compleo hat eine solche Bescheinigung bereits seit 2019, seit 2021 sind auch die DC-Säulen von Porsche und dem Südtiroler Hersteller Alpitronic eichrechtskonform.

Alpitronic ist derzeit ein gefragter Hersteller. Anbieter wie EnBW, Fastned, Aral pulse oder Shell setzen vorrangig auf die sogenannte „Hypercharger“-Säule von Alpitronic, auch Allego baut inzwischen Hypercharger auf. Wie die Südtiroler gegenüber dem „Handelsblatt“ angaben, sind in Deutschland über 1.200 Hypercharger in Betrieb – von denen bisher „erst ein paar Hundert“ die Anforderungen erfüllen würden.

Unter Berufung auf Daten von „Going Electric“ heißt es in dem Bericht, dass von den Herstellern Tritium, Delta und Efacec über 1.400 öffentliche Ladesäulen in Betrieb seien – keiner dieser Hersteller verfügt über eine Baumusterprüfbescheinigung. Auf Anfragen des „Handelsblatt“ wollte sich keine der Firmen äußern. Auch Tesla wollte die nicht vorhandene Eichrechtskonformität seiner Supercharger nicht kommentieren.

Gemäß einer Umfrage aus dem Förderprojekt „IKT für Elektromobilität“ gaben 50 Prozent der befragten Hersteller an, dass ihre bisher betriebenen Ladesäulen nachgerüstet werden können. Sechs Prozent verneinten das, 44 Prozent machten keine Angaben. Von 16 Herstellern gaben 69 Prozent an, sich derzeit in einem Konformitätsbewertungsverfahren zu befinden.

„Eine nicht eichrechtskonforme Ladesäule umzurüsten kann teilweise aufwendiger sein, als eine neue Ladesäule aufzubauen“, sagt Checrallah Kachouh, Co-CEO von Compleo. Je nach Hersteller können laut dem Bericht bis zu 6.000 Euro Kosten für die Umrüstung einer DC-Säule anfallen – falls es mit dem benötigten Bauraum in der Säule überhaupt möglich ist.

Thomas Schade vom Bayerischen Landesamt für Maß und Gewicht schätzt, dass in Bayern rund ein Drittel der DC-Säulen noch nicht dem Eichrecht entspricht. Aber: „Mit dem Bayerischen Wirtschaftsministerium wurde abgestimmt, die Elektromobilität und den Ladesäulenaufbau nicht zu behindern“, sagt Schade. Die Stilllegung einer nicht einrechtskonformen Ladesäule als härtestes mögliches Mittel will er nicht einsetzen: „Würden wir das durchsetzen, würde die Ladeinfrastruktur in Deutschland zusammenbrechen.“

Laut der PTB könnten die Prüfungen für die Baumusterprüfbescheinigung in drei bis sechs Monaten abgeschlossen sein. Erst im Laufe des Zulassungsprozesses stelle sich oftmals heraus, dass „bestimmte Abstimmungen mit den Herstellern oder Nachbesserungen nötig werden, die Zeit kosten“, zitiert das „Handelsblatt“ die PTB.

Auch bei den AC-Ladestationen würden viele Ladesäulen noch nicht den Vorgaben entsprechen, schreibt das „Handelsblatt“ – jedoch ohne weitere Zahlen zu nennen.
handelsblatt.com

2 Kommentare

zu „Tausende DC-Ladesäulen noch nicht eichrechtskonform“
tobias sudkamp
04.10.2021 um 13:37
Hallo Herr Schaal,In einem Artikel von vor einem Jahr, hiess es, dass Delta schon MessEG zertifizierte DC Schnellaldestationen besitzt. https://www.electrive.net/2020/07/09/delta-bringt-neue-200-kw-ladestation-fuer-emea-region/Koennen Sie eventuell Sellung dazu nehmen? Wurden diese letztendlich doch nicht von der PTB zertifiziert?MfG Tobias Sudkamp
Sebastian Schaal
04.10.2021 um 13:59
Hallo Herr Sudkamp,Delta hat vor einem Jahr geschrieben, dass man "einen Mechanismus zur Einhaltung der vom deutschen Eichrecht vorgegebenen MID-Kalibrierungsregeln integriert" habe – aber nicht, dass es ein Zertifikat der PTB gibt. Dazu ist mir nichts bekannt. Auch gegenüber dem "Handelsblatt" hat sich Delta nicht geäußert.Viele Grüße Sebastian Schaal

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