Wasserstoff als Favorit für lange Reisebus-Strecken?

Dass sich die beiden großen deutschen Nutzfahrzeug-Hersteller Daimler Truck und Traton beim Energiespeicher für elektrisch angetriebene Fernverkehr-Lkw nicht einig sind, ist bekannt. Anders könnte es bei der Zukunft der elektrischen Reisebusse aussehen. Findet die Brennstoffzelle dort eine passende Nische? Ein Antwortversuch von Domenico Sciurti.

In der branchenübergreifenden Diskussion über die Antriebstechnologie der Zukunft setzt Daimler Truck – anders als der Konkurrent Traton – bekanntlich sowohl auf Batterie-elektrische als auch auf wasserstoffbasierte Antriebe. Batterie-elektrische Fahrzeuge bietet das Unternehmen bereits in Serie an – etwa den Bus eCitaro oder den Lkw eActros. Weitere Modelle sind „in der Pipeline“.

Auf der Wasserstoffseite befindet sich Daimler Truck – wie andere Hersteller – in der Vorproduktionsphase. Seit dem vergangenen Jahr ist der Brennstoffzellen-Prototyp Mercedes-Benz GenH2 Truck auf der eigenen Teststrecke und auf öffentlichen Straßen im Testbetrieb. Das Ziel: eine Reichweite von bis zu 1.000 Kilometer und mehr für das Serienfahrzeug erreichen. Der Produktionsstart des GenH2 ist für das Jahr 2027 geplant.

Dabei soll es nicht bleiben. Der Nutzfahrzeughersteller will neben Wasserstoff-Lkw auch Busse mit Brennstoffzellen bauen. Das gab kürzlich auch Konzernchef Martin Daum im Interview mit der „Welt am Sonntag“ zu Protokoll: „Der Bus wird nach dem Brennstoffzellen-Lkw kommen“, sagte er und konkretisierte: „Definitiv im Reisebusverkehr auf der Langstrecke.“ Denn: Bei Zielen abseits der großen Verkehrsadern seien „Wasserstofftanks als Energiespeicher sinnvoller als Batterien“.

Auf Nachfrage von electrive.net gab es von Daimler Truck dazu keine weiteren Informationen. Auf der Website des Herstellers gibt es zu einem Wasserstoff-Reisebus noch keinerlei Angaben. Dort heißt es nun: „Den ersten Schritt in Richtung Brennstoffzellenantrieb unternimmt Daimler Buses im Unterschied zu den Lkw jedoch im Nahverkehr, also bei den Stadtbussen.“ Der vollelektrisch angetriebene Mercedes-Benz eCitaro mit einer Brennstoffzelle als Range Extender sei derzeit in Entwicklung.

Dennoch: Die Aussagen von Daum zum Antrieb künftiger Reisebusse sind deutlich.

Während Daimler Truck mit seiner Batterie-Brennstoffzellen-Doppelstrategie beide Technologiepfade weiter verfolgen will, hat sich die VW-Nutzfahrzeugsparte Traton bekanntlich anders positioniert: MAN, Scania und Co sehen auch beim elektrisch betriebenen Langstrecken-Lkw die Batterie vorne. Als das Unternehmen im vergangenen Frühjahr seine Investitionen in die Elektromobilität deutlich erhöhte, sagte der damalige Traton-CEO Matthias Gründler: „Der Wasserstoff-Lkw dürfte sich in den nächsten zehn Jahren aber ebenfalls am Markt etablieren. Etwa bei Fernreisebussen, die in den kurzen Haltepausen noch nicht ausreichend geladen werden können.“

Gründler wurde zwar im vergangenen Jahr von Christian Levin als Traton-Chef abgelöst. Die Aussage habe aber weiter Bestand, bestätigte Traton nun gegenüber electrive.net. Doch auch dort gibt es hinsichtlich eines möglichen mit Wasserstoff betriebenen Fernreisebusses noch keine weiteren Informationen.

Noch halten sich also beide Konzerne zu konkreten Plänen bedeckt – elektrische Stadtbusse und E-Lkw aller Größen haben (auch wegen der Förderung) gerade Vorrang. Auf Dauer werden aber sowohl Traton als auch Daimler Truck nicht um das Thema Antrieb der Zukunft beim Reisebus herumkommen, wenn sie ihre Elektro- und CO2-Ziele erreichen wollen. Bei Daimler Truck ist das im Jahr 2039 der Fall. Dann will der Hersteller „keine Fahrzeuge mehr mit Verbrennungsmotoren in unseren wichtigsten Märkten ausliefern“, wie Daum bekräftigte. Das betrifft folglich auch die Reisebusse.
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7 Kommentare

zu „Wasserstoff als Favorit für lange Reisebus-Strecken?“
Djebasch
08.03.2022 um 13:00
Also manch eine Logik muss man nicht verstehen, warum sollte ein Bus besser mit Wasserstoff betrieben werden auf Langstrecke? Wenn LKW demnächst 400-500KM mit Batterie fahren warum sollte ein Bus es anders machen , auch dort müssen Fahrer Lenkpausen einhalten und wenn das GW Netz zu nimmt wird aufgrund der Wartungs und Technik Kosten der Wasserstoffbus wieder im Nachteil sein , auch auf Langstrecke, die Regeln ändern sich nicht... Auf Lange Zeit gesehen wird die Batterie jetzt so dermaßen verbessert das Wasserstoff in 10 Jahren keine Rolle mehr im Strassenverkehr spielt...
Stefan
08.03.2022 um 13:52
Wenn ein Fahrer Lenkpause einzulegen hat, gibt es einen Fahrerwechsel (an Zwischen- oder Endstationen) und die Fahrgäste müssen nicht 30/45 Minuten warten. Zumindest bei Fernbuslinien ist das so.
henry86
10.03.2022 um 09:54
Als ich das letzte Mal Fernbus gefahren sind, haben oft die normalen Halts an den Haltestellen schon länger als 15 min gedauert.In der Zeit könnte man kräftig nachladen.
Max
08.03.2022 um 18:25
Ich würde keine Wasserstofftankinfrastruktur für ein paar Lkws und Busse aufbauen, erst recht nicht in der von Daimler angestrebten Variante mit tiefstgekühltem flüssigen Wasserstoff. Mittlerweile denke ich, dass die Taktik von Daimler Trucks ist, den flüssigen Wasserstoff zu propagieren, um dann, wenn er überraschenderweise leider leider nicht kommt, zu sagen: "Dann müssen wir eben weiterhin mit Diesel fahren". Parallel dazu wird zusätzlich, vom Markt getrieben, der BEV-Lkw zum Standbein entwickelt, quasi als Rückfalloption. Sonderlich stringent wirkt das Vorgehen von Daimler Trucks auf mich jedenfalls nicht.
Sebastian
09.03.2022 um 06:49
Also manch eine Logik muss man nicht verstehen ..........Musst Du auch nicht, das erledigen Firmen wie Daimler die ihre Kunden auf alle Kontinenten seit Jahrzehnten schon kennen, deutlich besser.Welchen Sinn sollte ein BEV LKW oder Reisebus haben, der übers ganze Jahr betrachtet ständig unterwegs ist?
Heinz
09.03.2022 um 08:36
MAN hat doch schon längst auf BZ umgeschwenkt. Siehe Bayrisches Förderprojekt.
three e's
09.03.2022 um 12:25
die glauben immer noch, dass Wasserstofftanks innerhalb 10min wieder befüllt werden können - paahhh Alles Lügengeschichten, um die Sackgasse Wasserstoff für den Individualverkehr zu rechtfertigen. Und wenn kurz danach der 2. Bus tanken will, ist es sowieso vorbei mit kurzen Stopps!

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