Weltpremiere des ID. Buzz: VW stellt den „Bulli für eine neue Zeit“ vor

Der lange erwartete VW ID. Buzz hat seine Premiere gefeiert. Volkswagen lobt die „erste rein elektrische Bus- und Transporter-Baureihe Europas“ in höchsten Tönen. Mit der Premiere sind nun weitere Daten zum Elektro-Bulli bekannt – an denen sich auch VW-Konzernchef Herbert Diess nach seinen Ankündigungen messen lassen muss.

Im Vorfeld hatte Diess die Messlatte hoch gelegt, als er Mitte Februar vor der versammelten VW-Mannschaft von „sicher einem der spannendsten Fahrzeuganläufe auf der Welt in diesem Jahr“ sprach. „Denn schon als ich bei Volkswagen 2015 gestartet bin, wollte ich den original Bulli nach vielen glücklosen Studien, die Volkswagen vorgestellt hatte, endlich auf die Straße zurückbringen“, so Diess auf der Betriebsversammlung. „Ich habe für dieses Projekt persönlich gekämpft, auch die Kollegen haben sich sehr dafür angestrengt. Es ist ein Auto, das alles verkörpert, wofür die Marke Volkswagen steht: Leidenschaft, Emotionen, Verlässlichkeit, ein Lebensgefühl von Freiheit und Unabhängigkeit.“

Umso erstaunlicher ist angesichts dieser markigen Aussagen, dass Diess in der Mitteilung zur Premiere des ID. Buzz gar nicht zu Wort kommt. Auch bei der Veranstaltung in Hamburg trat der Konzernchef nicht auf, sondern VW-Markenchef Ralf Brandstätter und VW-Nutzfahrzeuge-Chef Carsten Intra. Es war eine Veranstaltung der Marke, nicht des Konzerns.

Also schauen wir zunächst auf die Fakten: Die Europaversionen des 4,71 Meter langen E-Vans als Fünfsitzer und Cargo-Version werden zur Markteinführung mit einer 77-kWh-Batterie starten (Brutto-Energiegehalt: 82 kWh). Der Elektromotor an der Hinterachse – wie in den anderen MEB-Modellen eine PSM – leistet die bekannten 150 kW, die den ID. Buzz auf bis zu 145 km/h in der Spitze beschleunigen. Nur: Die Reichweite nach WLTP nennt VW noch nicht, sie soll zu einem späteren Zeitpunkt folgen.

Die AC-Ladeleistung liegt bei den üblichen 11 kW, bei DC-Ladungen gibt VW die Leistung erstmals mit „bis zu 170 kW“ an. Dabei dürfte es sich aber um einen kurzzeitigen Spitzenwert handeln, denn die Dauer für den Ladevorgang von fünf auf 80 Prozent liegt beim ID. Buzz bei „rund 30 Minuten“. Für den ID.5, der offiziell nur auf 135 kW Ladeleistung kommt, hatte VW schon 29 Minuten genannt – und Prototypen des ID.5 waren bereits an Ladesäulen mit 169 kW auf dem Display fotografiert worden.

Dennoch: Zu dem maximal 100 kW Ladeleistung der Stellantis-Vans und 45 Minuten Ladezeit (allerdings von zehn statt fünf Prozent startend) bringt der ID. Buzz auf dem Papier eine spürbare Verbesserung. Das verwundert allerdings auch kaum, schließlich basiert der ID. Buzz auf einer reinen E-Plattform und bringt deren neuesten Entwicklungsstand mit. Die Stellantis-Modelle sind jedoch auch mit Verbrenner erhältlich und die sind schon seit einigen Jahren am Markt.

Doch glaubt man VW, geht es beim ID. Buzz ohnehin nicht um das letzte Kilowatt Ladeleistung oder ein paar Kilometer mehr WLTP-Reichweite. „Der ID. Buzz bringt viel Sympathie und Nähe zum Menschen wieder zurück auf die Straße“, sagt Jozef Kabaň, Leiter Volkswagen Design. Es gehe um die einzigartigen Proportionen. „Beim T1 sitze ich quasi auf der Vorderachse – kein vorderer Überhang. Bei aller Sicherheitsrelevanz und Technik hat auch der ID. Buzz super kurze Überhänge.“

Bei einer Länge von 4,712 Metern kommt der ID. Buzz auf einen Radstand von 2,988 Metern und in der Tat kurze Überhänge. Ganz ans Original heran kommt der MEB-Van aber nicht, auch in der Linienführung. Statt einer durchgängigen Front – wie auch bei der Studie – ist beim Serienmodell vor allem von der Seite eine deutliche Stufe zwischen Fronthaube und Windschutzscheibe zu sehen. Der Bruch im Design ist aber einfach erklärt: Bei der Studie konnte VW auf Details wie Scheibenwischer verzichten, beim Serienmodell aber nicht – und die müssen irgendwo und möglichst aerodynamisch verbaut werden.

A propos Aerodynamik: Den cW-Wert des ID. Buzz gibt VW mit 0,285 an, der ID. Buzz Cargo kommt auf 0,29. VW frohlockt, dass ein Bulli „nie zuvor“ aerodynamischer gewesen sei. Das mag zwar zutreffen und angesichts des cW-Werts eines ID.4 von 0,28 können sich die 0,285 sicher sehen lassen. Die Frontfläche des Buzz gibt VW aber nicht an. Eine Aussage, wie aerodynamisch der ID. Buzz wirklich ist, lässt sich daher nur schwer treffen. An die bis zu 520 Kilometer WLTP-Reichweite des ID.4 mit gleicher Batterie und gleichem Motor wird der Kleinbus aber nicht herankommen.

In einem Punkt wird der ID. Buzz dem ID.4 aber voraus sein: Wie VW ankündigt, werden sowohl der Fünfsitzer als auch die Cargo-Variante im Herbst direkt mit der bidirektionalen Ladefunktion auf den Markt kommen. Andere MEB-Modelle werden diese Funktion mit dem Update auf die Software 3.1 bekommen. Alle MEB-Modelle werden hierfür aber eine spezielle DC-BiDi-Wallbox benötigen.

Plug&Charge ist Serie

Zudem ist der ID. Buzz Plug&Charge-fähig. Das Auto authentifiziert sich an entsprechenden Ladesäulen selbst und startet die verschlüsselte Kommunikation – und rechnet so den Ladevorgang ab. Das erfolgt über den „WeCharge“-Ladedienst von Volkswagen. Wer an der Ladesäule einen anderen EMP nutzen will, muss weiter zur Ladekarte greifen.

Nicht nur beim Antrieb und Ladestrom soll der ID. Buzz nachhaltig sein, sondern auch bei anderen Merkmalen. Die Fahrzeuglacke – insgesamt elf Stück inklusive der Zweifarb-Lackierung – sind biobasiert. Zudem ist der ID. Buzz tierfrei, da auch der Lenkradkranz inzwischen aus einem synthetischen Material und nicht mehr aus Leder besteht. Für einige Sitzbezüge und Bodenbeläge sowie den Innenhimmel des ID. Buzz kommen unter anderem Rezyklate zum Einsatz.

Bei anderen Features greift der ID. Buzz auf bekannte MEB-Technologien zurück, etwa die LED-Matrix-Scheinwerfer oder das ID. Light. Im Innenraum kommt ein Digital Cockpit mit 5,3 Zoll Bildschirm-Diagonale zum Einsatz, in der Mitte gibt es entweder einen zehn Zoll großen Touchscreen oder mit dem optionalen „Discover Pro“ zwölf Zoll. Anders als bei den bisherigen MEB-Modellen von VW ist der Wählhebel für die Fahrstufe nicht mehr am Fahrer-Display platziert, sondern als Lenkstockhebel ausgeführt.

Neu sind einige Funktionen der Assistenzsysteme. Die „Memory Funktion“ merkt sich das automatisierte Einparken auf einer zuvor abgespeicherten Strecke. Der „Travel Assist mit Schwarmdaten“ ermöglicht im Rahmen der Systemgrenzen über den gesamten Geschwindigkeitsbereich die teilautomatisierte Quer- und Längsführung und erstmals den assistierten Spurwechsel auf Autobahnen (ab 90 km/h). Stehen Schwarmdaten zur Verfügung, ist der „Travel Assist mit Schwarmdaten“ lediglich auf eine erkannte Fahrbahnbegrenzung angewiesen, um die Spur zu halten – zum Beispiel auf Landstraßen ohne mittlere Fahrbahnmarkierung.

Preise sind noch nicht bekannt

Neben Assistenzsystemen ist – gerade bei Kleinbussen – auch der Platz ein wichtiges Kriterium. Mit fünf Personen an Bord kann der ID. Buzz noch bis zu 1.121 Liter laden, bei umgeklappter zweiter Sitzreihe (und folglich nur noch Platz für zwei Personen) passen bis zu 2.250 Liter in den E-Bus.

Anders sieht es beim ID. Buzz Cargo aus, der mit seiner festen Trennwand bis zu 3,9 Kubikmeter (oder 3.900 Liter) laden kann. Die Ladefläche bietet Platz für zwei Europaletten. Allerdings sind beim ID. Buzz Cargo das zulässige Gesamtgewicht von 3.000 Kilo und die Zuladung von maximal 650 Kilo zu beachten. Allzu schweres Transportgut sollte also nicht auf den beiden Europaletten verzurrt sein. Zudem gibt es 100 Kilogramm Dachlast

Offen ist noch die Lage bei der Anhängerkupplung: In der Mitteilung führt VW die „Anhängevorrichtung anklappbar“ nur beim Cargo-Modell auf, jedoch nicht bei der Pkw-Variante. Auch die Anhängelast wird hier nicht genannt, MEB-Modelle wie der ID.4 kommen auf 1.000 Kilogramm mit Heckantrieb und bis zu 1.400 Kilogramm mit Allradantrieb – dieser kommt beim ID. Buzz wohl erst später.

Preise für die beiden Varianten nennt VW zur Vorstellung noch nicht. Die Markteinführung soll im Mai erfolgen, spätestens dann wird es auch die finalen Preise geben. Die „Auto, Motor und Sport“ ging bereits vor einigen Wochen von einem Basispreis von 53.900 Euro vor Förderung für den Fünfsitzer aus, der Cargo soll demnach 38.900 Euro (netto) kosten.

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