Masterplan Ladeinfrastruktur verzögert sich

Dass das Bundeskabinett nicht wie ursprünglich geplant bis zur Sommerpause einen Plan vorlegen wird, um zügig die Ladeinfrastruktur im Land auszubauen, hatte sich bereits abgezeichnet – und steht nun fest. Zudem traut der Verkehrsminister dem Ladenetz in seiner Heimat nicht.

„Der Masterplan geht definitiv nicht vor der Sommerpause ins Kabinett“, zitiert das „Handelsblatt“ aus Regierungskreisen. Grund seien die stockenden Verhandlungen zwischen dem federführenden Verkehrsministerium (FDP) und dem für energierechtliche Fragen zuständigen Wirtschaftsministerium (Grüne), nachdem letzteres ein Veto gegen den Entwurf für einen „Masterplan Ladeinfrastruktur“ aus dem Hause von Verkehrsminister Volker Wissing eingelegt hatte.

Bereits seit Wochen hatte sich abgezeichnet, dass Wissing bei der ersten Ladeinfrastruktur-Konferenz seines Ministeriums der versammelten Branche keinen Masterplan präsentieren kann. Dementsprechend vage äußerte sich der Verkehrsminister bei seinem Auftritt: „Der Masterplan soll so schnell wie möglich kommen“, so sein Kommentar auf dem ansonsten weitgehend nachrichtenarmen Kongress.

Der Masterplan Ladeinfrastruktur II soll die Grundlage für das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel sein, bis 2030 eine Million Ladepunkte in Deutschland aufzubauen – damit der Einsatz von 15 Millionen Elektroautos möglich wird. Ein Entwurf aus dem März, den electrive.net einsehen konnte, listete damals 74 Maßnahmen auf. Ob seitdem im Rahmen der Ressortabstimmung Maßnahmen hinzugekommen sind oder gestrichen wurden, ist nicht bekannt. Kernpunkte des Masterplans sind der Abbau bekannter Hürden wie etwa lange und komplizierte Genehmigungsverfahren, aber auch der Zugang zu geeigneten Flächen und eben die Anbindung an die Energienetze – für das Energierecht ist das Bundeswirtschaftsministerium zuständig.

Offensichtlich gibt es immer noch keine Einigung zwischen Wissings BMDV und Habecks BMWK. Selbst wenn sich die Ministerien einigen würden, müsste noch die Verbändeanhörung durchgeführt werden, bevor der Entwurf ins Kabinett geht. Wissing gab auf seinem hauseigenen Ladegipfel am Mittwoch immerhin die Richtung vor: „Mein Ziel ist, dass sich in Deutschland niemand mehr gegen den Kauf eines E-Autos entscheidet, weil er sich auf die Ladeinfrastruktur nicht verlassen kann.“ Ironischerweise gab er in der Fragerunde nach seiner Eröffnungsrede an, privat trotz eigener Wallbox nur einen Plug-in-Hybrid zu fahren, weil er sich in seiner rheinland-pfälzischen Heimat noch nicht auf die Ladeinfrastruktur verlassen könne. Dabei offenbart ein Blick in die gängigen Lade-Apps, dass rund um den Wohnort des Verkehrsministers viele 50-kW-Lader verfügbar sind – und auch an der nahegelegenen Autobahn ein HPC-Ladepark bereitsteht.

Auf Wissings Lade-Konferenz kam von den betroffenen Interessengruppen einiges an Kritik. VDA-Präsidentin Hildegard Müller zeigte sich nach eigenen Angaben „beunruhigt“ über die fehlenden Fortschritte. „Es ist nötig, dass wir den Masterplan bekommen“, so Müller. Und weiter: „Wir müssen entscheidende Impulse setzen.“ Zugleich forderte sie Elektromobilitätsmanager in den Kommunen. Damit stößt sie im Verkehrsministerium immerhin auf offene Ohren: Weil der „Aufbau vor Ort noch kein Selbstläufer“ sei und es „in der Hälfte der Kommunen noch keinen öffentlichen Ladepunkt“ gebe, dürfe man die Kommunen „nicht alleine lassen“, so Verkehrsminister Wissing. Der neue Masterplan setze dabei einen Schwerpunkt. BDEW-Chefin Kerstin Andreae mahnte an, dass bisher noch keine Bundesliegenschaften im Flächentool der Leitstelle Ladeinfrastruktur zu finden sind. Das immerhin soll sich bald ändern, hieß es vom Bundesverkehrsministerium.
Quellen: Peter Schwierz für electrive.net vor Ort & handelsblatt.com

5 Kommentare

zu „Masterplan Ladeinfrastruktur verzögert sich“
Sebastian
30.06.2022 um 15:12
Die Sache ist im Grunde ganz einfach.1. laden beim parken... da reihen ja nach Parkdauer 3,7 (Arbeitgeber bei üblichen 5 bis 8 Std. Arbeitszeit) bis 11kW (im Parkhaus mit den üblichen 1 bis 4 Std. Parkdauer). 2. laden beim einkaufen mit 50 bis 100 kW am HPC. 3. laden auf reisen... mit den bekannten Ladeleistungen.. keine Raketenwissenschaft.
sig
01.07.2022 um 20:23
Ganz einfach: an jeden Bahnparkplatz eine steckdose. Wie am campingplatz.
Sebastian
07.07.2022 um 10:06
Am Bahnhof war ich vor 25 Jahren das letzte mal.
Manfred Stummer
01.07.2022 um 14:35
Besorgniserregend wenn ein Minister seiner eigenen Leistung misstraut!! Na ja, eben FDP!
sig
01.07.2022 um 20:25
Vorherige "Infrastrukturminister"...???

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