Mercedes EQA: Kompakt-Stromer mit Stern im Fahrbericht

Mit dem EQA hat Mercedes-Benz ein rein elektrisches Kompakt-Modell herausgebracht, das bei der Marke mit Stern auch gleichzeitig den Einstieg in die Elektromobilität bildet. Doch was kann das auf Basis des GLA entstandene Elektroauto? Eine Antwort darauf soll unser Fahrbericht liefern.

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Beim ersten Blick könnte man den EQA mit dem GLA glatt verwechseln. Zu ähnlich sehen sich beide Modelle. Auch eine Ähnlichkeit zum EQC ist nicht von der Hand zu weisen. Auf den zweiten Blick wird allerdings klar, dass es sich dabei weder um den GLA noch um den EQC handeln kann. Grund hierfür ist zum einen der geschlossene Kühlergrill und das Leuchtenband, die auf eine andere Antriebsart als die beim GLA hinweisen. Und dann wäre da noch die Karosserie, die für einen EQC zu klein ist, aber identisch zum GLA.

Die Verwandtschaft zum Verbrenner-Modell wollte Mercedes aber auch gar nicht verstecken. Der vollelektrische Mercedes-Kompaktwagen bringe als enger Verwandter des GLA „alle begeisternden Eigenschaften dieses Fahrzeugs mit und kombiniert sie mit einem effizienten Elektroantrieb“, teilten die Stuttgarter bei der Premiere mit.

Die an der Vorderachse beim Testwagen montierte Asynchronmaschine des EQA 250 kommt auf eine Leistung von 140 kW. Im Mai änderte sich der Antrieb auf einen Permanentmagnet-Syncronmotor, das Drehmoment beim EQA 250 stieg von 370 auf 385 Nm. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h gelingt damit in 8,6 Sekunden (zuvor 8,9 Sekunden). Rekordverdächtig sieht jedoch anders aus. Kein Wunder, wiegt der Kompakt-Stromer über zwei Tonnen. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 160 km/h.

Trotz der überschaubaren Daten auf dem Papier muss sich der EQA bei seinen Fahrleistungen nicht verstecken. So geben die 8,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h nicht die Spontanität wieder, die der Antrieb des Mercedes aus dem Stand liefern kann. Drei Fahrstufen von Eco bis Sport stehen zur Auswahl, die Fahrwerk, Lenkung oder Motorcharakteristik beeinflussen. Doch selbst im Eco-Modus steht noch genügend Leistung bereit.

Wer zu viel Leistung abrufen will, der spürt in der Lenkung deutlich, wie die Traktionskontrolle oder auch die Bremseingriffe einschreiten, um die Räder am Durchdrehen zu hindern – egal in welchem Fahrmodus man sich befindet. Auf den vielen Touren während des Testzeitraumes entpuppte sich der EQA allerdings durchaus als komfortabler Reisebegleiter. Oder anders ausgedrückt: Ein EQC im Kompakt-Format, der wie beim großen Bruder (EQC) mit zahlreichen Assistenzsystemen (die alle zu nennen den Rahmen sprengen würde) durchaus auf längeren Strecken überzeugen kann.

Nicht nur beim Drehmoment und der Beschleunigung gab es Änderungen, auch die Reichweite auf dem Papier hat sich deutlich verbessert. Zwar kommt der chemische Speicher weiterhin auf einen nutzbaren Energiegehalt von 66,5 kWh, die Reichweite stieg hingegen von 402 bis 429 km auf nun 458 bis 496 km.

In der Praxis liegen die Reichweiten jedoch deutlich darunter. Bei den Verbrauchswerten muss mit 19 kWh/100 km bei Stadt- und Landstraßenfahrten sowie guten Rahmenbedingungen hinsichtlich Wetter und Außentemperatur gerechnet werden. Mit Autobahnanteilen klettert der Wert aber schnell in Richtung 21 kWh/100 km. Wer fast ausschließlich auf der Autobahn mit Richtgeschwindigkeit bzw. darüber unterwegs ist, der wird schnell Werte von 24 oder gar 25 kWh/100 km erreichen. Daraus ergeben sich Reichweiten zwischen 350 bis 260 Kilometer. Der Verbrauch ist gegenüber anderen Modellen wie beispielsweise dem Kia e-Niro, Hyundai Kona Elektro oder auch Renault Megane E-Tech zu hoch, weshalb auch die daraus resultierenden Reichweiten eher Mittelmaß sind.

Ist der Akku leer, kann dieser an einer DC-Ladeleistung mit bis zu 112 kW in der Spitze geladen werden. Mercedes gibt bis zu 100 kW an. Innerhalb von gut 15 Minuten ist der Speicher von 10 auf 50 Prozent gefüllt. Auf 80 Prozent dauert der Ladevorgang rund 30 Minuten – ein typischer Wert in der Fahrzeugklasse. An einer AC-Ladesäule dauert der Ladevorgang von 0 auf 100 Prozent dank des 11-kW-Onboard-Laders etwas über sechs Stunden. Einen 22-kW-Lader gibt es jedoch nicht.

Hoher Bedienkomfort über das Lenkrad

Im Gegensatz zum EQC wurde der Innenraum beim EQA deutlich aufgeräumter gestaltet. Während das große SUV bei den Bedienelementen noch überfrachtet daher kam, ist dies beim Kompakt-Modell nicht mehr der Fall. Was jedoch blieb, sind die zahlreichen Knöpfe und Regler am Lenkrad. So lassen sich auch die beiden Displays (Infotainment-Display in der Mitte und Fahrerinformations-Display) wie beim EQC über die Touchpads am Lenkrad bedienen, weshalb der Fahrer seine Hände genau dort lassen kann, wo sie während der Fahrt sein sollten.

Auch die Rekuperationsstärke lässt sich dank der Schalt-Paddles am Lenkrad einstellen – vom Segel-Modus bis fast zu einem One-Pedal-Feeling. Allerdings merkt sich das System nicht, in welcher Stufe man zuletzt gefahren ist. Ein Punkt, der aber auch in vielen Modellen anderer Hersteller auffällt.

Verbesserungspotenzial gibt es auch beim wichtigen Ladeplaner. Dieser kann ein Liegenbleiben zwar zuverlässig verhindern, doch die Planung der Ladestopps kann schnell für graue Haare sorgen. In einem Fall wurde ein zusätzlicher Ladestopp eingeplant, obwohl der Rest-SoC (State of Charge) am Ziel ausreichend gewesen wäre. Sobald zudem eine geplante Ladesäule nicht angefahren wird, plant das System teils merkwürdige neue Routen. Dennoch kann gesagt werden, dass die SoC-Berechnung vor Fahrtantritt und Anpassung während der Fahrt aufgrund veränderter Fahrweise zuverlässig funktioniert. Lobenswert ist auch die App, die weit mehr Funktionen als nur das reine Auslesen von Fahrdaten, Statusabfrage (Fahrzeug oder Fenster offen oder geschlossen, etc.) oder auch Klimasteuerung bietet.

Platzangebot nur Mittelmaß

Die Verbrenner-Basis erfordert Kompromissbereitschaft beim Platzbedarf. Während der GLA 385 bis 435 Liter bzw. 1.385 bis 1.430 Liter (inklusive umgeklappter Rücksitze) bietet, sind es beim EQA nur noch 340 Liter bzw. 1.320 Liter. Umso ärgerlicher, dass kein Frunk für die Ladekabel vorhanden ist. Obwohl Platz dafür wäre: Der E-Motor unter der Motorhaube nimmt im Vergleich zum Verbrenner-Motor nämlich nur einen Bruchteil des dortigen Platzes ein.

Positiv ist jedoch das Platzangebot im Innenraum. Selbst große Menschen bekommen auf dem Fahrersitz keine Platzängste. Auch die ausreichende Kopffreiheit muss erwähnt werden. Selbst im Fond können große Menschen untergebracht werden. Ganz ohne Kompromiss aber auch hier nicht: Der Akku fordert seinen Tribut und so sind die Beine bei Erwachsenen stark angewinkelt. Genügend Kniefreiheit zum Vordersitz ist dagegen aber gegeben.

Darüber hinaus kann der EQA 250 aber immerhin einen Anhänger mit bis zu 750 kg (ungebremst und gebremst) ziehen. Die Allrad-Variante bietet sogar bis zu 1.800 kg (gebremst, 750 kg ungebremst).

Fazit

Mercedes ruft für den EQA 250 einen Basispreis von 47.802 Euro (inkl. Herstelleranteil am Umweltbonus) auf. Im Konfigurator kann der Kaufpreis schnell die Marke von 55.000 Euro erreichen. Zudem erfordern der hohe Verbrauch und das geringere Kofferraumvolumen Kompromissbereitschaft. Ganz leicht hat es der EQA gegen die Konkurrenz deshalb nicht. Und dennoch: Die gute Verarbeitung und Dämmung und auch der Komfort sind für diese Fahrzeugklasse sehr gut. Der EQA ist ein richtiger Mercedes – im Kompakt-Format.

2 Kommentare

zu „Mercedes EQA: Kompakt-Stromer mit Stern im Fahrbericht“
Fehlerteufel
13.08.2022 um 09:08
Spannender Artikel! :-)Jedoch haben sich zwei kleine Fehler eingeschlichen:"Der erste vollelektrische Mercedes-Kompaktwagen" - das ist nicht korrekt, lange vor dem EQA gab es bereits die vollelektrische B-Klasse."Die an der Vorderachse montierte Asynchronmaschine des EQA 250 kommt auf eine Leistung von 140 kW. Im Mai erhöhte Mercedes das Drehmoment beim EQA 250 von 370 auf 385 Nm."--> es handelt sich hierbei nicht mehr um eine Asynchron- sondern eine Permanentmagnet-Synchronmaschine. Diese wurde mit dem Änderungspaket im Mai beim EQA eingeführt.Eine Frage an die Redaktion: Habt ihr ein älteres Fahrzeug mit ASM oder ein brandneues mit PSM getestet? Falls es noch eines mit ASM war würde dies den hohen Verbrauch ein Stück weit erklären.
Daniel Bönnighausen
13.08.2022 um 09:51
Hallo Fehlerteufel ;)Ich habe das Wort "erste" entfernt. Ist richtig so. Die Aussage wurde damals aber so von Mercedes selbst getroffen.Genau, wir hatten noch die Asynchronmaschine im Test. Auch den Teil habe ich angepasst, damit es deutlicher wird.

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