Easee schränkt Wallbox-Verkauf vorübergehend ein

Nach dem Verkaufsverbot von Easee-Wallboxen in Schweden wegen potenziellen Sicherheitsmängeln sind inzwischen Behörden in weiteren Ländern aktiv geworden. In Österreich schränkt Easee nun den Verkauf zweier Produkte vorübergehend selbst ein – und auch in Deutschland hat sich die Lage offenbar geändert.

Kurzer Rückblick: Im Februar hatte der Test eines schwedischen Prüfinstituts Sicherheitsmängel an den Wallboxen des norwegischen Herstellers Easee offenbart. Der ursprüngliche Vorwurf, dass entgegen der Deklaration kein FI-Schalter verbaut sei, wurde zwar entkräftet. Doch Easee setzt auf eine eigens entwickelte Software-Lösung mit Sensoren anstelle eines elektromechanischen FI-Schalters im DIN-Gehäuse. Da aus Sicht der schwedischen Behörde dennoch die Gefahr bestehe, „dass der Erdschluss-Schutzschalter nicht immer dann auslöst, wenn und wie er sollte“, wurde Mitte März ein Verkaufsstopp für die Wallboxen „Home“ und „Charge“ des norwegischen Herstellers verhängt. Es gebe „keine Lösung mit Fehlerstromschutzschalter und Gleichstromschutz, die die Anforderungen der Normen erfüllt, für die das Gerät deklariert ist“, so die Elsälerhetverket. Easee hat Berufung eingelegt, das Verfahren in Schweden ist noch nicht abgeschlossen.

Im April hatte sich dann die Nationale Aufsichtsbehörde für digitale Infrastruktur (Rijksinspectie Digitale Infrastruktur, RDI) in den Niederlanden der Argumentation der schwedischen Behörde angeschlossen und bis zu einem endgültigen Urteil einen vorläufigen Verkaufsstopp verhängt – ausdrücklich aber kein Nutzungsverbot für bereits installierte Easee-Wallboxen. In den Niederlanden ist es offen, ob die RDI das Berufungsurteil in Schweden ebenfalls übernimmt.

Wie Easee Deutschland auf Anfrage erläutert, wurde mit dem Bescheid der Elsälerhetverket ein EU-Verfahren ausgelöst, in dessen Rahmen die schwedische Behörde die europäische Kommission und alle Mitgliedsstaaten über ihre Maßnahmen gegenüber Easee benachrichtigen musste. „Die EU/EWR-Länder müssen nach den EU-Vorgaben ihre eigenen Verfahren einleiten und im Laufe des Juni 2023 abgeschlossen haben oder ohne eigene Prüfung den Maßnahmen der schwedischen Behörde folgen“, so das Unternehmen. „Das Verkaufsverbot in den Niederlanden ist also das Ergebnis des EU/EWR-Benachrichtigungsverfahrens.“

Bundesnetzagentur und österreichische Fernmeldebehörde prüfen ebenfalls

Sprich: Nicht nur in den Niederlanden, auch in anderen EU-Ländern stellen die Behörden inzwischen Fragen an Easee. Der Redaktion von electrive.net liegt das Schreiben von Easee an einen österreichischen Vertriebspartner vor. Nach dem Verfahren in Schweden habe die österreichische Fernmeldebehörde die „Vorlage bestimmter Unterlagen gefordert“. Easee sei dem nachgekommen und ist „zuversichtlich, dass die Prüfung unseres Produkts zeitnah abgeschlossen wird“.

Dennoch fordert Easee von dem Vertriebspartner, die Wallboxen vorerst nicht mehr zu verkaufen. „Solange die Prüfung andauert, ersuchen wir Sie, das Produkt Easee Home und Easee Charge – vorübergehend – von Ihrer Homepage zu nehmen und nicht zu verkaufen“, heißt es wörtlich in der Mail.

In Deutschland bahnt sich offenbar ein ähnlicher Schritt an. Hier gab es zwar wohl noch nicht eine solche Mail, allerdings sollen vergleichbare Aussagen von Easee-Vertriebsmitarbeitern telefonisch gegenüber Elektro-Installateuren getätigt worden sein – dass es Nachfragen seitens der Behörden gebe und Easee bis zu deren Klärung keine weiteren Wallboxen an den Installations-Betrieb ausliefern werde. Andere Installations-Betriebe bekamen auf entsprechende Anfragen an Easee bisher keine Antwort.

Easee bestätigt, dass die Bundesnetzagentur ein eigenes Verfahren eingeleitet hat. „Wir haben die Fragen der Behörde umfassend beantwortet und unsere Stellungnahme fristgerecht eingereicht. Aktuell ist noch keine Entscheidung getroffen. Bis zur Entscheidung der Bundesnetzagentur im Juni können wir keine weiteren Angaben zum laufenden Verfahren machen“, heißt es in der Erklärung.

Das mit einem deutschen Installateur bereits ein solches Telefongespräch stattgefunden hat, wird aber von Easee Deutschland nicht bestätigt. „Vor diesem Hintergrund wurden in einigen Länder bereits Gespräche mit Partner:innen geführt. In Deutschland haben diese Gespräche nicht stattgefunden.“

Die möglichen Folgen sind weiterhin unklar. Potenzielle Maßnahmen reichen von einer Anpassung der Dokumentation über den Betrieb des Ladegeräts (wo bisher nicht explizit auf die vollelektronische anstelle der elektromechanischen FI-Lösung hingewiesen wurde) bis hin zu einem Rückruf bereits installierter Wallboxen – und im Zweifel kann jede nationale Behörde bzw. ein Berufungsgericht in jedem Land anders entscheiden, womit die Lage noch komplexer würde.

Grundsätzlich bekräftigt das Unternehmen seine Haltung, die Angelegenheit mit den Behörden klären zu wollen. „Wie Sie wissen sind wir mit der Grundlage des von der schwedischen Behörde für elektrische Sicherheit, Elsäkerhetsverket, verhängten Verkaufsverbots nicht einverstanden, haben dies ausführlich dokumentiert und vor dem schwedischen Gericht Berufung eingelegt“, so Easee. „Dieses Verfahren wird noch mehrere Monate dauern. Unsere Absicht und unser Bestreben ist es nach wie vor, die Situation so schnell wie möglich zu klären.“
Quelle: Infos per E-Mail

13 Kommentare

zu „Easee schränkt Wallbox-Verkauf vorübergehend ein“
Mark Wasmer
25.05.2023 um 19:57
Gab es diese Diskussion nicht auch schon zB bei den Go-E oder auch Tesla Wallboxen? Die haben doch alle keinen mech. FI.
Max
26.05.2023 um 11:10
Das liest sich für mich auch so, als sei das nicht generell ein Problem. Nur wird auf diese Tatsache in der Dokumentation wohl nicht entsprechend bzw. ausreichend hingewiesen. Vorletzter Absatz oben: "Potenzielle Maßnahmen reichen von einer Anpassung der Dokumentation über den Betrieb des Ladegeräts (wo bisher nicht explizit auf die vollelektronische anstelle der elektromechanischen FI-Lösung hingewiesen wurde) [...]"
Ans
25.05.2023 um 22:49
Nein, hier wird nicht mit den Normen für mechanische fi s geworben, sondern für einen Software fi. Daher muss auch ein FI A vorgeschaltet werden
Heiko
26.05.2023 um 15:51
Die DC Fehlerkomponente ist ebenfalls in der Diskussion. Somit wäre Dr vermutete Typ A nicht ausreichend
Erne
26.05.2023 um 06:32
Spannend: in der Schweiz gab es für go-e mit CEE Stecker einnVerkaufsverbot, sogar mit Rückruf.
Gerd
30.05.2023 um 09:05
Stimmt so nicht - hier die Infos von einem Händler aus der Schweiz: erstens ist das ein völlig anderes Thema und hat nichts mit dem FI zu tun, hier geht es auch nur um die mobile Variante der go-e, die fest angeschlossene darf in CH weiterhin verkauft werden (TÜV-Zertifizierung vorhanden). Die zuständige Behörde in CH interpretiert Normen der mobilen Lösung etwas anders - trotz TÜV. Zweitens: einen Rückruf gibt es auch nicht, nur werden wohl bis zur Klärung derzeit keine mobilen go-e in CH neu verkauft. Wäre auch sehr schade, der go-e ist einfach ein sensationelles Teil zu einem sehr attraktiven Preis, da kommt kein anderer Hersteller mit, bin einfach begeistert.
Dave
26.05.2023 um 14:34
Die Schweiz ist halt das Juice Booster Land. Alles recht gut nachvollziehbar. Es geht um viel Geld in einem stark wachsenden Markt. Easee war und ist das mit Abstand beste Produkt am Markt. Fast alle innovativen Unternehmen rund um die E-Mobilität wie z.B. Tibber oder Clever PV setzen seit Beginn an auf die smarten Easee Laderoboter. Wie gesagt gab es ja auch keinen einzigen Zwischenfall. Der elektronische FI von Easee wird mindestens 1 x pro Tag gecheckt. Wer macht das bitte mit dem FI im Verteilerkasten. Sicher niemand. Ich wünsche Easee alles gute! Juice T. und Zaptec mögen vielleicht ähnliche Wallboxen anbieten. In Summe sind sie aber so weit hinter Easee wie VW hinter Tesla, wenn es um die Entwicklung smarter Produkte geht.
Tesla-Fahrer
27.05.2023 um 23:19
Dave, kannst Du das bitte genauer Erklären Zaptec hinter Easee ist? Würde mich brennend interessieren. Danke.
Rolf
26.05.2023 um 14:18
Ich habe die folgende Frage bereits vor Wochen in einer anderen Berichterstattung gestellt, eine fachmännische Antwort blieb jedoch aus:Es fehlt offenbar ein mechanischer Typ A und Typ B Schütz, korrekt?Könnte man dieses Problem nicht mit einem vorgeschalteten Fi Schutz lösen wie dem Doepke DFS 4 EV? Kostet ein paar Franken, doch ein Fi Typ A haben ja fast alle Installationen vorgeschaltet und ein Austausch würde nicht zu einer komplexen Neuinstallation führen.Oder würden sich die beiden Schutzmechanismen gegenseitig stören, den Mechanischen mit dem Elektronischen der Easee Home?
Michael Schlichenmaier
27.05.2023 um 20:02
Nein, das geht natürlich. Ich hab vor meiner EASEE ohnehin einen Typ-B FI hängen. Wollte der Elektriker so. Mich stört viel mehr, dass die EASEE nach wie vor keine lokale API hat. Wenn das Verfahren für EASEE negativ ausgeht (was ich für wahrscheinlich halte), dann sind die womöglich schnell pleite. Und ohne Cloud ist die EASEE so GAR nicht mehr smart. Deshalb müssen die jetzt zügig eine lokale API anbieten, damit die Dinger auch ohne Cloud weiter funktionieren.
Heiko
26.05.2023 um 15:47
Da Dir noch niemand geantwortet hat.....Dein Typ A- EV würde jetzt zwar dieses Problem beseitigen. Aber es würde halt immer noch die CE Kennzeichnung der Box zur Debatte stehen. Sollte die fallen, müsste das Produkt zurückgerufen werden. Es ist komplizierter als Du denkst. Ausserdem sind 200+ € nicht gerade wenig für den FI, ohne Installation . Du könntest dich eventuell sicherer fühlen, fällt aber die CE, fällt Easee hinterher, vom bisherigen wirtschaftlichen Schaden mal ganz abgesehen.
OJ Bender
27.05.2023 um 09:00
Eine Hexenjagd auf unliebsame Konkurrenten. Es gibt m.W. keinen dokumentierten Vorfall eines Fehlers dere Schutzhaltung. Es entsteht der Verdacht, dass genau die Hersteller, die mit überteuerten, klobigen und sehr dummen Wallbixen eine Hexenjagd auf die unliebsame und innovative Konkurrenz veranstalten.
Maddin
27.05.2023 um 21:15
Ist möglich, dürfte aber kaum jemand auf eigene Kosten machen wollem.

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