Pepper kappt Endkundengeschäft und wird Umrüst-Zulieferer

Der Umrüst-Spezialist Pepper Motion ändert seinen Geschäftskern weiter: Nachdem die Firma im Mai bereits den Fokus vom deutschen ÖPNV zu mehr Kunden im Ausland und zu mehr Lkw-Aufträgen verlagert hatte, beenden die Denkendorfer nun das Endkundengeschäft gänzlich, um zum reinen Technologielieferant zu werden. Dazu soll die Belegschaft „verschlankt“ werden.

In einer Unternehmensmitteilung bezeichnet Pepper Motion den Schritt als Fortsetzung seiner im 2023 verkündeten Umstrukturierung. Das Aus für das Endkundengeschäft begründet das Management mit „der laufenden Dynamik im Nutzfahrzeugmarkt“. Pepper Motion wird also künftig keine Busse und Lkw mehr selbst umrüsten und auch keine komplett eigenen Fahrzeuge mehr entwickeln.

Stattdessen positioniert sich das Unternehmen mit Sitz im bayerischen Denkendorf als reiner Technologielieferant für Hersteller, Umrüster und Sonderfahrzeugbauer. „Damit konzentriert sich pepper auf seine Kernkompetenz, die Weiterentwicklung und Vermarktung seines innovativen modularen Antriebssystems für die kosteneffiziente und nachhaltige Elektrifizierung neuer und gebrauchter Busse, Lkw und Sonderfahrzeuge“, heißt es aus der Unternehmenszentrale.

Kurzer Rückblick: Im Sommer hatte Pepper-Motion-CEO Andreas Hager im electrive-Interview noch den aktuellen Strategiewechsel des Umrüst-Spezialisten erklärt – mit weniger Fokus auf den deutschen ÖPNV hin zu mehr Kunden im Ausland. Die Entwicklung von Umrüst-Kits für in Europa verbreitete Modelle in Vorausleistung wurde daraufhin eingestellt, hin zu Nachrüstungen im Kundenauftrag. In dem Interview sagte Hager unter anderem,  dass der E-Nutzfahrzeug-Markt „ein unfassbares Potenzial, aber auch unfassbare Dynamiken in alle Richtungen“ habe und das Management das Geschäft deshalb anpassen müsse.

Auflösung von Vertrieb und Produktmarketing

Das Ende des Endkundengeschäfts wird einer begleitenden Mitteilung zufolge unter anderem mit der Auflösung von Vertriebs- und Produktmarketingbereichen und einer weiteren Verschlankung der Belegschaft einhergehen. Im Sommer war noch von 140 Mitarbeitern die Rede, in der aktuellen Mitteilung werden circa 100 Mitarbeiter genannt.

„Wir bedanken uns bei unseren Mitarbeiter*innen für die engagierte Zusammenarbeit und ihre Pionierleistung“, wird Hager in diesem Kontext zitiert. Ab sofort werde sich Pepper mit einem Kernteam auf Software- und Technologieentwicklung sowie auf die Vermarktung des bereits verfügbaren serienreifen Antriebssystems für BEV und FCEV fokussieren.

„In enger Zusammenarbeit mit unseren strategischen Partnern spielen wir so unsere Stärken in der Entwicklung von emissionsfreien Antriebssystemen aus und werden uns weiter als Technologieführer im internationalen Markt behaupten“, so Hager weiter. „Wir trennen uns mit diesen Schritten vorerst von dem Gedanken, eigene Fahrzeuge an Endkunden zu verkaufen. Unser Alleinstellungsmerkmal, die schnelle Entwicklung und Anpassung von Antriebssystemen an individuelle Bedürfnisse und nach den höchsten Anforderungen der Automobilindustrie, ist gleichzeitig im Rahmen der Neuausrichtung der Garant für unser künftiges organisches Wachstum und die Sicherung der Wirtschaftlichkeit und Profitabilität.“

Bild: pepper motion

Dass es sich um einen eher kurzfristig beschlossenen Kurswechsel handelt, offenbart die erst im August vereinbarte Übernahme des von BPW entwickelten E-Lkw BAX 7.5 ins eigene Produktportfolio. Dazu äußern sich die Denkendorfer nun wie folgt: „Trotz kürzlich erst verkündeter Übernahme des Vertriebs für den Bax 7,5 Tonner und des dahinterstehenden, spannenden Marktsegments wird pepper ab sofort auch in diesem Projekt Abstand von weiteren Vertriebs- und Endkundenaktivitäten nehmen – nachdem die Vermarktung des Fahrzeugs nun nicht mehr in die neue Strategie passt.“

Als Beispiel, wo die Reise stattdessen hingehen soll, nennt das Unternehmen eine Kooperation mit Paul Nutzfahrzeuge, in der es um den Bau von 25 Wasserstoff-Lkw auf Basis des Mercedes Benz Atego geht. Pepper Motion steuert in dem Projekt sein sogenanntes „Pepper-Kit“ bei – bestehend aus einem Antriebsstrang mit Toyota-Brennstoffzelle, Batteriesystem und Steuerung-/Managementsoftware. Die Zuarbeit umfasst die Lieferung und Integration der Kits. „Aktuell geht die Kleinserien-Fahrzeugflotte nach Zulassung in die Erprobung im Endkundeneinsatz und stellt die bisher größte in Deutschland hergestellte Stückzahl von Brennstoffzellenfahrzeugen dar. Für 2024 sind bereits weitere Aufträge geplant“, teilt Pepper mit.

Unterstützt wird der Kurswechsel von Christian Wagner von der Friedrich & Wagner Holding GmbH, dem Hauptinvestor des Unternehmens: „Mit ihrem State-Of-The-Art Antriebssystem ist pepper bei der funktionalen Sicherheit definitiv auf Augenhöhe mit den großen OEM – nur dass pepper aufgrund ihrer verwendeten Technologien, Entwicklertools und Prozesse Antriebsneuentwicklungen und -anpassungen an spezielle Fahrzeugtypen in deutlich kürzerer Zeit realisieren kann. Im Rahmen der zunehmenden Digitalisierung rücken Cyber-Security-Aspekte zusätzlich in den Fokus künftiger Entwicklungen, die bereits jetzt bei pepper im Produktdesign Berücksichtigung finden.“

Wagner schätzt, dass das Pepper-Antriebssystem für die großen OEMs „für bestimmte Szenarien mindestens eine Übergangslösung bis zum vollständigen Hochlauf ihrer eigenen Produktion von Elektrofahrzeugen bis Ende des Jahrzehnts“ sei. Gleichzeitig könne mit Bestandskunden und geeigneten Fahrzeugserien die Umrüstung ein neues Marktsegment für OEMs eröffnen und die Erreichung der Flottenziele mit entsprechenden CO2-Zertifikaten unterstützen.

Aber auch kleinere Kunden wollen die Bayern im Blick behalten: „Für kleinere OEM und Sonderfahrzeugbauer bietet pepper als bevorzugter Technologielieferant mit ihrem Tier-1-Elektrifizierungskit sicher dauerhaft die beste und kosteneffizienteste emissionsfreie Antriebslösung für ihre Fahrzeugpalette auf dem neuesten Stand der Technik“, ist Wagner überzeugt.

Zu den dieser Tage aufgekommenen Gerüchten um ein angeblich von Pepper geplantes Werk in Indien werden in der Mitteilung übrigens keinerlei Angaben gemacht. Ein Sprecher von Pepper Motion wollte die Berichte aus Indien auf Anfrage der electrive-Redaktion vorgestern weder bestätigen noch dementieren – und verwies auf noch laufende Verhandlungen. Bisher ist Pepper ausschließlich in EU-Staaten aktiv. Neben dem Hauptsitz in Denkendorf unterhält die Firma Büros in Garching bei München und Paderborn. Die Tochtergesellschaft pepper motion Austria GmbH mit Sitz in Wien ist das Software-Entwicklungszentrum der Gruppe. In Frankreich, Italien und Polen ist das Unternehmen durch Vertriebspartner vertreten.

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