Weltpremiere des EV3: Kia hat den EV9 geschrumpft

Kia hat mit dem EV3 ein neues Kompakt-SUV mit Elektroantrieb vorgestellt. Das 4,30 Meter lange Modell übernimmt innen wie außen viele Elemente des großen EV9 – auch die Plattform ist im Kern gleich. Der Marktstart in Deutschland soll noch in diesem Jahr erfolgen, wobei bereits weitere Versionen für 2026 angekündigt werden.

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Bild: Kia

Direkt auf den ersten Blick wird klar, dass sich bei dem nun präsentierten Serienmodell im Vergleich zur im Oktober 2023 gezeigten Studie Concept EV3 erstaunlich wenig getan hat – wie auch schon beim großen EV9 (und auch bei der Schwestermarke Hyundai mit der Studie Concept45 und dem Serienmodell Ioniq 5) war das Concept Car extrem nahe am finalen Produkt. Im Falle des EV9 wissen wir, dass die Studie erst nach dem Serien-Design entworfen wurde. Mit Blick auf den finalen EV3 lässt sich nur vermuten, dass es bei dem Kompakt-SUV ähnlich war.

Das Design mit den inzwischen Kia-typischen Tagfahrlichtern (auch der EV6 wurde mit dem aktuellen Facelift an die Designsprache angepasst) ist quasi bekannt, neu sind aber einige Zahlen und Fakten zu dem Kompaktmodell: Der EV3 ist glatte 4,30 Meter lang, 1,85 Meter breit und 1,56 Meter hoch. Mit 2,68 Metern bietet er den gleichen Radstand wie das mit 4,52 Metern spürbar größere Verbrenner-Modell Sportage – das soll im EV3 viel Platz innen bei kompakten Außenmaßen bieten. Konkret beziffert Kia die Kopffreiheit vorne mit 1.015 mm und hinten mit 955 mm. Die Beinfreiheit vorne beträgt 1.060 mm, hinten sind es 950 mm. Dennoch bietet der Laderaum zwischen 460 und 1.20 Liter Volumen. Und unter der Fronthaube befindet sich zusätzlich ein 25 Liter großer Frunk, etwa um das Ladekabel zu verstauen.

Mit Blick auf die Konkurrenz – Kia nimmt mit dem EV3 nach eigenen Angaben Modelle wie den VW ID.3, Cupra Born, Volvo EX30, Smart #1 oder Renault Mégane E-Tech Electric ins Visier – ist der Frunk schon eher selten. Neben dem Kia bietet nur der Volvo ein solches Staufach, obwohl alle genannten Modelle auf reinen Elektro-Plattformen basieren. Und im Gegensatz zu den MEB-Hecktrieblern bringt der Kia zusätzlich zum Frunk noch den Antrieb unter der Fronthaube unter.

Zum Marktstart im vierten Quartal 2024 wird der EV3 mit einem 150 kW starken Frontmotor angeboten. Dieses Antriebs-Layout ist bei Kia bereits vom EV5 bekannt, der aber noch nicht in Europa erhältlich ist. Die größeren Modelle EV6 und EV9 sind bekanntlich als Hecktriebler oder Allradler erhältlich.

Von dem 4,61 Meter langen EV5 stammen auch die Batterie-Optionen: Das Standard-Modell erhält einen 58,3 kWh großen Akku, beim EV3 Long Range ist ein Speicher mit 81,4 kWh Energiegehalt verbaut. Das soll für 410 bzw. 560 Kilometer Reichweite nach WLTP sorgen – hierbei handelt es sich noch um vorläufige Werte. Diese Daten hat Kia in einer Präsentation für Medien genannt. In der offiziellen Mitteilung ist aber von bis zu 600 Kilometern beim EV3 Long Range die Rede – die exakten WLTP-Werte wird es ohnehin erst später geben.

Da der Elektromotor in beiden Fällen 150 kW leistet, beschleunigt das Standard-Modell mit 7,4 Sekunden etwas schneller auf 100 km/h als die Long-Range-Version mit 7,7 Sekunden – der kleinere Akku ist schlichtweg leichter.

EV3 Standard RangeEV3 Long Range
AntriebFWDFWD
Leistung150 kW150 kW
Drehmoment283 Nm283 Nm
Beschleunigung7,4 s7,7 s
Höchstgeschwindigkeit170 km/h170 km/h
WLTPReichweite410 km*560 km*
Batteriekapazität58,3 kWh81,4 kWh
Ladeleistung DC102 kW128 kW
Ladezeit DC 10-80%31 min31 min

*vorläufige Werte

Die enge Technik-Verwandtschaft zum EV5 hat es bereits angedeutet: Auch der EV3 basiert auf der kostengünstigeren 400-Volt-Version der Plattform E-GMP, nicht auf der 800-Volt-Variante wie der EV6 und EV9. Die hohen Ladeleistungen jenseits der 200 kW gibt es im EV3 also nicht. Konkret gibt Kia für das Basismodell 102 kW in der Spitze an, mit dem 81,4-kWh-Akku sind bis zu 128 kW möglich – in beiden Fällen soll der Ladevorgang von zehn auf 80 Prozent „etwa 30 Minuten“ dauern. Später hat Kia auf 31 Minuten präzisiert. Für das AC-Laden ist ein 11-kW-Onboard-Charger verbaut, der auch die aus anderen Modellen bekannte „Vehicle-to-Load“-Funktion zum Betreiben externer Geräte mit Strom aus dem Antriebsakku unterstützt. Zusätzlich wird der EV3 für bidirektionales Laden „ausgerüstet“. Das heißt, die verbaute Technik unterstützt grundsätzlich auch Vehicle-to-Grid oder Vehicle-to-Home. Was davon ab wann genau auch in Deutschland angeboten wird, bleibt abzuwarten. Die Grundlage ist aber an Bord.

Für schnelles Laden unter allen Bedingungen gibt es auch eine Batterie-Vorkonditionierung, mit der die Batterie vor einem Ladevorgang in das ideale Temperaturfenster gebracht wird – entweder automatisch bei einem in der Routenplanung integrierten Ladestopp oder auch manuell. Jene Routenplanung will Kia aber auch verbessert haben. Das System soll eine bessere Reaktionszeit bieten, mit einem dynamisch wählbaren Ladestand die Ladevorgänge kalkulieren und auch den gewünschten Ladestand am Ziel einbeziehen – wenn man nicht mit leerem Akku ankommen will. Plug&Charge soll das Starten der Ladevorgänge mit der automatisierten Autorisierung und Abrechnung vereinfachen. In Summe rechnet Kia vor, dass mit der Kombination aus der hohen Reichweite des Long-Range-Modells, dem Verbrauch etc. die 580 Kilometer lange Fahrt von Frankfurt nach Paris nur einen Ladestopp erfordern soll – und man dabei 40 Minuten schneller als die genannten Wettbewerber sei. Gemessen hat Kia diese 40 Minuten aber nicht, sondern mit dem Tool „A Better Routeplanner“ simuliert.

Damit sich die Fahrgäste auf einer solchen Langstrecke im EV3 auch wohlfühlen, soll die geräumige und „hochfunktionale“ Kabine einen modernen Lounge-Charakter bieten. Kia verspricht, dass fünf Personen bequem Platz haben sollen – wie in der Klasse üblich dürfte es aber auf der Rückbank ab einer gewissen Körpergröße etwas enger werden, auch der EV3 kann laut den Bildern hier nicht die Klassen-Standars sprengen. Allerdings können im Zusammenspiel mit der Einstellung des Vordersitzes wenige Zentimeter den Unterschied machen, ob es auf der Rückbank bequem ist oder nicht. Ist die Rückbank nicht belegt, können bei Ladestopps die „Relaxation“-Sitze vorne für eine entspannte Pause sehr flach gestellt werden.

Das Bedienkonzept ist aus dem großen EV9 bekannt – tatsächlich sind die Displays im EV3 exakt gleich groß. Die Informationen für den Fahrer werden auf einem 12,3 Zoll großen Cockpit-Display angezeigt. Rechts daneben schließt sich ein 5,3 Zoll großer Bereich an, in dem sich einige Klima-Einstellungen tätigen lassen. Wiederum rechts davon befindet sich der zentrale Touchscreen mit 12,3 Zoll für das Infotainment. Dieser Screen soll auch für den Beifahrer gut erreichbar sein, damit auch dieser Zugriff auf Entertainment- und Navigationsfunktionen hat. Über den Touchscreen sollen auch Video-Inhalte von Plattformen wie YouTube oder Netflix gestreamt werden können, auch kleine In-Car-Games für die Ladepause werden angekündigt.

Diese Aufteilung der drei Displays in Kombination mit den integrierten Schnellwahl-Tasten unter dem Zentralbildschirm und auch den Lenkradtasten sollen es dem Fahrer erleichtern, sich auf die Straße zu konzentrieren – mit dem Head-up-Display und der laut Kia verbesserten Sprachsteuerung werden (theoretisch) auch das Cockpit-Display und die Tasten kaum benötigt.

In der Mitteilung zum EV3 hebt Kia zudem die neue Mittelkonsole hervor. Sie verfügt über ein Ablagefach und einen kleinen Tisch, der sich verschieben und damit flexibel den Bedürfnissen der Insassen anpassen lässt. In dem unteren Ablagebereich können Getränke, Snacks oder sogar ein große Handtasche verstaut werden. Auf dem Tisch lassen sich in Fahrpausen elektronische Geräte wie Laptops oder Tablets abstellen.

Und während der Einsatz von Recycling-Materialien – insgesamt sind es 28,5 Kilogramm – im Innenraum bei Hyundai und Kia schon fast zum Standard gehört, werden beim EV3 auch außen Bauteile mit recycelten Materialien verbaut. Teile der vorderen Stoßstange werden aus Recycling-Plastik hergestellt, das aus der Autoindustrie stammt. Der Radkasten besteht aus recyceltem Industrie-PET und auch bei den Seitenschwellern kommen bereits verwendete Kunststoffe zum Einsatz.

Allrad- und GT-Modell kommen 2026

Die Recycling-Materialien können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Aerodynamik des EV3 nicht optimal ist – wenn bei den kompakten Abmessungen ein großer Innenraum erreicht werden soll, sind eine steile Front und ein recht steiles Heck nötig. Zwar verjüngt sich das Heck nach hinten etwas und Kia nutzt aktive Luftklappen und eine 3D-Unterbodenabdeckung, die 80 Prozent der Fläche einnimmt und den Luftfluss unter dem Fahrzeug glätten soll. Dennoch liegt der cW-Wert mit 0,267 nicht gerade in einem rekordverdächtigen Bereich.

Zu welchen Preisen die beiden Varianten des EV3 erhältlich sein werden, ist noch nicht bekannt – das will Kia zu einem späteren Zeitpunkt kommunizieren. Bereits bestätigt wird aber, dass 2026 eine Allrad- und GT-Version folgen sollen. Auch hier könnte ein Blick zum EV5 erste Hinweise geben: Dessen Allrad-Version verfügt zusätzlich über einen 70 kW starken Elektromotor an der Hinterachse.

kia.com

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10 Kommentare

zu „Weltpremiere des EV3: Kia hat den EV9 geschrumpft“
Gregor
23.05.2024 um 12:10
Der Satz zu Beginn ist aber ein interessanter Bogen "übernimmt innen wie außen viele Elemente des großen EV9 – auch die Plattform ist im Kern gleich"Der Kern der eGMP (warum Leute den heutzutage feiern) ist die 800V Technik. Und damit der schnelle Ladehub. Das dieses Auto nur 400V hat und für 2026 ein ziemlich miesen Ladepeak von 126kW hat... da finde ich die Artikeleinführung ziemlich lustig... :)
Daniel
23.05.2024 um 13:29
Was für eine selten dämliche Positionierung für den Ladeanschluss!
Ralf
23.05.2024 um 15:57
Das sehe ich genauso. Der Ladeport rechts in Höhe der A-Säule ist auch für mich ein echter Deal-Breaker. Mit jeder anderen Position kann ich leben. Warum? In meiner schmalen Einzelgarage mut Wallbox muss ich rechtsbündig parken, weil ich schließlich noch links aussteigen muss.
Andreas
23.05.2024 um 14:24
Je nachdem, welche Anforderungen man hat. Ich finde rechts vorne nicht schlecht, denn öffentliche Ladesäulen in Städten sind entweder rechts am Fahrbahnrand, oder werden frontal angefahren. Auch bei Tesla Superchargern ist das gut zu nutzen. Teslas haben den Ladeanschluss zwar links hinten, aber wenn man vorwärts in die Lücke fährt passt es wieder.
C. Brinker
24.05.2024 um 07:18
Das gleiche kam mir auch in den Sinn
Franz
23.05.2024 um 20:51
Immer noch 10 cm zu breit, mindestens. Die Länge wär ja ok, auch wenn 10-20cm mehr gut wären.
Michel Heinzelmann
23.05.2024 um 21:04
Eine Weiterentwicklung von e Niro und Niro EV in Mini Schritten. Ich kann keine besondere technische Innovation erkennen. Die Ladezeiten sind allenfalls Durchschnitt und selbst VW hat von Anfang an erkannt, dass beim E Mobil die Zukunft im Heckantrieb liegt
erFahrer
24.05.2024 um 08:07
Vielen Dank für den ausführlichen Bericht. Nicht nur bei den Außen-Fotos auch bei so manchen Eckdaten erinnert es doch arg an den aktuellen KONA, der zu den Besten gehört.
Manfred Stummer
24.05.2024 um 10:35
...der zu den Besten gehört. Wäre da nicht die miese Ladeleistung. Zumindest die Ladeleistung des Ur-Ionic mit 28er Akku hätte man erwarten dürfen.
Koza Christian
25.05.2024 um 11:23
Für mich die Kia-Variante des neuen Kona, allerdings * Ladestecker rechts ein no-go für jene die eine enge Garage haben und * keine 3-teilig umlegbare Rückbank. * Leider kein durchgehender Boden in der vorderen Reihe wie bei manchen Hyundai EVs. Der 80+ kWh Akku fasziniert natürlich.

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